18:00 Uhr – 20:00 Uhr
Münchner Volkstheater / Münchner Volkstheater – Bühne 1, Tumblingerstraße 29, 80337
München
Theater
Glaube Liebe Roboter
von Bonn Park frei nach Ödön von Horváth
Uraufführung
Elisabeth steht vor dem anatomischen Institut und will ihre zukünftige Leiche verkaufen. Die so gewonnenen 150 Mark benötigt sie, um einen Wandergewerbeschein zu erstehen und arbeiten zu können. Mit dieser Szene beginnt Ödön von Horváths Volksstück. Es zeichnet ein rigides System nach, das Elisabeths Pläne scheitern lässt und dem sie nur durch ihren Suizid entkommen kann. Bonn Parks Fortschreibung „Glaube Liebe Roboter“ setzt nach ihrem Freitod ein und lässt sie in einer unbestimmten Zukunft im anatomischen Institut als Roboter wieder auferstehen. Die konzentrierte Arbeitsatmosphäre im Labor, in dem der Präparator und sein Assistent an neuen Wegen für das Überleben der Menschheit forschen, wird nur durch das gelegentliche Eintreten einiger anderer Figuren aus Horváths Stück gestört. In diesen Momenten eröffnet sich ein Blick aus dem friedlichen Institut hinaus auf eine postapokalyptische Außenwelt.
Der Autor und Regisseur Bonn Park untersucht in seiner Stückentwicklung unser derzeitiges Verhältnis zur Zukunft. Täglich erreichen uns bedrohliche Nachrichten von Kriegen, KI und Klimawandel, die ein verzweifeltes Ohnmachtsgefühl erzeugen. Im Gegensatz zu Elisabeth, die angetrieben durch die Hoffnung auf ein anderes Leben bereit ist, ihre Gegenwart zu verändern, lähmen uns unsere gegenwärtigen Visionen der Katastrophe. Wie können wir uns eine Zukunft vorstellen, die weder einem naiven Fortschrittsglauben anheimfällt, noch in einer unausweichlichen Dystopie endet?
Produktion:
Regie: Bonn Park
Bühne: Daniela Zorrozua
Kostüme: Laura Kirst
Musik: Ben Roessler
Lichtdesign: David Jäkel
Dramaturgie: Nicholas Zöckler
Regieassistenz: Rebecca Fischer
Bühnenbildassistenz: Ellen Schäfer
Kostümassistenz: Frank Salewski
Musikassistenz: Sophia Niehl
Besetzung
Lorenz Hochhuth
Dagobert Jäger
Steffen Link
Henriette Nagel
Max Poerting
Liv Stapelfeldt
Genet Zegay
Die Besprechung unseres Theaterexperten Peter Eidenberger:
Am Volkstheater hat man sich auch Horváth vorgenommen – und weitergesponnen, aus „Glaube Liebe Hoffnung“ wird „Glaube Liebe Roboter“. Im Original will die junge Elisabeth aus Geldgründen ihren Körper vorab der Anatomie vermachen, die Bürokratie aber treibt sie früh in den Tod. Autor und Regisseur Bonn Park schnappt sich nun die tote junge Frau und macht sie zum menschelnden Roboter: Elisabot (Henriette Nagel).
Der Arbeitsplatz vom Oberpräparator (Steffen Link) ist ein Sci-Fi-Labor, man denkt an die „Raumschiff Enterprise“-Serie der 1960er Jahre, Pulte blinken, ein Fax spuckt Nachrichten auf Endlos-Papier aus der Wand. Dazu ein Regal mit Herzen, Vitrinen mit Robotern, einer davon, der Vizepräparator, singt uns erst mal eins: ein Hippie im Silbermantel, Dagobert Jäger, seine (eigenen) Roboter-Pop-Songs geben dem Abend einen Touch Musical. Gegenüber der ruppigen Außenwelt – geht das Eingangstor hoch, dann stürmt’s; ein wandelndes Radio berichtet von draußen: Liv Stapelfeldt – ist dieser blau marmorierte Raum ein Refugium. Bisschen Fantasy, bisschen Alptraum, die Kostüme futuristisch, immer wieder mal schauen andere Figuren aus dem Horváth-Urtext vorbei (Schupo, Amtsgerichtsrat, Postbote). Und allen geht’s ähnlich: die Weltlage setzt ihnen zu, man kämpft mit Strukturen, auch Gefühlen, aber Bonn Park ist ein zu herrlich unkonventioneller Theaterbastler, als dass er es bei dieser dystopischen Stimmung beließe. „Es ist verzwickt“, singen sie am Schluss. Ja, OK. Aber: sooo schlimm wird’s nicht werden. Jubel.
Termine & Tickets
Veranstaltungsort / Karte
Münchner Volkstheater / Münchner Volkstheater – Bühne 1
Adresse: Tumblingerstraße 29,
80337 München
