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Alexander Wolfrum über das neue Isarforum

Neue Eventlocation: Das Isarforum am Deutschen Museum
Fläche ohne Ende: Das Isarforum am Deutschen Museum © -

Im Isarforum am Deutschen Museum München entsteht eine neue Kultur- und Partylocation. Wir haben Projektleiter Alexander Wolfrum zum ausgiebigen Interview gebeten.

Eigentlich sagt das Buchstaben-Rätsel seiner Agentur G.R.A.L. aus der Münchner Theresienstraße schon alles: Alexander Wolfrum strebt sie rund um die Uhr an – die „Gründliche Realisierung Allgemeiner Lebensfreude.

Alexander Wolfrum
Alexander Wolfrum © -

Nicht nur wegen seiner Zugehörigkeit zur Zwei-Meter-Klasse ist der vermutlich bestvernetzte Veranstaltungsmacher der Stadt ein Mann mit Weitblick: Zusammen mit weiteren Partnern hat Wolfrum nun das Vordergebäude des Deutschen Museums auf der Isarinsel aus dem Dämmerschlaf erweckt. Willkommen im neuen Isarforum – und zu aufregenden neuen Partys.

Herr Wolfrum, Sie haben die Stadt immer gut im Blick. Wie lange sind Sie denn um das Gebäude auf der Isarinsel herumgeschlichen und haben sich auf eine Kiste gestellt, um zum Fenster reinzuschauen?
Na ja, reingucken musste ich nicht mehr – weil ich vor 30 Jahren dort große Studentenpartys gefeiert habe. Ich kenne die Räume noch sehr gut.

Eine Räuberleiter bräuchten Sie ja eh nicht – bei Ihrer Größe.
Vielen Dank!

Jemand, der in München groß geworden ist, konnte ja schon mitbekommen, dass das Gebäude zuletzt ein wenig in einem Dornröschenschlaf vor sich hindämmerte. Und vielleicht bedauern, dass man da nicht mehr hineinkam. Ist das der Moment, an dem es Sie zu Jucken beginnt?
Ja, auch. Vor circa anderthalb Jahren hörte ich zum ersten Mal Gerüchte, dass zumindest mit dem Erdgeschoss wieder irgendetwas passieren soll, dass man Betreiber sucht und dass das Deutsche Museum eine Art Interessensbekundungsverfahren durchführen würde.

Vor dem Hintergrund wurde ich dann von anderer Seite – von Sandra Forster – angesprochen. Sie wohnt da nämlich in der Nähe und wollte da schon immer gerne etwas machen. Nur wenige Tage später kamen beide Informationen in meinem Gehirn zusammen. Und dann rief ich da einfach an...

Wo ruft man da an?
Bei der Körperschaft Deutsches Museum. Ich hab mich dann durchgefragt. Dann hieß es: Zehn Seiten Zahlen – und schlag doch mal was vor!

Was ist es für ein Moment, wenn an dem Ort, der Ihnen als Veranstaltungsraum vorschwebt, das erste Mal die Türen aufgehen. Hängen da dann die Spinnweben?
Der Staub von sieben Jahren lag schon auf dem Boden und auf den Einrichtungsgegenständen. Die Theken standen noch unberührt da, als sei gestern der letzte IMAX-Besucher rausgegangen.

Sie haben sich – zumindest was mögliche Veranstaltungsorte und Partykonzepte angeht – ja schon mal als Visionär bezeichnet. Ab wann fängt denn der innere Film an zu laufen?
Beim Thema Visionen denke ich immer an Helmut Schmidt, der riet, mit Visionen zum Arzt zu gehen. Klar, denkt man darüber nach, welche Konzepte in so einem Raum funktionieren und wie man eine Raumaufteilung hinbekommen könnte. Aber ich bin leider vom Leben so geerdet worden, dass ich immer darüber nachdenke, was realistisch ist.

Was Sie auszeichnet, sind ja nicht nur die Erfahrungen, sondern auch Ihr Jura-Hintergrund. Rattern bei so einer Herausforderung erst einmal die ganzen Bauverordnungen in ihrem Kopf?
Durchaus. Es stellte sich später heraus, welche Genehmigungen und welche Ertüchtigungsmaßnahmen nötig sind. Die sind sehr umfangreich.

Trifft es sich eigentlich gut, dass der Museumschef Heckel eigentlich auch passionierter Bastler ist und mit seiner Reparier-Bewegung nichts verkommen und ungenutzt lassen möchte?
Das Thema „Maker’s Lab“ und die Begeisterung für die Maker-Szene schwingt da wohl mit. Generaldirektor Professor Dr. Wolfgang Heckel war da ganz praktisch veranlagt. Das hat sich gut getroffen.

