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Demo und Events gegen das Tanzverbot

Stille Feiertage: Demo und Events gegen das Tanzverbot
Stille Feiertage: Demo und Events gegen das Tanzverbot © Adobe Stock

Vor Ostern wird alle Jahre wieder das Tanzverbot in Bayern an sogenannten stillen Tagen diskutiert. Am Gründonnerstag gibt’s eine Demonstration dagegen auf der Theresienwiese. 

Die Karwoche ist ja der alljährlich wiederkehrende Kulminationspunkt des Tanzverbots in Bayern, weil man da ab Gründonnerstag bis zur Nacht von Karsamstag auf Ostersonntag gleich drei Tage lang die Füße stillhalten muss. An den insgesamt neun stillen Feiertagen im Jahr müssen in bayerischen Clubs die Tanzflächen – unabhängig von eventuell zulässiger Musik – leer bleiben. Die Betreiber dürfen zwar öffnen, müssen aber ihr Programm dem ernsten Charakter der christlichen Feiertage anpassen. Meist ist es möglich, am Vorabend bis 2 Uhr “hinein zu feiern”. Danach muss die Musik jedoch leise gedreht werden und die Tanzfläche verwaist bleiben. Die meisten Clubs in München haben vor dieser Regelung schon kapituliert und bleiben geschlossen.

Doch der Widerstand gegen das Tanzverbot wird von Jahr zu Jahr vehementer. Aus dem Harry Klein Club heißt es dazu: “Seit vielen Jahren werden die Menschen an neun sogenannten stillen Tagen in ihrer Freiheit beschnitten. Wir dürfen an diesen Tagen nicht tanzen bzw. Tanzveranstaltungen abhalten. Hingegen darf es Fußballspiele geben, man darf Horrorfilme ansehen oder in Bars feiern.” Dazu zwei Anmerkungen: Am besonders hohen Feiertag Karfreitag (wie auch am Buß- und Bettag) sind nicht einmal Fußballspiele erlaubt. Außerdem müssen auch Bars ihr Musikprogramm anpassen und auf Feierstimmung verzichten.

Wie auch immer die Bestimmungen im Detail aussehen, sie gehen vielen zu weit – und das sind beileibe nicht nur Agnostiker, Atheisten oder die Anhänger einer Trennung von Staat und Religion. Die Macher des Senders Ravestreamradio haben sich daher mit einigen DJ-Kollektiven und Clubs zusammengetan, um am Gründonnerstag ab 16 Uhr auf der Theresienwiese für die Abschaffung der Regelung zu demonstrieren. Bei der Kundgebung verwandelt sich die Wiesn zunächst in eine Open-Air-Disco. Von 18 Uhr an fahren neun Lautsprecher-Wagen mit demonstrativ tanzender Begleitung durch München. Am Abend endet die Demo in der Nachtgalerie mit einem großen “Heiden-Rave”, u.a. mit Produzent Prada2000 aus Berlin. Das Motto: Unsere Religion ist die Musik! 

Organisiert wird die Party in der Nachtgalerie vom bayerischen Bund für Geistesfreiheit. Die humanistische Weltanschauungsgemeinschaft begehrt übrigens gleich mit mehreren Events gegen die “bayerische Spaßbremse” an stillen Feiertagen auf. Das Bündnis zog vor Jahren gegen das Tanzverbot vors Bundesverfassungsgericht – und bekam 2016 Recht. Seitdem sind z.B. an Karfreitag Ausnahmen möglich, wenn Feste und Feiern „Ausdruck einer klaren weltanschaulichen Abgrenzung gegenüber dem Christentum“ sind.

Dank der Schirmherrschaft des Bunds für Geistesfreiheit München kann also nicht nur nach der Demo, sondern zusätzlich auch am Karfreitagabend in der Nachtgalerie getanzt werden. Eine weitere offiziell genehmigte Option für bewegungsfreudige Musikfans ist der “Jazztify”-Abend an Karfreitag ab 21 Uhr im Import Export, mit einem Livekonzert vom Rhabdomantic Orchestra aus Turin und anschließendem DJ-Set von Booty Carrell. Auch in der DJ-Bar Unter Deck am Oberanger setzt man am selben Abend mit der Uknowy-Labelparty ein geistesfreiheitlich abgesegnetes Zeichen gegen Tanzverbot und stille Tage.

Übrigens stehen die Partyfans mit ihrer Forderung nicht allein. Auch der bayerische Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA wünscht sich eine Lockerung. “Die derzeitige Regelung kommt einem Berufsverbot gleich und das nach den bitteren Monaten staatlich verordneter Schließungen gastgewerblicher Betriebe während der Corona-Pandemie“, erklärt DEHOGA Bayern-Präsidentin Angela Inselkammer dazu. Landesgeschäftsführer Dr. Thomas Geppert ergänzt: “Für viele musikveranstaltende Betriebe rechnet es sich nur an den umsatzstärksten Tagen, wie am Wochenende und vor Feiertagen, zu öffnen. Wenn dann von den möglichen Tagen ein staatlich verordnetes Musikverbot herrscht, wird aus stillen Tagen schnell eine tote Zeit mit verheerenden Folgen.“