Durchatmen auf der Bühne: Es wird noch mal heiß, kurz bevor es dunkel und sehr kalt wird.
Der Gott des Gemetzels
Eigentlich hätte man gehofft, dass sie es besser machen: Doch wie gehen Eltern vor, deren Kinder sich in die Haare bekommen haben? Na klar, man tastet sich rhetorisch kurz ab – und dann schlägt man sich gegenseitig die Köpfe ein. Yasmina Reza ist eine Meisterin darin, die Dinge furchterregend folgerichtig zum Eskalieren zu bringen.
Chronik der laufenden Entgleisungen
Es fing an mit einem Auftrag, der sich immer stärker in einen Albtraum verwandelte: Thomas Köck wollte eigentlich über die österreichischen Nationalratswahlen im vergangenen Jahr schreiben. Was er nicht ahnte, war der Siegeszug der FPÖ, die das politische Establishment
Das Trio lebt am Existenzminimum in Was er nicht ahnte, war der Siegeszug
Santiago de Chile. Plötzlich muss es sich der FPÖ, die das politische Establishment
überrollte. Und dann auch noch die AfD. Jessas! Die Ereignisse überschlagen sich.
Wo ist der alte knorrige Arbeiterstolz hin?
This Plot ist not for Sale
Ringen um Deutungshoheit: ein serbischer Fotograf, eine ehrgeizige Kenianerin und eine deutsche Erbin mit postkolonialem Schuldkomplex wollen alle zu Wort kommen. Eine Wahrheit gibt es nicht.
Der Nussknacker
Nach fast sechs Jahren kehrt der Ballettklassiker wieder auf dem Spielplan zurück: John Neumeier erzählt das berühmte, stimmungsvoll-poetische Märchen von „Nussknacker und Mäusekönig“ von E.T.A. Hoffmann etwas anders – als eine Art Coming-of-Age-Erweckung. Marie ist zwar noch ein Kind, aber das Erwachsenwerden kündigt sich immer stärker an. Und die Neugierde, was im Leben möglich ist.
Grey
Die Zeiten werden rauer. Der Umgang unter- einander immer schmirgeliger. Bleibt denn wirklich nur noch der Rückzug in die Vereinze- lung. Nicht nur Sophie Haydee Colindres Zühl- ke und Serhart „Said“ Perhat wollen das nicht so recht akzeptieren. Sie untersuchen ein Sze- nario, in dem sich eben doch die Möglichkeit neuer Räume eröffnet – an den Rissen einer untergehenden alten Welt. Dazu und über- haupt immerzu wird getanzt.
Kaffeekantate
So kannte man ihn bislang kaum, den alten Johann Sebastian Bach. Im wohl berühmtesten Stück der sächsischen Kaffeehausmusik des 18. Jahrhunderts zeigt er sich von seiner humorvollen Seite – etwa dann, wenn auf der Bühne eine Tochter in Gegenwart des verführerisch süßen Trunks um den Finger wickeln möchte. Es droht ein Putsch der vom Kaffee Aufgeputschten.
Spitzenreiterinnen
Nahkampf, elegant geschminkt: Autorin Jovana Reisinger lässt in ihrem Roman, den Regisseurin Yana Eva Thönnes auf die Bühne holte, neun Münchner Frauen zum tragisch-komischen Wetteifern antreten. Mit dabei in einer Paraderolle: Brigitte Hobmeier!
Glaube Liebe Roboter
Elisabeth hatte einst ihre Leiche an ein anatomisches Labor verkauft. Ein Suizid war für sie der angeblich einzige Ausweg. Doch nun dreht Bonn Park die Schraube gnadenlos weiter. Es geht direkt hinein in die Forschungsanstalt, in der Elisabeths Körper als Mensch-Roboter weiterlebt. Es geht um den Traum von der Unsterblichkeit und die Blindheit, die uns Künstliche Intelligenz immer öfter in unsere Vorstellungswelten diktiert. Wohin jagt der Fortschrittsglaube? Gibt es auf der Autobahn in Richtung unausweichlicher Dystopie vielleicht doch noch eine rettende Ausfahrt? Die Stückumschreibung arbeitet mit Motiven von Ödön von Horvath – und seinen Figuren, die einfach mal durch die Jetztzeit spazieren. Der gefeierte Spielzeitauftakt mit den tollen Darstellern und den starken Bildern hat bei Publikum und Kritikern starken Eindruck hinterlassen. Nicht verpassen!
