Klassik im November: Zwischen Himmel und Hölle

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Mozart und sein „Don Giovanni“ inspirieren das Münchner Konzertprogramm im November.

Münchner Philharmoniker: 2. Kammerkonzert »Don Giovanni«

Mahler, Strauss oder Bruckner, das sind die Leib- und Magen-Komponisten der Münchner Philharmo- niker, deren Werke regelmäßig in der neuen Heimat des Orchesters, in der Isarphilharmonie auf dem Programm stehen. Eine liebgewonnene Tradition sind daneben aber auch die Kammerkonzerte des Ensembles. Der zweite Termin ist hier nun Wolfgang Amadeus Mozarts großem Verführer „Don Giovanni“ gewidmet. Diesmal jedoch ganz ohne Gesangsstimmen, sondern in einem Kammer-Arrangement aus dem Jahr 1788. Aus einer Zeit, als CDs oder Vinyl noch in weiter Ferne lagen und man sich die aktuellen Ohrwürmer nur in kleinerer Be- setzung in die heimischen vier Wände holen konnte. Im Künstlerhaus am Lenbachplatz wählen die Philharmoniker dafür nun eine Bearbeitung von Johann Nepomuk Wendt, der die berühmten Arien, Duette und Ensembles auf Flöte, Violine, Viola und Cello umverteilt hat. Es spielen Michael Martin Kofler, Clément Courtin, Burkhard Sigl und Sissy Schmidhuber. Und wer all die gescheiterten Eroberungsversuche nicht mehr so ganz im Hinterkopf hat, wird von Erzähler Franz Kasparek mit charmanten Zwischentexten durch die Handlung geführt.

Münchner Symphoniker: Bastian / Steinbacher / Uncommon Women

Chefsache ist selbstverständlich auch das erste Abonnement-Konzert der Münchner Symphoniker. Dirigent Joseph Bastian bleibt auch diesmal wieder dabei, das Schaffen bedeutender Komponistinnen von einst und jetzt ins Zentrum zu rücken. So beispielsweise die „Fanfare for the Uncommon Woman“, mit der die Amerikanerin Joan Tower ihrem Landsmann Aaron Copland einen ironischen Seitenhieb für seine „Fanfare for the Common Man“ verpasst. Eine Art Prolog zur Sinfonie Nr. 1 von Florence Price, die 1933 die erste Afroamerikanerin war, deren Musik vom Chicago Symphony Orchestra aus der Taufe gehoben wurde. Im Sinne der Gleichberechtigung ist im Prinzregententheater aber natürlich auch noch Platz für einen Quotenmann: Samuel Barber, dessen Violinkonzert von der bekannten Geigerin Arabella Steinbacher interpretiert wird. (7.10. Prinzregententheater)

Münchner Symphoniker: Saitenwandel mit Tjasha Gafner

Ein Wiedersehen mit Tjasha Gafner gibt es im November in den Räumen der Residenz. Vor zwei Jahren hatte die junge Schweizerin beim ARD-Musikwettbewerb im Fach Harfe von der ersten Runde an dominiert und am Ende nicht nur die Jury, sondern ebenfalls das Publikum auf ihrer Seite. Ihr damaliger Triumph bescherte ihr darüber hinaus auch gleich noch eine Einladung der Münchner Symphoniker, mit denen gemeinsam sie nun Musik von Claude Debussy und Camille Saint-Saëns präsentiert. Auf abendfüllende Länge kommt das Programm schließlich noch durch Mozarts „Jupiter“-Sinfonie. Es dirigiert Joseph Bastian. (15.11. Allerheiligen-Hofkirche)

Münchner Rundfunkorchester: 1. Sonntagskonzert „Transatlantic Sounds“

Die transatlantische Brücke schlagen schließlich die Damen und Herren des Münchner Rundfunkorchesters. Sie haben ein Programm aus Oper, Lied und Symphonik zusammengestellt, das die beiden Engländer Benjamin Britten und Ralph Vaughan Williams in einen musikalischen Dialog mit ihrem amerikanischen Kollegen Samuel Barber treten lässt. Er ist hier mit seinem bekannten „Knoxville: Summer of 1915“ und der Finalszene aus der Oper „Antony and Cleopatra“ vertreten, mit der seinerzeit der Neubau der Metropolitan Opera in New York eröffnet wurde. Ein reizvoller Kontrast aus Naturschilderungen und Opernpathos, der an der britischen Front seine Entsprechung in den „Four Sea Interludes“ aus „Peter Grimes“ findet. Abgerundet durch die fünfte Sinfonie von Ralph Vaughan Williams. Den authentischen Klang sollen dabei zwei Namen aus dem erweiterten Commonwealth garantieren: die australische Sopranistin Nicole Car und ihr Landsmann Nicolas Carter am Dirigentenpult. (12.10. Prinzregententheater)

Münchner Philharmoniker mit Clarissa Bevilacqua

Bei den Symphonikern meldet sich kurz darauf ebenfalls Steven Sloane am Pult zurück. Nach dem erfolgreichen Einstand mit Beethoven, steht dabei mit der „Schottischen“ von Felix Mendelssohn erneut einer der großen Klassiker des Repertoires im Zentrum des Interesses. Und man darf gespannt sein, ob dem Dirigenten auch diesmal wieder ein ähnlich frischer Zugriff gelingt, durch den man die Sinfonie eventuell in neuem Licht sieht. Als Gegengewicht hierzu setzt man auch das Violinkonzert von Johannes Brahms, mit dem sich der am Salzburger Mozarteum ausgebildete Geigen-Shooting Star Clarissa Bevilacqua dem Münchner Publikum vorstellen wird. (18.11. Isarphilharmonie)

