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Quo vadis Nightlife? - Interview mit “Nachtbürgermeister” Kay Mayer

Leiter der Fachstelle „Moderation der Nacht“: Kay Mayer
Leiter der Fachstelle „Moderation der Nacht“: Kay Mayer © Landeshauptstadt München / Fachstelle Moderation der Nacht MoNa

Kay Mayer ist seit über einem halben Jahr in Amt und Würden als Moderator der Nacht der Stadt München. Wir baten ihn um eine erste Bilanz und einen Ausblick für 2022. 

Als Leiter der Fachstelle „MoNa“, also Moderation der Nacht, kümmert sich der ehemalige Condrops-Streetworker Kay Mayer seit einigen Monaten um eine Interessenvermittlung zwischen allen möglichen Beteiligten im Münchner Nachtleben. Was er als inoffizieller “Nachtbürgermeister” schon alles bewegen konnte und was er für das Jahr 2022 erwartet, verriet er uns im Interview.

Sie sind ein gutes halbes Jahr im Amt als “Moderator der Nacht” – wie fällt Ihre Zwischenbilanz aus?
Da gibt es mehrere Ebenen, auf denen Bilanz gezogen werden kann. Als erstes natürlich, dass die Pandemie-Situation im Bereich der Nachtkultur unglaubliche Probleme und Herausforderungen mit sich gebracht hat. Das Wegfallen so vieler Angebote war und ist sowohl für Anbieter, also Clubs, Bars, Diskotheken, Eventagenturen etc., als auch die Nachfrager, also Feiernde, unheimlich schwer und hinterlässt eine Lücke, die gefüllt werden möchte. Es fehlt einfach etwas.

Des Weiteren bin ich allerdings auch unheimlich begeistert darüber, was für ein großes personelles, institutionelles und gesellschaftliches Potenzial es in München zu den Themen der Nacht gibt. So viele Leute haben tolle Ideen, Motivation und Engagement, München nachtkulturell und sozial-gesellschaftlich weiter zu bringen, davon bin ich sehr begeistert. Das motiviert mich natürlich auch sehr in meiner Aufgabe, diese Potenziale bestmöglich zu aktivieren und voran zu bringen, was mich zum letzten Punkt bringt: Schon in diesen letzten gut sieben Monaten wurde klar, dass eine Fachstelle wie MoNa, Sinn macht und wichtig und richtig für die Stadt ist.

...dass das Nachtleben und die Nachtkultur als relevanter und erhaltenswerter Faktor gesehen, berücksichtigt und respektiert werden.

Kay Mayer

Was konnten Sie in diesen schwierigen Zeiten für die Branche konkret erreichen?
Nach dem Start im Juni gab es zunächst einmal ein recht großes öffentliches Interesse an der neuen Fachstelle, den Aufgaben und an dem, was wir mit MoNa vorhaben. Das darzustellen war mir sehr wichtig, deshalb habe ich mir auch viel Zeit für Interviews und Gespräche genommen. Dann habe ich mich an die Vernetzungsarbeit gemacht. Mir war klar, dass ich bei potenziellen Kooperationspartner*innen so etwas Neues wie MoNa nicht über irgendwelche Standard-Mails in die Breite hinein erklären kann, deshalb bin ich auf gut deutsch „Klinken putzen“ gegangen und hatte allein im ersten Jahr ca. 60 Vernetzungsgespräche.

Angefangen von den Stadtratsfraktionen über verschiedene Ämter, Bezirksausschüsse, Polizeiinspektionen und Träger*innen von sozialen Angeboten bis hin zu Vertreter*innen von Kollektiven und Club-/Barbetreiber*innen, ich habe versucht mit so vielen Leuten und Organisationen wie möglich in Kontakt zu kommen. Das hört auch nicht auf, die Vernetzungsarbeit ist ein zentrales Element im Aufgabenbereich von MoNa.

