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Tatzelwurm-Start im Sommer? Drei Monate Abtanzen unter der Autobahn!

Geplante Heimat für den Tatzelwurm: Die Hochbrücke Freimann
Geplante Heimat für den Tatzelwurm: Die Hochbrücke Freimann © AHert - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0

In Freimann direkt unter der Autobahn A9 soll diesen Sommer für drei Monate eine neue, ungewöhnliche Location für Konzertveranstalter und DJ-Kollektive entstehen. 

Vor genau drei Jahren kochte das Thema schon mal hoch, dann funkten Corona und der allgegenwärtige Stillstand dazwischen. Doch jetzt hat Hauptinitiator Florian Schönhofer vom Café Kosmos die Pläne für sein Tatzelwurm-Projekt wieder aus der Schublade geholt. Dabei handelt es sich um die verschlungene Autobahnbrücken-Konstruktion an der A9 in Freimann am Ostende des Frankfurter Rings. Die von Betonsäulen getragene Hochbrücke mit der brachliegenden Freifläche darunter wird in Anlehnung an das drachenartige Fabeltier im Volksmund gern Tatzelwurm genannt.

Unwirtlichere Gegenden als direkt unter einer viel befahrenen Autobahn scheint es ja auf den ersten Blick kaum zu geben. Aber wenn man genauer überlegt, hat die Belebung eines solchen Ortes eben doch viel Charme. Laut ist es dort sowieso, also könnte man 500 Meter nördlich der U-Bahnstation Studentenstadt doch auch Konzerte oder Open-Air-Raves stattfinden lassen! Das ist genau die Idee, die Florian Schönhofer, sein Café-Kosmos-Kompagnon Louis Grünwald, Christian Kiesler von Target Concerts und weitere Mitwirkende von einer in den Startlöchern stehenden Genossenschaft aktuell verfolgen.

Hauptinitiator Florian Schönhofer vom Café Kosmos
Hauptinitiator Florian Schönhofer vom Café Kosmos © Alex Wulkow / InMagazin Verlags GmbH

Die Stadt München und der zuständige Bezirksausschuss Schwabing-Freimann haben schon positive Signale gegeben. Unterstützung für das Projekt kommt auch von der Fachstelle Pop, vom Kompetenzteam Kultur- und Kreativwirtschaft der Stadt München, von der TU München und vom Verband der Münchner Kulturveranstalter. Doch ganz so einfach ist die Ausgangslage nicht. Denn der Grund unter der Fahrstrecke gehört dem Bund, genauer gesagt der Autobahn GmbH. Und von deren Seite fehlt noch der positive Bescheid, das endgültige “Go”.

Wie der aktuelle Stand der Dinge ist, verriet uns Florian Schönhofer im Gespräch: “Ich erhoffe mir schon noch im März eine Antwort von der Autobahn GmbH. Sobald sie sagen, es geht, bin ich überzeugt, dass die Stadt auch nicht lange herumtut. Rein theoretisch würden wir gern im April mit dem Aufbau anfangen. Wir haben auch schon mit der Feuerwehr und der Polizei eine Ortsbegehung gehabt. Die sagen, die Fluchtwege sind gegeben. Wir haben zusätzlich noch einen sogenannten Entfluchtungsplan bei den Behörden eingereicht. Das ist jetzt also vor allem noch ein administrativer Akt. Die müssen nur sagen, damit sind wir jetzt zufrieden, dann könnten wir beginnen.”

Zunächst war im Rahmen des Projekts auch angedacht, einen sogenannten Tatzelturm auf dem benachbarten städtischen Grund zu errichten, also einen mindestens vierstöckigen Neubau mit 2.000 Quadratmetern Nutzfläche für die Genossenschaft. Dieses Vorhaben ist auf Eis gelegt, nur die Webseite zum Gesamtprojekt läuft noch unter diesem Namen. Für diesen Sommer streben die Initiatoren also nur die Nutzung der überdachten Freifläche für drei Monate an, einen Probelauf gewissermaßen.

Florian Schönhofer meinte dazu weiter: “Wir sind guter Dinge, dass wir es für dieses Jahr hinbekommen. Die Stadt unterstützt es sehr. 50 Jahre war der Ort nur ein Kiesplatz, ich vertreibe da nicht einmal einen Schmetterling, Es ist eine Brache, eine Fläche, wo du nichts kaputt machen kannst. Gerade jetzt, wo die Kosten für Konzerte so durch die Decke gehen, den Faktor Fläche wegzunehmen aus der Rechnung und nur noch die Produktionskosten auf der Uhr zu haben, das ist ein großer Vorteil. Du hast außerdem die Park&Ride-Parkplätze daneben, die U-Bahn vor der Haustür. Das wäre doch eine kluge Nutzung einer Fläche und zugleich kann man den Leuten das Feiern ermöglichen, ohne dass sie krass viel Geld ausgeben müssen.”

Die Tatsache, dass der Tatzelwurm wohl dieses Jahr nur drei Monate das Licht der Strahler erblicken kann, stellt auch kein größeres Problem für Schönhofer dar: “Okay, eigentlich habe ich Zwischennutzungen dick. Aber für die Autobahn GmbH ist es ein Risiko, sie wollen es eben nicht für 30 Jahre fest zusagen, das kann ich schon verstehen. Wir haben daher die Strategie angepasst und machen das Ganze wesentlich kleiner und schmalspuriger, als man theoretisch könnte. Die Fläche würde ja Platz für 20.000 Leute hergeben. Aber wir machen es nur für tausend.” Wie auch immer, in dieser Größenordnung wäre der Tatzelwurm ebenfalls eine wunderbare Ergänzung für die städtische Subkultur. Wir sind gespannt, was sich in den nächsten Wochen tut.

www.tatzelturm.de