Puschelig: EMMANUEL PETERFALVI tritt mit „Alfons – jetzt noch deutscherer“ am 12. Januar im Prinzregententheater auf.
Herr Peterfalvi, Ihre Fans kennen und lieben Sie als Straßenreporter mit dem berühmten Puschel-Mikro – und natürlich mit der ollen Trainingsjacke. Wie kam Alfons eigentlich auf die Bühne?
Sehr schnell. Die Umfragerei auf der Straße hat Spaß gemacht und Alfons bekannt gemacht, aber ich wollte mehr. Ich will euch zum Lachen bringen – klar –, aber ich möchte auch eure Herzen erreichen. Mit diesem Programm scheint mir das besonders zu gelingen. Einige sehen es schon zum dritten Mal.
Ihr neues Programm ist viel persönlicher als frühere Arbeiten. Es geht um Fragen von Heimat, Zugehörigkeit, aber auch um die Vorgeschichte Ihrer Familie – und Ihre Großmutter, die Auschwitz überlebte. Hat es Überwindung gekostet, so offen zu sein?
Ich glaube, ein Künstler ist erst dann gut, wenn er sich wirklich öffnet und nicht überlegt: Was wird ankommen? Aber es ist kein Programm über meine Familie oder über Auschwitz. Es ist ein lustiges Programm, bei dem man viel lacht – und es gibt sehr stille Stellen. Vor allem ist es ein Programm über Versöhnung, Umarmung und Menschlichkeit. Etwas, das wir gerade ein bisschen vergessen.
Sie spielen stark mit Identität und kulturellen Unterschieden. Wie lange hat es gedauert, bis Sie sich nicht nur deutsch fühlen, sondern „noch deutscherer“?
Dass ich mich „deutscherer“ fühle, kam relativ schnell. Offiziell wurde es 2017, als ich eingebürgert wurde. Eigentlich bin ich zufällig nach Deutschland gekommen und wollte nur kurz bleiben. Aber dann habe ich gemerkt: Das ist mein Land, das ich liebe. Ich sehe viele Dinge, die euch gar nicht bewusst sind – unglaublich tolle Dinge. In Deutschland ist Meckern Volkssport, aber das spiele ich nicht mit. Ich habe mich in dieses Land und seine Menschen verliebt.
Warum nehmen denn viele Deutsche das Positive oft erst auf den zweiten Blick wahr?
Vielleicht ist es Gruppendynamik. Und ich bin da, um diese Dynamik etwas zu zerstören – mit Humor. Ich will euch im Spiegel zeigen, was euch liebenswert macht, was ihr manchmal vergesst, wenn man ständig hört: „Wir sind schlecht, nichts läuft.“ Das glaube ich einfach nicht.
Wie schön. Was ist denn Ihr Lieblingsaspekt an Deutschland – so unmittelbar wie die französische Küche oder die tollen Urlaubslandschaften, an die wir sonst immer denken, wenn es um das Nachbarland geht?
Es sind die Menschen und das Zusammenleben. Diskussion gehört zu den Menschen, und die Diskussion in Deutschland ist reifer als in Frankreich.
Ihr Programm lebt stark auch von Ihrer überbordenden Kreativität, die offenbar schon früh bei Ihnen angefangen hat – mit einer anarchischen Schüler-Radiostation. Woher kommt denn Ihre Lust am Geschichtenerzählen?
Kreativität steckt in jedem Menschen. Ich habe mich im Fernsehen ausgelebt, jetzt mache ich es auf der Bühne. Eigentlich bin ich ein Geschichtenerzähler. Manche Geschichten sind lustig, andere gehen tiefer. Das ist das, was ich liebe.
Trotzdem: Beim Fernsehen, wo Sie ja unter anderem „Zapping“ mitentwickelten, kann man sich auch ein wenig hinter der Technik – oder den Rollen – verstecken. Auf der Bühne steht man viel unmittelbarer vor den Leuten. Wie gehen Sie mit Lampenfieber um?
Natürlich habe ich Lampenfieber. Das gehört zu jedem Auftritt – zum Glück. Ich mache das nicht seit gestern und weiß, dass es komisch wäre, wenn es nicht da wäre.
Ihr Programm läuft seit Langem erfolgreich. Wie viel ändern Sie in der Zwischenzeit noch, dass man jeden Abend etwas Unterschiedliches erlebt?
Nicht viel unterschiedlich. Mal ein bisschen Tagesaktualität oder Reaktion auf etwas im Saal, aber es ist kein Impro-Programm. Die Form steht.
Viele würden sicher gerne direkt mit Ihnen diskutieren. Gibt es eine Form von Publikumsbeteiligung?
Nein. Ich interviewe niemanden und habe das Kuschelmikrofon nicht dabei. Niemand muss Angst haben. Das Programm funktioniert ohne Publikumsinteraktion.
Sie arbeiten viel mit Schulklassen. Warum ist Ihnen das so wichtig?
Viele Lehrkräfte sagen mir: „Meine Schüler:innen müssen das sehen.“ Deshalb reservieren wir bei einigen Vorstellungen Reihen für Schulklassen. Ich briefe die Jugendlichen vorher – und es funktioniert immer. Am nächsten Tag mache ich Workshops zum Thema Demokratie. Das ist mir wichtig. Der Begriff wird missbraucht, Feinde der Demokratie sehen sich als beste Demokraten. Ich rede mit Jugendlichen darüber, ehrenamtlich. Dafür habe ich auch die Grand-Mère-Stiftung gegründet.
Trotz schwieriger politischer Zeiten: Sehen Sie Chancen für Europa?
Zwänge machen kreativ. Vielleicht brauchen wir das, um voranzukommen. Alles, was ich beruflich mache, mache ich in Deutschland – auch ehrenamtlich. In Frankreich bin ich nur im Urlaub.
Ihr Programm heißt „Jetzt noch deutscherer“. Ein bisschen muss man da ja rätseln: Was dürfen sich die Zuschauer erwarten?
Ich kann versprechen: Dieser Abend wird euch überraschen – positiv, hoffe ich. Ich ahne, welche Erwartungen man an ein Alfons-Programm hat, und genau diese Erwartung wird es überraschen. Wenn Leute zum dritten Mal kommen, dann weiß ich: Es macht etwas mit ihnen.
Charmeur mit Haltung: Emmanuel Peterfalvi, der hinter seiner beliebtesten Kunstfigur Alfons steckt, kam 1991 von Paris nach Hamburg, um dem Wehrdienst in Frankreich zu entgehen. Und dann gefiel es ihm, zunächst beim Fernsehen, unter Deutschen so gut, dass er blieb – und sich 2017 auch einbürgern ließ. Der Kulturbotschafter der Herzen und der guten Laune, Träger des Bundesverdienstkreuzes, brilliert nicht nur auf Bühnen, sondern engagiert sich stark in der Jugendarbeit. Pflichttermin, Herrschaften: 12.1. im Prinzregententheater.