Im Spätsommer wurde MoNa dann gemeinsam mit AKIM mit der Aufgabe betraut, nach einem Open-Air-Angebot für organisiertes und verantwortetes Feiern zu suchen und dieses zu ermöglichen. Gemeinsam mit sehr engagierten Club- und Event-Betreiber*innen konnte dann die Event-Reihe „München tanzt wieder“ über den September hinweg stattfinden, die sehr gut angenommen wurde und endlich wieder etwas Feier-Leben in die Innenstadt brachte. Kurz daraufhin durften die Clubs und Diskotheken ja kurz wieder öffnen, hier war es meine Aufgabe, diese bestmöglich zu unterstützen, z.B. durch Kontakte in die Verwaltung, Unterstützung bei Auflagenarbeit, usw..

Parallel dazu konnten wir zum Beispiel auch eine erste Öffentlichkeits-Kampagne mit Plakaten und Postkarten zum Thema „Nein heißt Nein“ an den Start bringen und eine erste „Rama Dama“-Aktion für „Feier-Vermüllung“ mit dem Bezirksausschuss 2 in die Wege leiten. Außerdem habe ich einen MoNa-Instagram-Account gestartet (mona.muenchen) und biete monatlich eine offene Sprechstunde für junge Menschen im Jugendinformationszentrum an (immer am letzten Montag im Monat um 18 Uhr). Da können mir junge Leute Fragen stellen und ihre Wünsche und Anmerkungen an mich weitergeben. Last but not least haben wir auch mit der Arbeit im neuen Gremium „Runder Tisch Nachtleben München“ begonnen, in dem viele unterschiedliche Player*innen mit Bezug zum nächtlichen Geschehen in München an grundlegenden und aktuellen Herausforderungen arbeiten. Das waren „nur“ die Highlights, es gab und gibt auch weiterhin viel zu tun.

Wie ich schon sagte, ohne funktionierendes, intaktes Nachtleben fehlt einer Stadt etwas...

Kay Mayer

Sie mussten ja zuletzt die meiste Zeit den Aufmunterer oder Trostspender spielen, liegt Ihnen das eigentlich?
Ich denke Zuhören und ein offenes Ohr für Anliegen und Probleme haben ist immer wichtig und kann viel helfen. Das habe ich als Sozialpädagoge gelernt und sehe es als eine meiner Aufgaben. Wichtiger war und ist es aber aus meiner Sicht, konstruktive Herangehensweisen und Lösungsansätze für Probleme zu suchen. Diese Haltung ist mir auch bei Weitem öfter begegnet als „nur“ der Wunsch, aufgemuntert oder gar getröstet zu werden.

Was erwarten Sie sich für das Jahr 2022? Wird sich das Münchner Nachtleben wieder gänzlich erholen können?
Wenn Sie mit „gänzlich erholen“ meinen, dass es ganz schnell ganz genauso wird wie vor der Pandemie, dann erwarte ich das nicht, nein. Was ich erwarte, und das sehe ich auch eindeutig als Anspruch an mich selbst, ist, dass das Nachtleben und die Nachtkultur als relevanter und erhaltenswerter Faktor gesehen, berücksichtigt und respektiert werden. Wie ich schon sagte, ohne funktionierendes, intaktes Nachtleben fehlt einer Stadt etwas und hier eine positive Veränderung zu schaffen, halte ich in jedem Fall für sehr wichtig und erstrebenswert.

Aktuelles Thema: Welche Reaktionen erleben Sie in der Szene auf die Entscheidung, dass Bayern ausgeschert ist und die 2G-plus-Regel für die Gastronomie nicht eingeführt hat?
Zum Einen natürlich eine große Erleichterung bei Gastronom*innen, die sehr froh sind, dass sie von ihren Gästen keinen Test verlangen und so den Besuch noch hochschwelliger gestalten müssen. Auf der anderen Seite gibt es recht viel Unverständnis. Zum einen im Wortsinn, da viele Menschen einfach die Regelungen faktisch nicht mehr verstehen, verwirrt sind und sich fragen, wie lange wohl welche Regelung gelten wird. Und zum anderen das Unverständnis, warum „nur“ die Gastronomie diese Erleichterungen erhält und nicht andere Institutionen, z.B. die Nachtkultur.

Interview: Alex Wulkow