Beim Deutschen Museum denkt man allerdings ja doch als erstes an Maschinenbaustudenten in karierten Holzfällerhemden und Massen von italienischen Schulkindern: Macht es Ihre Arbeit leichter, dass die Bereitschaft da war, diesen Raum vor dem eigentlichen Museum wieder mit Leben zu füllen? Oder hatten die Verantwortlichen zwischendurch wieder Angst vor der eigenen Courage, dass ihnen Partymeuten auf die Pelle rücken?
Natürlich gibt’s beim Deutschen Museum Befürchtungen, ob denn ein Veranstaltungsbetrieb entweder zur Störung von Anwohnern oder zur Störung von wissenschaftlichen Einrichtungen im Museum selbst führt. Daher war es einer unserer ersten Schritte, uns all das zusammen mit einem Lautstärken-Gutachter zu überlegen. Wir haben dort mit riesigen Boxen Messungen durchgeführt. Dabei haben wir geschaut, wo kommt aus dem Gebäude was raus – und wo vibriert’s.

Erst danach – als wir ungefähr wussten, was man alles reinstecken muss – haben wir den Mietvertrag unterschrieben. Die Tests waren aber positiv. Es gibt in dem Gebäude ganz merkwürdige Fugen, die es verhindern, dass Vibrationen übertragen werden. Es gibt viele Dinge, die sehr alt sind – aber auch viele Dinge, die sehr massiv gebaut sind. Daher passt es schon: Wir werden keine Anwohner belästigen.

Galerie

Der Test war nötig, damit kein Bass die Sprinkleranlage im Museum auslöst?
Genau. Aber die Ergebnisse haben uns Anlass gegeben, die Sache weiter zu verfolgen.

Aus Veranstaltersicht muss die Lage ja ein Traum sein – auf einer echten Insel. Kaum ein anderes Gebäude liegt so weit entfernt von den nächsten Nachbarn.
Das ist natürlich ein großer Vorteil. Auf der anderen Seite liegt die Tücke im Detail. Wasser reflektiert Schall. Deswegen mussten wir uns schon genau anschauen, aus welchem Fenster es wie herausschallen kann. Aber natürlich ist es schon mal nicht schlecht, dass nicht direkt nebenan eine dreiköpfige Familie mit einem Kleinkind wohnt.

Für die Messtechnik-Phase durften Sie dann sicher aus dem Museumsfundus zeitweise einen grauen Kittel mit Phasenprüfer und Schraubenzieher in der Brusttasche tragen dürfen?
(lacht) Nein. Wir mussten tatsächlich sehr professionell vorgehen – weil wir viel Geld investieren.

Es soll keine Zwischennutzung werden mit Graffiti an der Wand. Wie groß ist denn der Wurf, den Sie auf der Isarinsel planen?
Faktisch ist es so, dass wir komplett neue Bauanträge gestellt haben. Und die müssen auf neuestem Sicherheitsstand sein. Das sind Papiere in der doppelten Stärke eines Telefonbuchs. In den letzten Jahren sagt eine kleine Stimme in meinem Kopf immer wieder zu mir: Vor den Erfolg haben die Götter die Steine gelegt. Diese Steine muss man halt mit einem kleinen Hämmerchen immer weiter bearbeiten.

Wie würden Sie denn das Konzept beschreiben: Ist der zentrale Anlaufpunkt die Gastronomie von Frau Forster? Oder ist es der Kong, der an neuem Ort wiederkehrt? Oder erwarten Sie unterschiedliche Ströme über den Tag hinweg – vom Café abends in den Club?
Das Konzept, das wir uns gemeinsam überlegt haben, sieht im Erdgeschoss eine Dreiteilung vor. Es gibt ein Restaurant mit einem tollen Biergarten an der Isar. Daneben gibt es einen Musik-Club, bei dem David Muallem künstlerischer Leiter ist.

Ehemals Bob Beaman?
Genau. Dort wird es nach allem was ich weiß viel elektronische Musik auf hohem Niveau geben. In den Club passen 800 bis 900 Leute.

Ein Gewicht in der Münchner Club-Szene.
Ich hoffe, ja. Die dritte Komponente ist ein toller Veranstaltungsraum, den wir so ausstatten werden, dass dort für circa 900 Personen alles stattfinden kann. Von Messen über Kongresse, von Mitgliederversammlung einer Aktiengesellschaft über Abi-Feiern bis hin zu Hochzeiten und Party.

Egal was dort steigen soll, jeder Veranstalter findet dort sein Licht und seine Steckdosen. Wir sehen das Isarforum als eine große weiße Leinwand, die jeder mitgestalten kann – ob er nun einen Kinderflohmarkt plant oder ein großes Fest. Wir machen keine eigene Veranstaltungen, wir sind eine reine Vermiet-Location.

Haben die Kinder denn schon Namen?
Isarform wird der Name unseres Veranstaltungszentrums sein. Zu dem gehört auch ein Kiosk, für den wir im Moment noch ein Konzept und einen Betreiber suchen.

