Kleine und große Festivals sorgen im Sommer für die musikalische Grundversorgung
Mark Twain hat es einmal wunderbar auf den Punkt gebracht. „Der Sommer ist die Zeit, in der es zu heiß ist, um das zu tun, wozu es im Winter zu kalt war.“ Und ja, es gibt wohl kaum etwas Besseres als einen kleinen Ausflug vor die Tore Münchens, um zumindest kurz der drückenden Hitze der Großstadt zu entfliehen. Doch zum Glück muss man für so eine Landpartie keineswegs den Musikgenuss opfern. Schließlich bieten zahlreiche kleine Festivals Gelegenheit, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden.
Klassiktage Ammergauer Alpen in Bad Kohlgrub
Die Klassiktage Ammergauer Alpen in Bad Kohlgrub beenden ihr diesjähriges Programm mit einer Hommage an Antonín Dvořák. Mit einer Erinnerung an die Zeit, als man noch voller Optimismus in die „Neue Welt“ blickte. Auf dem Programm steht jedoch nicht die gleichnamige Symphonie, sondern das Streichquartett Nr. 12, zu dem der Komponist ebenfalls durch Melodien inspiriert wurde, die er bei seinem Aufenthalt in den USA kennenlernte. Kombiniert wird dieses ohrwurmträchtige Werk mit einem heute eher selten gespielten Komponisten, dessen Duo für Violine und Violoncello gerade hier besondere Aufmerksamkeit gebührt. Immerhin hat Wilhelm Keilmann, der Jahre am Münchner Richard Strauss-Konservatorium wirkte, in Bad Kohlgrub die letzten Jahre seines Lebens verbracht. Dargeboten werden diese beiden Werke von Elisabeth Harringer-Pignat, Laurent Weibel, Andreas Willwohl, Dominik Ostertag, Xavier Pignat und Josef Gilgenreiner, die sich am Ende dann noch gemeinsam der „Sinfonia concertante“ KV 364 von Mozart widmen. (2.8. Vortragssaal, Bad Kohlgrub)
Musikfest Blumenthal
Oben im Nordwesten geht es nahezu zeitgleich auch beim Musikfest Blumenthal in Richtung Zielgerade. Und dafür wird im gleichnamigen Schloss groß aufgefahren. Nachdem in den Tagen zuvor neben Kinderkonzerten auch Barockes und Bayerische Volksmusik im Kalender stehen, gehört das Finale Felix Mendelssohn, der mit seiner Ersten vertreten ist. Sowie Ludwig van Beethoven, dessen „Schicksals- Symphonie“ das Festival 2025 beendet. Es spielt die Camerata Vitilo unter der Leitung von Yuki Kasai, die man als Konzertmeisterin des Münchner Kammerorchesters wohl nicht mehr groß vorstellen muss. (3.8. Schloss Blumenthal, Aichach-Klingen)
Ahnst du?
Ganz still wird es zum Glück aber auch innerhalb der Münchner Stadtgrenzen nicht. Denn auch hier gilt es mit dem 100-jährigen Bestehen der Studienstiftung des Deutschen Volkes ein bedeutsames Jubiläum zu feiern. Zu hören ist dabei in der Isarphilharmonie mit Beethovens Neunter ein Werk, das zu solchen Anlässen gerne mal aufs Programm gesetzt wird. Diesmal jedoch mit einem interessanten Twist. Wird das Finale mit der berühmten „Ode an die Freude“ doch in der Instrumentierung von Gustav Mahler erklingen. Und natürlich ließ man es sich nicht nehmen, zum Jubiläum auch selbst ein neues Werk in Auftrag zu geben. „Ahnst du“ von Komponistin Charlotte Seither, die eins selbst Stipendiatin war und sich nun mit den von Beethoven nicht vertonten Schiller-Versen beschäftigte. Der Chor und das Orchester der Studienstiftung werden von Martin Wettges geleitet. Die Solopartien in der „Ode an die Freude” übernehmen Ania Vegry, Katharina Magiera, Thaisen Rusch und Malte Roesner. (3.8. Isarphilharmonie)
Klassik im Museum
