Ein paar Gedanken zur Causa „Bier- und Chipsverbot“ im Univiertel.
Das waren seltsame zwei Wochen im August. Und peinlich war’s obendrein, als KVR und Stadtrat der „Weltstadt mit Herz“ (Slogan der Stadt 1962 – 2005) den ohnehin erst seit Kurzem offenen Spätis im Uni-Viertel den Chips- und Bierverkauf nach 22 Uhr verboten hatten. Anwohner hatten sich im Vorfeld beklagt, prompt wurde das Verbot ausgesprochen, die Satirepartei „Die Partei“ rief zur Demo gegen das Verbot aus und der zweite Bürgermeister Dominik Krause kippte das Verbot nach zwei Wochen direkt wieder. Insgesamt ein recht kurzes Drama, doch schlug es Wellen. So gingen z.B. Bilder durch die Medien: Etwa das von Kioskbetreiber Al Bezhi Nechirvan, der zeigt, wie er um 20 Uhr mit einem Rollo sein Knabbereien-Regal bedecken muss. In Zuschauern deutschlandweit regte sich Kopfschütteln und unterbewusst die Erkenntnis: Schon blamabel provinziell für eine Millionenstadt!
Dazu ein weiterer Fakt: Der Verkauf von Chips nach 20 Uhr wurde gar nicht verboten, er war laut Gaststättengesetz in der Sperrzeit auch vorher nicht erlaubt. Sie bleiben also hinterm Rollo. Erneut Kopfschütteln. Exkurs: Bei Pringles versteh ich’s, die haben einen heftigen Crunch, aber alles aus dem Hause Chio lässt sich doch ganz dezent essen.
Verlorene Coolness
Es scheint aktuell so, als habe sich die Landeshauptstadt mit dem bürokratischen Hin-und-Her über Nichtigkeiten in Puncto Coolness ein ganz schönes Ei gelegt: Die beliebte Diskussion „Welche Stadt ist attraktiver: München oder Berlin?“ kann man direkt auf Eis legen. War aber wohl ohnehin immer ein Thema, das nur hier erörtert wurde, während man im Norden mit Mitternachts-Chipsresten zwischen den Zähnen müde lächelte.
Im Aprilheft hatte ich mich noch gefreut, dass die Spätis so unbürokratisch sprießen durften, jetzt muss die Politik ihnen auch zeigen: „München mag dich“ (Slogan der Stadt 2005-2015). Und an uns als Stadtgesellschaft geht der Appell: Weltstädter sein, heißt auch sich in der Metropole verhalten zu können und wenn ich da von Lachgas-Konsum und Müllverschmutzung lese, denke ich, dass wir da durchaus noch einigen Spielraum für Verbesserungen haben.
Sicher ist: Wenn sich der aktuell auf dem Rücken der Spätis, der Feiernden und Anwohnenden des Univiertels ausgetragene Wahlkampf allzu sehr am Thema Bierverkauf im Univiertel festsetzen sollte, erweisen die Beteiligten dadurch unserer Stadt einen Bärendienst. Die Spätis darben vor sich hin, das Leben in der Stadt wird langweiliger und bundesweit wirkt unsere Stadt durch so einen spießigen Grabenkampf noch biederer als ohnehin schon. Oder ist das eben „Einfach München“ (Slogan seit 2015)?