Die englische Katze
Bei der Staatsoper geht’s mit der Premiere der Hans-Werner-Henze-Oper los. Der Künstler aus Gütersloh, der zu den bedeutendsten deutschen Komponisten des 20. Jahrhunderts zählt, ließ sich dafür von Zeichnungen des Briten Grandville inspirieren, der eine Erzählung von Honoré de Balzac aus den 1840er-Jahren illustriert hatte. Das Libretto stammt vom englischen Schriftsteller Edward Bond. Es geht in dem satirischen Stück um eine Entlarvung der Heuchelei in der Gesellschaft – natürlich nicht nur unter Katzen, sondern unter missgünstigen Mitmenschen.
Aschenbrödel
Es ist der Abend, an dem man seine Ausgehschuhe besonders festschnüren sollte. Oder lieber doch nicht? Vielleicht erregt man doch noch das Aufsehen eines Märchenprinzen. Johann Strauss schrieb die Musik zum beschwingten Ballett, bei der die Verhältnisse ins Tanzen und Schweben geraten.
Appropriate (Was sich gehört)
Volkstheater-Intendant Christian Stückl hat selbst Hand angelegt. Er lotete einen Schockmoment beim Familientreffen aus. Drei Geschwister kommen im Anwesen ihres kürzlich verstorbenen Vaters zusammen. Sie entdecken ein Fotoalbum, das vom Wüten eines brutalen Rassisten erzählt.
Giesing Mountain
Der ehemalige Präsident vom FC Giesing (was für ein Vereinsname!) hat eine Sorge, die ihn um den Nachtschlaf bringt: Er fürchtet, der auch in München fortschreitende Klimawandel könnte dazu füh- ren, dass der Giesinger Berg eines Tages in die Isar rutschen könnte. Derweil muss die Nichte der „Sphinx von Giesing“, deren Tante einst selbst Gegenstand des 2015er Stefan-Kastner-Stücks war, die Dinge im liebenswert chaotischen Viertel in Ordnung bringen. Das Hofspiel- haus feiert auch damit das Zehn-Jahre-Jubiläum – angemessen angeschrägt und mit stark besetztem Ensemble, unter anderem mit Michaela May, Michael Grimm, Susanne Rohrer und Veronika von Quast.
Rivka
Beklemmend nah dran am Heute: Judith Herzberg erzählt von Flucht, Vertreibung und panischen Ängsten. Ein jüdisches Paar muss Hals über Kopf in eine ungewisse Zukunft aufbrechen. Zum Packen bleibt kaum Zeit. Ihr größter Albtraum: Wer wird sich um Rivka, ihre Tochter, kümmern, die sie fremden Menschen anvertrauen müssen? Wird es gelingen, das Kind zu verstecken, wird sie überleben? Regisseurin Sophie Wendt inszeniert ein beklemmen- des Zwei-Personen-Drama, dem man sich nicht entziehen kann.
Tonality Theater
Gelandet mitten im Museumsareal: Ein Festival bei freiem Entritt. Es geht um eine Reihe von interdisziplinären Klangkunstwerken, die Performance, Musik, Geräuschkunst mit Bildender-, Film-, Raumkunst und Installation in einem Gesamtwerk vereinen. Im Mittelpunkt stehen Werke von Uri Caine, Gareth Davis, Christian Mason, James Weeks und Fumio Yasuda in Zusammenarbeit mit dem Ensemble Recherche und dem Exaudi Vocal Ensemble. Die Aufführungen finden im Pavillon 333 an der Ostseite der Pinakothek der Moderne in Zusammenarbeit von Neue Klangkunst und dem TUM-Zentrum für Kultur und Kunst statt. Los geht’s mit „Titanismus (Prologue)“, einer Arbeit von Gareth Davis.