Zu den großen klassischen Dauerbrennern, egal, ob nun Open Air oder im Konzertsaal, zählen von jeher auch „Die vier Jahreszeiten“. Vivaldis großer Wurf, den man im August gleich dreimal in höchst unterschiedlichen Konstellationen erleben kann. Unter anderem bei der Reihe „Klassik im Museum“, für die sich der Kanonenhof im Bayerischen Nationalmuseum zur Konzertbühne verwandelt. Als Solistin konnte hier mit Veriko Tchumburidze eine vielfach preisgekrönte Geigenvirtuosin gewonnen werden, die gemeinsam mit den Residenz Solisten ihre Sichtweise vorstellen wird, ehe es danach mit Musik von Albeniz in Richtung Spanien geht. Mit „Asturias“ und anderen Ohrwürmern wird dann Gitarrist Leonard Becker das Programm ausklingen lassen. (9.8. Bayerisches Nationalmuseum)
The Twiolins in Schloss Blutenburg
Auf Kontrastfarben setzen auch The Twiolins alias Marie-Luise Dingler und Marta Danilkovich. Die beiden Gei- gerinnen kündigen im Schlosshof der Blutenburg nämlich gleich „Eight Sea- sons“ an. Die einzelnen Episoden aus Vivaldis Opus 8 werden von ihnen da- bei mit Melodien der argentinischen Tango-Legende Astor Piazzolla verwoben, die auf so assoziationsreiche Namen wie „La Muerte del Angel“, „Fuga y Misterio“ oder „Adios Nonino“ hören. Ein spannendes Projekt, das eine Brücke zwischen Epochen, Kontinenten und Musikstilen schlägt. (10.8. Schloss Blutenburg)
Vivaldi pur bieten dagegen am selben Abend die Originalklang-Spezialisten der Hofkapelle München. Sie kombinieren im stimmungsvollen Ambiente von Schloss Schleißheim die „Quattro Stagioni“ mit weiteren Streicher-Concerti, sowie mit dem Concerto in d-moll für zwei Violinen, Cello und Basso continuo. Die musikalische Leitung liegt wie immer in den Händen von Rüdiger Lotter, der natürlich auch die Führungsposition in den „Jahreszeiten“ übernimmt. (10.8. Schloss Schleissheim)
Kammermusikfestival Landshut
In seine dritte Runde startet Ende August das Kammermusikfestival Landshut. Unter der künstlerischen Leitung des Geigers Mikhail Pochekin stehen hier sechs Konzerte im Kalender, die rund um vier Komponisten kreisen, deren Jubiläum das Jahr 2025 prägen. Maurice Ravel, Béla Bartók, Dmitri Schostakowitsch und Ernst von Dohnányi, die im Kontext ihrer Zeitgenossen beleuchtet werden. Dafür hat Pochekin, der gleich bei fünf Konzerten selbst mit ins Geschehen eingreift, eine Reihe von befreundeten Musikerinnen und Musikern nach Landshut geladen. Worunter sich neben Tanja Tetzlaff, Michail Lifits oder Valentin Uryupin auch der Name von Jano Lisboa, dem Solo-Brat- scher der Münchner Philharmoniker findet. (27.-31.8. Rathausprunksaal, Landshut)
Opera Incognita: Alceste von Christoph Willibald Gluck
Die große Oper spielt sich in den Sommermonaten vor allem zwischen Bayreuth, Bregenz und Salzburg ab. Trotzdem müssen auch Musiktheater-Fans, denen die Festspiel-Städte zu weit entfernt oder zu teuer sind keineswegs darben. Denn die Lücke, die sich hier in der Landeshauptstadt auftut, wird zum Glück auch jetzt wieder von der Opera Incognita gefüllt. Das umtriebige Ensemble rund um Regisseur Andreas Wiedermann und den musikalischen Leiter Ernst Bartmann feiert in diesem Jahr sein 20-jähriges Jubiläum. Begonnen hatte die Erfolgsgeschichte einst 2005 mit Christoph Willibald Glucks „Armide“. Und so lag es nahe, den Kreis nun mit einem weiteren Meister- werk des großen Opernreformators zu schließen. Seine „Alceste“ basiert auf dem antiken Mythos rund um die Königin Alkestis, die aus Liebe dem Willen der Götter trotzt und bereit ist an Stelle ihres Gatten in den Tod zu gehen. Spannend dürfte die Geburtstags- Produktion nicht nur in musikalischer Hinsicht werden, sondern auch durch den Auf- führungsort. Mietet sich die Opera Incognita doch diesmal im Klinikum Großhadern ein. In der Titelrolle ist die wandlungsfähige Mezzosopranistin Carolin Ritter zu erleben, die mit dem Ensemble zuletzt unter anderem in „Mazeppa“ oder „Akhnaten“ von Philip Glass begeisterte. (29./30.8. Casino, Klinikum Großhadern)