Residenztheater

Warten auf Godot

Donnerstag, 10.07.2025
19:30 Uhr

Residenztheater, Max-Joseph-Platz 1, 80539 München
Theater

Warten auf Godot

Von Samuel Beckett. R: Claudia Bauer. Mit Max Rothbart, Florian von Manteuffel, Lukas Rüppel u.a.


An einer Landstraße an einem unbestimmten Ort zu unbestimmter Zeit warten Wladimir und Estragon auf Godot. Weder wissen sie, wer er ist, noch was sie von ihm wollen. Unklar ist auch, wann beziehungsweise ob er kommen wird. Die Zeit des Wartens verbringen sie mit Konversationen gegen die Stille, mit Spielen, die alltäglichen Verrichtungen ähneln, sowie mit Sinn simulierendem Streit samt Versöhnung. Unterbrochen wird ihre Monotonie von Pozzo, einem die Peitsche schwingenden Herrn, und dessen Knecht Lucky, der auf Befehl Tanz und Denknummern zum Besten gibt und sich dabei in wirre Monologe manövriert, die dem Untergang der Ratio huldigen.



Wenige Bühnenwerke verlangen so sehr nach Deutung wie «Warten auf Godot», haben eine derart ausufernde Menge an Interpretationen provoziert. Samuel Beckett selbst meinte: «Ich weiß nicht, wer Godot ist. Ich weiß auch nicht, ob er existiert. Und ich weiß nicht, ob die zwei, die ihn erwarten, an ihn glauben oder nicht.» Als der Literaturnobelpreisträger diesen modernen Klassiker und Inbegriff des absurden Theaters 1948 schrieb, waren die Gräuel des Zweiten Weltkriegs noch allgegenwärtig und die Aufarbeitung des Holocaust gesellschaftliches Tabu. Auch die Vergangenheit Wladimirs und Estragons bleibt völlig offen: Waren sie wie ihr Autor in der Résistance? Sind sie Überlebende einer (atomaren) Katastrophe, denen nichts fernerliegt, als ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen? Oder repräsentieren die beiden, wie Estragon sagt, «die Menschheit, ob es uns passt oder nicht» – eine Menschheit, die unter Gedächtnisschwund leidet, um sich ihrer (Mit-)Schuld nicht gewahr werden zu müssen? Oder ziehen sie bloß die Ödnis des Wartens der Notwendigkeit zu handeln vor? Vielleicht verhält es sich aber so, wie Joachim Kaiser, einer der einflussreichsten Theaterkritiker seiner Zeit, formuliert und «jeder träumt sich seinen eigenen Traum über Becketts Albtraumpartikel zurecht».


Regie führt Claudia Bauer, die für ihre musikalischen, slapstickaffinen Inszenierungen vielfach ausgezeichnet wurde und ab dieser Spielzeit Hausregisseurin am Residenztheater ist.


Inszenierung Claudia Bauer

Bühne Andreas Auerbach

Kostüme Vanessa Rust

Komposition und musikalische Leitung Michael Gumpinger

Licht Gerrit Jurda

Video Jonas Alsleben

Dramaturgie Constanze Kargl


Die Besprechung unseres Theaterexperten Peter Eidenberger:


Wer den Theaterklassiker des 20. Jahrhunderts schlechthin machen will, „Warten auf Godot“, weiß, worauf er sich einlässt: keine Textänderungen, die Rollen dürfen nur Männer spielen, und der Baum im Stück muss szenisch auch immer präsent sein. Samuel Beckett (1906 – 1989) wacht sozusagen immer noch über sein 1953 uraufgeführtes Werk – und Claudia Bauer greift das für ihre Inszenierung ironisch auf: als KI-Video-Riesenkopf, eine dicke, rote Lippe riskierend, erteilt Beckett himself sehr bestimmt Regieanweisungen und blickt streng auf das schräge neonbeleuchtete Spiel-Viereck vor ihm.


Der Abend beginnt mit Dosenbier per Live-Kamera aus der Schauspielergarderobe, er wird auch dort enden. Dieser „Godot“ am Residenztheater, mit dem rätselhaften Warten auf einen, der nie kommt, den es womöglich gar nicht gibt, ist bewusst als Spiel gesetzt, ein Spiel im Theater. Ohne die Suche nach schlüssiger, gar heutiger Interpretation, eher eine Nummernrevue der Vergeblichkeiten, musikalisch unterstützt von einer Dreier-Combo (Piano, Cello, Schlagzeug). Eine Sinnsuche mit Slapstick und Spielwitz: Florian von Manteuffel und Max Rothbart als Wladimir und Estragon sind ideal besetzt, zwei Clowns, die Anzüge zu groß bzw. zu klein, Melone auf dem Kopf, tänzelnde Gaudiburschen, die sich streiten und versöhnen.


Mit Pozzo und Lucky bricht in die Leere ein bisschen, wenn man so will, Zeitbezug ein: Michael Goldberg als Pozzo, Basecap zu Krawatte und Mantel, ist ein Mini-Trump. Der Knecht zu diesem Herrenmenschen explodiert förmlich – ist die Leine, an der er hängt, mal locker – in einer zotigen Suada: Lukas Rüppel. Zweidreiviertel Stunden (mit Pause), ein paar Längen und für manchen wohl etwas zu viel Klamauk: im großen Beifall ein paar deutliche Buhs für die Regie.

Termine & Tickets

Donnerstag, 10.07.2025 19:30 Uhr
Donnerstag, 17.07.2025 19:30 Uhr

Veranstaltungsort / Karte

Residenztheater
Adresse: Max-Joseph-Platz 1, 80539 München

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