Kabarett und Comedy im Juni: Unermüdlich unsinnig

Mit diesen Bühnen-Gurus wappnet man sich für den Alltagskampf.

Max Uthoff

Wer wohl nur die Verantwortung für den ganzen Mist trägt? Eigentlich müsste es der Mann aus der ZDF-„Anstalt“ ja wissen. Doch die einfachen, allzu platten Antworten sind seine Sache nicht. Max Uthoff jagt im neuen Solo-Programm „Alles im Wunderland“ unerschrocken dem Wahnsinn hinterher, stellt ihm hinterhältige Fallen, bietet ihm absurd Paroli und spielt linksextreme Lösungsversuche durch. Man darf gespannt sein wie ein Flitzebogen. (Lustspielhaus, 2. und 29./30.6.)

Berni Wagner

Er klammert sich mit Zähnen und Klauen an seinen Humor. Nur so tröstet er sich selbst. Neuerdings weiß Berni Wagner nämlich: In ihm steckt ein Monster. Und die Zottelfrisur macht das nur noch deutlicher. Er macht sich auf die Suche nach dem Ungeheuer in uns allen. (Lustspielhaus, 3.6.)

Götz Fritzrang

Wohltuend wahnsinnig: Das ist auch ein Etikett, das man dem Mann mit dem „Götzendienst“ gern umhängt. Allerdings gibt sich Götz Fritzrang im gleichnamigen neuen Solo philosophisch, fast ein wenig zu nachdenklich. Er sinniert über die letzten Dinge nach. Wie wir unseren Dienst erfüllen, unserer Pflicht nachkommen, die Erwartungen erfüllen. Und plötzlich ist man tot. Aus, die Maus. Klingt schlicht, wirkt aber lange nach. Nicht ohne Grund wurde der große Geschichtenerzähler, der im Stand-up-Programm gerne mal vom Hundertsten zum Hunderttausendsten kommt mit dem Deutschen Kabarettpreis ausgezeichnet. (Vereinsheim, 3.6.)

Alfred Dorfer

Einfach mal mitturnen, auch wenn es dem unbedarften Zuhörer bei Alfred Dorfers Gedankenkaskaden schnell schwindlig werden dürfte. Das liegt daran, dass sein „Gleich“-Stück aber auch tatsächlich ziemlich raffiniert konstruiert ist. Die Zeitebenen überlagern sich. Kaum einer Bühnen-Gewissheit kann man trauen. Der Wiener, einst fast weltberühmt geworden an der Seite von Josef Hader im „Indien“-Stück und -Film, schlüpft von einer Rolle in die nächste: Er spielt Großmütter, Wirte, Bären und Sonnenblumen. Mutig der, wer da noch wagt, den Überblick zu wahren. Ach ja: Preise wirft man Dorfer seit Jahren auch schon hinterher – den Deutschen Kleinkunstpreis sowie den Deutschen und den Bayerischen Kabarettpreis zum Beispiel. Einschüchtern lässt er sich davon zum Glück nicht.(Lustspielhaus, 4./5. und 6.6.)

Björn Puscha

Ein Mann von erlesener Bildung. Wer kann denn noch frei von der Leber weg auf Latein parlieren? Björn Puscha macht’s möglich. Er stellt sich im neuen Programm „rom.antik“ die berechtigte Frage, ob Rom nur antik ist oder ob es Romantik auch im bayerischen Wirtshaus gibt. Außerdem begleitet er eine Frau von der Präposition zur Emanzipation – und das Publikum im Schweinsgalopp durch die Deklinationen. „Keine Lateinvorkenntnisse erforderlich“, heißt es vom Veranstalter. „Aber bringen sie das beste Bayerisch mit, das Sie haben!“ Wird gemacht. (Vereinsheim, 9.6.)

Atze Schröder

Es sind Töne, die man vom Mann mit der Pudelperücke und der Pornobrille gar nicht mal erwartet hätte: Auch Atze gibt sich grüblerisch. Gutes Klima, dauerhafter Frieden, Eierkuchen für alle – nur wie? Der gibt sich im neuen Solo als „Der Erköser“. Und dann muss er eben auch liefern. (Circus Krone, 11.6.)