Das ehemalige IMAX-Kino gehört dann aber nicht dazu?
Nein, das bleibt leider wie es ist – weil es dort unüberwindbare Brandschutzprobleme gibt. Der erste Stock bleibt unberührt.

Schade, das ehemalige Kino könnte man sich auch gut als Tanzfläche vorstellen.
Ist so. Wer unter den „IN München“-Lesern 20 bis 30 Millionen Euro zur Hand hat, um dort eine Ertüchtigung herzustellen, möge mich umgehend anrufen.

Sie haben ja noch Ihre gut gehende Agentur als mehr oder weniger „normalen“ Alltagsberuf. Wie genau wird denn Ihre Rolle beim Isarforum aussehen? Der Strippenzieher im Hintergrund? Oder der oberste Hausmeister, der nachts dann die Leute irgendwann zum Heimgehen überredet?
Ich bin an der Firma, die das betreiben wird, als Minderheitsgesellschafter beteiligt. Ich werde aber nicht im täglichen Geschäft eingebunden sein. Hausmeister bin ich nicht. Ich bin zwar für alles immer ansprechbar, werde aber nicht jede Veranstaltung betreuen können.

Alle, die noch nicht dort waren, werden jetzt neugierig sein. Wie kann man denn die Atmosphäre vor Ort beschreiben? Wird es noch immer so viele Spiegel geben?
Wir haben mit einem Lichtdesigner von den Münchner Kammerspielen eine gelungene Mischung aus Nostalgie und Moderne umgesetzt. Es macht viel Spaß, das Flair des Deutschen Museum in ein neues Licht zu rücken.

Wie oft klingelt denn schon Ihr Telefon mit Buchungswünschen?
Wir haben viele schöne Anfragen. Im Moment stellen wir gerade die Preislisten und die Informationsbroschüren zusammen. Wir freuen uns, dass wir ab Anfang März mit der Munich Creative Business Week ein tolles Eröffnungsangebot an alle Münchner im Haus haben werden. Da kann sich jeder mal das Isarforum ansehen. Vor Ort wird in einer Art Festivalzentrum tolles Münchner und bayerisches Design präsentiert.

In der Stadt gibt’s keine schöneren Orte als an der Isar – und keine schönere Zeit als die Filmfestwoche. Sind schon Filmfestpartys und Empfänge eingetragen?
(lacht) Unsere Leitung ist für die gesamte Filmbranche offen.

Wie groß war denn zwischenzeitlich Ihr Muffensausen, einen so großen Raum auch tatsächlich voll zu bekommen?
Wir glauben, dass wir einen Raum geschaffen haben, der verschiedensten Veranstaltern – von der Weinmesse bis hin zur Mitgliederversammlung – tolle Möglichkeiten bietet. Wir hoffen, dass wir mit der Auslastung gut über die Runden kommen.

Die Feierwut in der Stadt ist ungebrochen?
Wir wollen nicht nur feiern. Feste sind was Schönes. Aber wir wollen in diesen Räumen auch Kultur und Ausstellungen haben, die wir auch mit rabattierten Aktionen anlocken wollen. Wir freuen uns auf alles, was auf uns zukommt.

Für jemanden, der selbst eine Veranstaltungsagentur betreibt, muss das doch ein Traum sein. Ist das Isarforum jetzt Ihr eigenes Theater? Kann man da kurzerhand bei schlechtem Wetter das Kino-Open-Air reinverlegen?
Nicht wirklich. Klar, meiner eigenen Firma und meinen eigenen Mitarbeitern steht die Telefonleitung genauso wie vielen anderen offen. Augenmerk der G.R.A.L. GmbH ist es ja, an den außergewöhnlichsten Orten ganz ungewöhnliche Sachen zu machen. Das Isarforum wird von einer eigenen Firma betrieben, an der ich nicht Mehrheitsgesellschafter bin. Deswegen ist die Verbindung nicht so eng. Das wird nicht unser Vereinsheim.

Sie drehen gerne Steine um in der Stadt – immer auf der Suche nach tollen Orten. Wie groß ist eigentlich der Druck, sich mit G.R.A.L.-Veranstaltungen jedes Mal selbst zu überbieten?
Ich sag’s mal so: In einer so dicht bebauten Stadt wie München war’s schon immer schwer, neue tolle, bislang quasi unentdeckte Räume aufzutun. Aber hinter jeder Ecke wartet die neue Herausforderung. Solange wir uns brav und ordentlich gegenüber jedem Vermieter verhalten, hoffen wir, immer neue Locations zu finden.

Und welcher Raum in der Stadt wäre mal Krönung des G.R.A.L.-Lebenswerks?
Da kann ich mich schlecht festlegen. Jede Veranstaltung braucht ihre ganz eigene Stimmung. Aber es gibt immer noch so viele Orte, nach denen die wir unsere Finger ausstrecken werden.

Interview: Rupert Sommer