Münchener Kammerorchester: Onofri / Zara / Rameau, Chin, Mozart

Das Münchener Kammerorchester hat jüngst mit einem großen Gala-Abend seinen 75. Geburtstag gefeiert. Und Schlag auf Schlag folgt nun umgehend das Konzert, das der Jubiläumssaison sein Motto „Wonderland“ gab. Denn im Prinzregententheater gibt Sopranistin Juliana Zara hier mit „Puzzles and Games“ eine kondensierte Fassung von Unsuk Chins „Alice in Wonderland“ zum Besten. Jene in München aus der Taufe gehobene Oper, die 2007 in einer Kritikerumfrage zur Uraufführung des Jahres gekürt wurde. Ergänzt werden diese elf Gesangsszenen durch eine Suite, die Jean-Philippe Rameau aus seiner Oper „Les Borreades“ destillierte. Geleitet wird der Abend von Enrico Onofri, der als Brücke zwischen Barock und Moderne Mozarts „Prager Sinfonie“ aufs Programm gesetzt hat. Eine Partitur, die unverkennbar die dunklen Energien des zeitnah entstandenen „Don Giovanni“ in sich trägt. (20.11. Prinzregententheater)

Fazil Say

Ein regelmäßiger Gast in Münchens Konzertsälen wird in der laufenden Saison der Pianist Fazil Say sein. Die erste seiner drei Matineen als „Focus-Artist“ steht dabei ganz im Zeichen von Wolfgang Amadeus Mozart. Unter anderem mit den Klavierkonzerten Nr. 1 und 21. Mit einem gewissen Augenzwinkern erwartet einen hier aber ebenfalls die berühmte Sonate Nr. 11 „Alla Turca“, der als Weltpremiere Says eigene Komposition „Derwisch-Rituale“ zur Seite gestellt wird. Begleitet wird der Star-Pianist vom Münchener Kammerorchester unter seiner Konzertmeisterin Cecilia Ziano und von Burcu Karadağ auf der Ney Flöte. (23.11. Prinzregententheater)

We got rhythm

„We got rhythm“ lautet das Motto beim Bayerischen Staatsorchester, das für sein anste- hendes Sonderkonzert das Nationaltheater verlässt und der Isarphilharmonie einen Be- such abstattet. Und Kenner ahnen natürlich schon, dass bei so einem Titel natürlich George Gershwin eine wichtige Rolle spielen muss. GMD Vladimir Jurowski und sein Orchester feiern hier den 100. Geburtstag des „Concerto in F“. Ein Werk mit dem sich die Broadway-Legende auch im klassischen Konzertsaal etablierte. Zur Aufführung bringt Pianist Marc-André Hamelin dabei die frisch editierte Urtext-Ausgabe, die das faszinierende Werk von späteren Retu- schen befreit und in seiner Originalgestalt präsentiert. Und auch der Rest des Pro- gramms bleibt fest in den USA verwurzelt. Mit der „Symphonette No. 2“ von Morton Gould, Bernsteins „Three Dance Variations“ sowie weiteren Ohrwürmern des Gershwin Songbook. Interpretiert von Mezzo Natalie Lewis. (25.11. Isarphilharmonie)

MaxChor: Benefizkonzert für das Caritas-Babyhospital in Betlehem

In den Dienst der guten Sache stellt sich Ende des Monats der MaxChor, der sein Stammhaus, die Kirche St. Maximilian im Glockenbachviertel für einen Abend verlässt und in den Herkulessaal übersiedelt. Bei ei- nem Benefizkonzert zu Gunsten des Caritas Baby Hospital in Bethlehem, des einzigen Kinderkrankenhauses im Westjordanland, stehen hier unter anderem Orffs unverwüstliche „Carmina burana“ auf dem Plan. Ergänzt durch Beethovens Opus 80, die „Fantasie für Klavier, Chor und Orchester in c- Moll“, sowie die Uraufführung von Lucio Mosé Benaglias „The Song of Simeon“. Die Solostimmen kommen aus dem Ensemble der Bayerischen Staatsoper, am Flügel ist Pianistin Aenne Forster zu erleben. Die musikalische Gesamtverantwortung liegt in den Händen von Chorleiter Gerald Häußler. (28.11. Herkulessaal)

Beim Sonntagskonzert des Münchner Rundfunkorchesters schließt sich der thematische Kreis unserer Empfehlungen mit einem weiteren Werk, das es ohne „Don Giovanni“ nicht gegeben hätte. Der französische Komponist Ferdinand Hérold hatte Mozarts Meisterwerk 1815 in Wien kennengelernt und sich dadurch zu seiner Opéra Comique „Zampa oder Die Marmorbraut“ inspirieren lassen. Mit dem Korsaren Zampa steht auch hier ein notorischer Schwerenöter im Mittelpunkt, der die Braut eines anderen verführen möchte. Und wie schon beim großen Vorbild, ist es erneut ein steinerner Gast, der im Finale für die entscheidende Wendung sorgt. Die musikalische Leitung dieser Rarität liegt in den Händen von Erik Nielsen, der schon wiederholt sein Gespür für das französische Repertoire bewiesen hat. Für den authentischen Klang sorgt ein muttersprachliches Ensemble, das von Tenor Julian Dran angeführt wird. Weitere zentrale Partien übernehmen Hélène Carpentier und Cyrille Dubois. (30.11. Prinzregententheater)