Paul Klambauer

Gar nicht so leicht, das Leben in der Großstadt, wie man im „City Cobra“-Programm des Kreativkopfs lernt, der als Autor unter anderem für Stefan Leonhardsberger und Michael Bauer schreibt. Klambauer geht berechtigt zeitgeistigen Fragen nach – etwa der, wie man Panikattacken auf sexpositiven Partys übersteht. Paul fürchtet den Mann seiner Therapeutin. Doch warum nur? Dieser Abend blickt tief. Nicht nur ins Glas. (Schlachthof, 11.6.)

Wolfgang Krebs

In ihm wüten immer noch die unausgegorenen Gedanken von Edmund S., dem stammelnden Ministerpräsidenten. Der darf getreu dem Motto „Bavaria First“ endlich mal seinen geheimen Träumen nachgehen. Der Freistaat macht sich komplett frei. Weil hier eh alles besser ist, sagt der Edmund. Doch wie kommt das allein zurückgebliebene Restdeutschland ohne die Bayern aus? Und wie steht es um das Verhältnis zu den Nachbarstaaten Österreich und Baden-Württemberg. Ist es Traum? Ist es ein Albtraum? Wolfgang Krebs ist nie allein auf der Bühne. Die vielen Soibers, Seehofers und Söders sind immer um ihn herum. Auch das kann Fluch oder Segen sein. Wir man sehen. (Schlachthof, 11.6.)

Malarina

Das hat man also vom Bühnenerfolg. Malarina ist leidlich berühmt. Und sofort melden sich Finanzamt und Sozialversicherung und fordern absurde Geldbeträge von ihr. Also muss eine Lösung her: Zunächst einfach mal weiterspielen. Im neuen Programm „Trophäenraub“ erläutert sie ihre Überlebenstaktiken. Unter anderem hat sie für sie die Pose einer bürgerlichen Pseudo-Feministin bewährt. Für Malarina heißt das: Sie zieht alle Vorteile aus dem Patriarchat, anstatt es gleich zerschlagen zu wollen. Das kann man später ja immer noch machen. Zunächst mal flirtet sie sich durch die Weltgeschichte.
(Lustspielhaus, 12.6.)

Seppi Neubauer

Kein Wunder, dass auch dieser Bühnen-Senkrechtstarter aus Östereich kommt. In seinem mittlerweile zweiten Solo erinnert der Steier an seine ländliche Herkunft, die ersten Berührungen mit der großen Stadt und den verhängnisvollen Sogwirkung, die allerlei Medizinprodukte sowie Apparaturen der Hightech-Medizin auf ihn ausüben. Sonderbar, aber war: Seppi Neubauer setzt die natürlich nicht zur Heilung oder zumindest zur Linderung etwaiger Beschwerden ein. Er missbraucht Medizin-Utensilien – um auf ihnen Musik zu machen. Warum auch nicht? (Schlachthof, 12.6.)

Volksshow

Es wird wieder heiß. Bitte meiden Sie das Freie, meint zumindest Moritz Hürtgen. Und ganz uneigennützig ist die geheuchelte Sorge um Mitmenschen natürlich nicht gedacht. Er möchte, dass man in Scharen herbeiströmt, um seine neuen Gäste Anna Dushine, Redaktionsleiterin beim ZDF-„Browser Ballet“, sowie Punk-Schlagzeuger Kurt Prösel bewundert. (Volkstheater, 12.6.)

Ingrid Kühne

„Von Liebe allein wird auch keiner satt“, sagt sie, „und Ingrid schon mal gar nicht.“ Ihr knurrt der Magen. Höchste Zeit, sich mal wieder Männer vorzuknöpfen! (Schlachthof, 13.6.)

GTD Comedy Slam

Beim von Andy Sauerwein, Moderator und selbsternannter „Gag-Lord“, zusammengetrommelten Wettkampfabend kann man nichts falsch machen. Er lädt die vielversprechendsten Newcomer und abgebrühtesten Comedy-Profis ein, um sich dem direkten Applausometer-Vergleich zu stellen. Die Regeln sind einfach: maximal zehn Minuten Bühnenzeit, nur eigene Jokes, kein Ablesen und maximal lustig sein! Alle Monatsgewinner sieht man dann noch einmal – beim großen Jahresfinale am 22. Dezember. (Schlachthof, 13.6.)