Lapidarium
Eine Verneigung vor Helmut Dietl und Franz Xaver Kroetz: Rainald Goetz rekonstruiert ein verwegenes, nicht umgesetztes Drehbuchvorhaben der genialen Sturköpfe und webt einen dichten Text aus Tagebuch-Inhalten, München-Skizzen und Requiem-Elementen. Starker Tobak.
3Sis! Oder: Wie viele Leben passen in eins?
Ein Abend, an dem sich alles verändert – und man darf zusehen. Anna Funk schlüpft gleich in drei Rollen. Sie spielt eine Mathematikerin, eine Künstlerin und eine Familienmutter. Drei Schwestern, die in eine Identitätskrise stolpern. Wo ist der Ausweg, was verbindet sie, wo führten die Weichen auf neue Gleise?
Und oder oder oder oder und und beziehungsweise und oder beziehungsweise oder und beziehungsweise einfach und
Und dann können sich die Autorin Nele Stuhler und der Regisseur FX Mayer in der gemeinsam entwickelten Komödie über den überhitzen Zeitgeist zum Glück nicht festlegen. Es ist ein hochkomischer Wettstreit der Widersprüche, den drei Akteure kunstvoll auf offener Bühne austragen.
Synaesthetix #2
Ein Erlebnis, in dem Tanz, Musik, Sounds, Video und live generierte Visuals zu einem Rundumkunstwerk verschmelzen: Hier taucht man tief in Multimedia-Kunstwelten ein. Angetrieben und wachgerüttelt von DJs.
The Loom of it All
Eigentlich ein Schockerlebnis: Eine Frau, die sich in ihrem Zimmer verschanzt und nur von vietnamesischen Bandnudeln ernährt, merkt plötzlich, dass ihre digitale Identität gehackt wurde. Mit ihren Accounts und Logins wird nun fleißig eingekauft. Kurios: Plötzlich entwickelt die Beobachterin Neugierde und analysiert gespannt, fast ein wenig verliebt das Treiben ihres räuberischen Gegenübers. Die Persönlichkeitsgrenzen verschwimmen immer mehr, eine Beziehung bahnt sich an. Die Performance fußt auf einem Textcollagen-Gewebe vom Netzwerk Münchner Theatertexterinnen und -texter.
Pathos Theater Bühne: 14./15./16.11.
Pippi Langstrumpf
Anarchie, die ansteckend gut wirkt: Das Kinder- und Jugendtreiben in der Villa Kunterbunt wirkt auch bei stocksteifen Erziehungsberechtigten Wunder. Astrid Lindgren eben – als November-Premiere.
Blutbuch
18./21./23./27. und 29.11.
Von Identitäten, familiären Verstrickungen und den noch immer engen Korsett-Bemühungen einer gar nicht so aufgeklärten Gesellschaft. Kim ist ein sexuell glückliches Wesen, das sich weder als Mann noch als Frau identifiziert und in Zürich endlich ausleben kann, was in der kleinkarierten Herkunftsfamilie nicht möglich war. Doch dann erkrankt Kims Großmutter schwer an Demenz. Es geht darum, sich eben doch mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Das Spagat-Team bringt mit „Blutbuch“ den Roman von Kim de l’Horizon auf die Bühne, der 2022 mit dem Deutschen und dem Schweizer Buchpreis ausgezeichnet wurde.
freiheit.exe
Christiane Mudra bleibt mit ihren Stück-Recher- chen immer ganz nah dran an der Brisanz der Ge- genwart. Diesmal geht es ihr um eine Vermessung der Monster-Egos und der aktuellen Ideologien des Silicon Valleys. Es wird also eine Abrechnung mit Peter Thiel und Nick Land. Totale Freiheit
Persona
Wenn sich Beklemmung einschleicht: Eine berühmte Schauspielerin verliert plötzlich ihr wichtigstes Ausdrucksmittel – ihre Stimme. Und das auch mitten in einer „Elektra“-Aufführung auf offener Bühne. Nach und nach wird immer deutlicher: Die Sprache kommt nicht zurück. Doch warum nur? Regisseurin Sophie Glaser nimmt das Publikum mit auf eine Seelenreise, die sich eng an den berühmten Ingmar-Bergman-Film aus dem Jahr 1966 anlehnt.
