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Metropoltheater: Tolle Lebenszeichen mit „Dinge, die ich sicher weiß“ und „Two of us“ 

Es geht zur Sache... Dinge, die ich sicher weiß
Es geht zur Sache... Dinge, die ich sicher weiß © Metropoltheater

Corona hat die Lichter ausgemacht – jetzt ist das Metropoltheater wieder da: mit musikalischen „Verneigungen“, u.a. vor den Beatles, und einem Familiendrama

Dinge, die ich sicher weiß

So schön haben sich die Prices ihr Familienglück in der australischen Provinz gebaut, Vater, Mutter, vier Kinder. Alles gut. So gut, dass das Nesthäkchen nach einem ersten Flugversuch unbedingt wieder zurück ins Heim will. Doch das ist so heimelig nicht mehr.

Andrew Bovell, Jahrgang 1962, Theater- und Fernsehautor, kennt sich aus mit Menschen und Emotionen, und das tut Jochen Schölch, der Metropol-Chef auch. Und die beiden liegen wieder mal richtig: das Publikum jubelt und trampelt. Der Anlass: die tief berührende Demonstration, wie eine Familie sich auflöst, weil Vorstellungen sich ändern, weil man Lügen lebt, weil man schmerzlich erkennt: die normale Familie, die es sein sollte, war und ist es doch nicht. Die Frau, Mutter und Krankenschwester, ist ganz schön genervt, bis ins Zynische (Lilly Forgách), der Vater: Schön-Wetter-Papa und Blumenfreund (Robert Giggenbach), dazu die Kinder, die suchen und ausbrechen: aus ihrer eigenen Familie, ihrer Geschlechtsidentität oder in die Kriminalität (Kathrin von Steinburg, Sebastian Griegel, Sebastian Degenhardt, Isabel Kott).

Die leeren Zuschauerreihen sind die Bühne: hier sitzen sie alle, die Lichtregie findet sie, wenn sie alleine erzählen oder in den Disput gehen. Sehr minimalistisch, sehr konzentriert. Die große Action: gibt es nicht. Das kann schnell langweilen – aber das tut es in den knapp zwei Stunden nie. Gespannt, ja atemberaubend hängt man an jeder kleinsten Geste, an jedem Blick dieses absolut großartigen Ensembles. Und bei aller Tragik der Wendungen: man lacht viel. Family business bedeutet halt immer auch: maximaler Wiedererkennungseffekt.

Two of us

Aus der Corona-Pause herausgetastet hat sich das Metropoltheater zuvor mit einem kleineren Musik-Format: „Verneigungen“ vor der großen Musikwelt, und neben einigen anderen (Tom Waits, Elvis Presley) auch vor dem Songschreiber-Duo schlechthin: Lennon und McCartney.

Was sind über die Jahre nicht alle möglichen, hyperauthentisch kostümierten Beatles-Kopien unterwegs gewesen – sie können alle nicht so gut gewesen sein, wie die beiden, die im Metropol performen. John Lennons Nickelbrille, einmal die Sgt.-Pepper-Uniformen, zwei akustische Gitarren. Und die Musik. Das reicht. Denn hier stehen James und Phil Newton auf der Bühne, Vater und Sohn. Und Phil, der Liverpooler mit dem weißen Haarschwanz, bringt den authentischen Mehrwert rein: er ist in den Sixites mit dem Phänomen Beatles aufgewachsen. Die Geschichten und Hintergründe machen den Abend überraschend lehrreich, die Musik… was soll man sagen: gefühlt spielen sie irgendwie alles! Komplette Songs, witzige Medleys oder manchmal nur einen Riff: es macht immer noch Staunen, was die zwei Genies Lennon und McCartney in nicht mal einer Dekade kreiert haben. Berührender Höhepunkt, ein Nicht-Beatles-Song: „Imagine“ – und man merkt immer noch die Stockwut in sich auf den Arsch, der Lennon erschossen hat. OK, die Überzahl im Publikum ist älteres Semester… aber jüngere Ohren mögen sich davon bitte nicht schocken lassen: dieser Abend ist Pflicht. Um sich von dieser alten Mucke überzeugen zu lassen, wie unverschämt modern sie ist.

Autor: Peter Eidenberger