Sara Brandhuber

Wenn man ihr das Ohr leiht, spürt man schnell, wie viel man im eigenen faden Leben offenbar verpasst. Im urigen Dialekt erzählt Brandhuber, wie sie sich ab und an zum Frust-Shoppen in den Baumarkt flüchtet oder wie gut sie beim Giftnotruf beraten wird, wenn sie sich im Darknet mal wieder versehentlich die falschen Schwammerl bestellt hat. Außerdem beeindruckt die zupackende Art, die sie auszeichnet. Lange genug hat Sara Brandhuber eine Gitarre mit auf die Bühne geschleppt. Jetzt muss es also auch noch ein 20-Kilo-schweres Umhänge-Piano sein. Und Klavierspielen musste sie dafür auch extra noch lernen. „A scheena Schmaarn“ heißt ihr neues Programm ganz offensichtlich nicht ohne Grund. (Schlachthof, 12.6.)

Maxi Schafroth

Wenn er auf dem Nockherberg die Mächtigen und Großen zusammenfotzt, dann hört ihm die weite Welt zu – und der Blick geht bis über den Horizont hinaus. Trotzdem hat sich der gar nicht mehr so kleine Maxi aus dem Allgäu noch immer den stauenden Blick auf die Großstadt, auf die ganz spezielle Münchner Melange, bewahrt. So trifft man bei ihm auf Zahnarztkinder im Geländewagen, auf Bildungsbürger in senfgelben Cordhosen, auf Hipster mit Holz-Look-Brillen. Und es geht von der Baywa in Ottobeuern auf direktem Weg zu Vintage-Gummistiefel-Regal bei Manufactum. Hach, dieses Landleben! (Lustspielhaus, 19.6.)

Mathias Tretter

Er kennt sich aus in der Gedankengeschichte. Auch der Geschichte der unsäglichen Gedanken. So stolpert Mathias Tretter immer wieder über die Aussage „Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet“ von Carl Schmitt, dem Staatsrechtler mit NSDAP-Parteibuch. An jeder Ecke ist Ausnahmezustand. Doch wer ist der Souverän? Die einen sagen, so, meint Tretter, die anderen sagen: das Volk. Die Wahrheit liegt wie immer ganz wo anders. Er will die Leute aufklären und zum Lachen, Ausflippen, Schnappatmen bringen. Ganz souverän. (Schlachthof, 20.6.)

Thomas Maurer

Kennt man doch: Wie schnell man erschrickt, wenn das Smartphone mal wieder die Wochen-Bildschirmzeit anzeigt. Thomas Maurer hat einen Verdacht, der noch viel weiter reicht: Er fürchtet, dass die von Künstlicher Intelligenz verhexte Welt eigentlich nur ein Großprojekt zur Künstlichen Idiotie ist. Und so erklärt sich auch, warum so mancher Spitzepolitiker wie von ChatGPT gesteuert klingt. Seltsam? Aber ja. (Lustspielhaus, 24.6.)

Werner Koczwara

Und dann flimmert zum Glück noch einmal der Klassiker „Einer flog übers Ordnungsamt“ über die Bühne. Werner Koczwara, der nüchtern denkende Jurist und Verwaltungsfachmann unter den Komikern, geht den grundsätzlichen Fragen der Welt mit der nötigen Akribie an. Wer seine Großmutter mit dem Gewehr aus 500 Metern Entfernung erschießt, ist bei ihm dann natürlich ein guter Schütze. Aber kein guter Enkel. Sie ist eben nicht so leicht zu klären, die alte Frage von „Gut“ und „Böse“, von Recht und Unrecht. Ohren spitzen! (Schlachthof, 27.6.)

…efa Improtheaer

Ein Gag nach dem anderen. Einfach so rausgehaut. Seit 25 Jahren stellt sich das Impro-Ensemble schon den Zurufen aus dem Publikum und verwandelt sie in pures Humor-Gold. Die Synapsen knistern und singen. Immer wieder toll. (Fraunhofer, 29.6.)