Der Liebestrank
Vielleicht ist der Trick ja auch nur, dass man daran glaubt: Eigentlich hat der Quacksalber Dulcamara ja nur eine Flasche Rotwein im Angebot. Er schwindelt aber (wie heutzutage offenbar jeder) und preist sie als „Liebestrank“ an. Nemorino verspürt sogar eine Wirkung. Gaetano Donizetti war der Hitproduzent schlechthin der Belcanto-Ära. Auch heute noch geht man seinen süßlich leckeren Verführungskünsten auf den Leim. Wer bei der Tenor-Arie „Una furtiva lacrima“ nicht schluchzen muss, hat wirklich kein Herz.
Der zerbrochne Krug
Dorfrichter Adam bekommt Panik. Und dass nicht nur, weil der Gerichtsaufseher kommt. Es geht eigentlich um einen Prozess, der es in sich hat – um Missbrauch, Macht und MeToo. Lange hielt sich das Gerücht, das Heinrich von Kleist eine köstliche Komödie geschrieben hätte. Es ist ein bitterböser Stoff. Mit einem Schuft, der Strafe verdient hat.
Kaleidoskopiert
Anna Konjetzky ist eine der gefragtesten Tanzmeisterinnen der Stadt. Sechs Tänzerinnen und Tänzer bringen nun ein neu abgemischtes Medley ihrer besten Choreografien der ver- gangenen 20 Jahre auf die Bühne. Ein Fest!
Wallenstein
Ein Schlachtfest in sieben Gängen. Krieg, wenig Frieden. Kammerspiele-Hausregisseur Jan-Christoph Gockel serviert Schiller. Es geht um schmutzige Geschichten, verlogenen Söldneralltag, um Macht, Hybris und um Loyalität. Gibt es für den Frieden, während die bösen alten Männer ihre Deals machen, überhaupt noch eine Chance? Friedrich Schiller war es gelungen, 30 Jahre Krieg kunstvoll auf die letzten drei Wochen vor dem Mord an Wallenstein zu verdichten. Jetzt wird alles noch einmal neu aufgekocht und genüsslich umgewürzt. Und auch das Publikum ist gefragt: Wer kennt eine Auswegstrategie aus dem Schlamassel?
Der Nussknacker/Schwanensee
Auf dieses Klassiker-Wiedersehen darf man sich schon jetzt freuen (und gerne auch rechtzeitig Tickets kaufen): Das berühmte Grand Classic Ballet tourt aktuell durch die großen deutschen Städte und bringt feinsten Spitzentanz natürlich auch nach München.
Die Nacht vor Weihnachten
Es ist die Zeit in der die frostigen Schneestürme übers Land ziehen und die Nächte besonders lang werden. Dann kommt die Zeit der heidnischen Wintersonnwende und des christlich-orthodoxen Hauptfests – die magischen Raunächte. Plötzlich wird die Welt durchlässig, und das Reich der dunklen Wesen ist ganz nah. Komponist Nikolai Rimski-Korsakow hatte sich für seine stimmungsvolle, düster gewaltige Oper eine Erzählung von Nikolai Gogol vorgenommen, in der slawische Märchen, Folklore, satirische Dorfkomödien und surreale Träumwelten zueinanderfinden.
Hänsel und Gretel
Knusper, knusper, Knäuschen: Sie haben sich im tiefen Märchenwald verlaufen – und stehen doch unter dem Schutz von 14 Engeln. Immer wieder schön zu sehen, wie Engelbert Humperdinck mit einer der be- rühmtesten Grimm-Erzählungen Jung und Alt verzaubert. Und dann weihnachtet es ja auch schon bald.
Waves and Circles
Und dann jetzt schon mal vorfreuen – und Tickets auf die Wunschliste schreiben: Wenn von Wellen die Rede ist, am Meer, im Radio oder bei der La Ola im Stadion, geht es immer um beeindruckende Energie. William Forsythe hatte für sein 2016 entstandenes Ballett Songs des britischen Sängers James Blake aufgegriffen. Die Energie steckt immer noch an, die Welle reißt mit.
