Kultur im Lockdown

Interviewreihe zu einem Jahr Lockdown: Teil 2 mit Christiane Brammer vom Hofspielhaus 

Christiane Brammer vom Hofspielhaus
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Christiane Brammer vom Hofspielhaus

Genau ein Jahr nach dem coronabedingten Lockdown wollen wir mit den betroffenen Betreibern, Veranstaltern und Kreativen über die damaligen Geschehnisse, ihre aktuelle Situation und über die Zukunft sprechen.

Mit der Veröffentlichung des Ministerialblatts „Veranstaltungsverbote und Betriebsuntersagungen anlässlich der Corona-Pandemie“ vom 16. März 2020 mussten die meisten kulturellen Einrichtungen im vergangenen Jahr Ihren Betreib einstellen… viele bis heute.

Im zweiten Teil unserer Interviewreihe haben wir Christiane Brammer vom Hofspielhaus über ihre Schließungsklage, das Treffen mit Markus Söder, selbstgetrunkene Getränkereserven und ihre Pläne für die Zukunft gesprochen.

Hallo Frau Brammer, wie geht es Ihnen und wie fühlt es sich momentan an, Intendantin eines freien / unabhängigen Theaters zu sein?
Danke der Nachfrage. Mir geht es gut, ich bin voller Tatendrang. Und da unabhängig, auch frei. Das hilft. Wir proben, machen einen Podcast, bereiten ein Café mit Theatergalerie und Kunstwerken mit akustischen Theatererlebnissen vor und warten auf die Öffnung, vielleicht ab dem 22.3.

Wie sind Sie persönlich und wie das Hofspielhaus über die letzten 12 Monate gekommen?
Auf und ab, doch mit vielen interessanten Vorstellungen, Premieren, Begegnungen, Unterstützungen durch unsere Zuschauer*innen und neuen Projekten, wie Theater für alle ohne Eintritt, auf Plätzen außerhalb des Hofspielhauses für jung und alt, möglich u.a. durch den Bezirksausschuss 1 Altstadt/Lehel. Das möchte ich unbedingt in diesem Sommer wieder machen.

Interviewreihe zu einem Jahr Lockdown

Hier gehts zu Teil 1 mit Richard Distler vom Neuraum & Nachtgalerie
Hier gehts zu Teil 3 mit Kultur-Multi-Manager Till Hofmann
Hier gehts zu Teil 4 mit Konzertveranstalter Frank Bergmeyer

Haben sie Förderungen beantragt und schließlich auch erhalten?
Wir haben Geld durch den bayerischen Theaterrettungsschirm und die Soforthilfe bekommen, Damit konnte ich Unkosten begleichen, Produktionen verwirklichen und die Gagen der Künstler und meiner Mitarbeiter bezahlen, obwohl die Einnahmen ja sehr gering waren.

Ist man ihnen bei der Miete entgegengekommen?
Die ersten Monate ja, dann konnte ich ja durch die erhaltenen Gelder die Miete bezahlen.

Mussten sie auch ihre bereits bestellten und bezahlten Getränke (Bier, Säfte etc.pp) wegschütten? Wenn ja, können Sie so etwas geltend machen?
Leider wurde nichts zurückgenommen und geltend machen konnte ich auch nichts, doch bei uns wird nichts weggeschüttet, denn wir, meine Mitarbeiter*innen und die probenden Künstler*innen, haben sie einfach ausgetrunken.

Das Hofspielhaus in der Falkenturmstraße

Konnten sie alle ihre Angestellten / ihr Personal behalten?
Ja und ich werde mich für alle einsetzen mit meiner Arbeitskraft. Für die Festangestellten, die Künstler*innen, die Studierenden und die Freien Mitarbeiter*innen.

Ende Oktober 2020 haben sie Klage gegen die Schließung eingereicht. Was ist daraus geworden? Wie weit sind Sie damit gekommen?
Der Eilantrag Anfang November wurde abgelehnt, jedoch warte ich auf die Entscheidung in der Hauptsache. Ich habe Vertrauen in den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof und gehe davon aus, dass ich recht bekomme, dass man die Kultur zu diesem Zeitpunkt nicht pauschal hätte schließen dürfen. Denn es gibt im Grundgesetz den Gleichbehandlungsgrundsatz und Bayern ist laut seiner Verfassung, Artikel 3, ein Kulturstaat und hat nach Artikel 140 Kunst und kulturelles Leben zu fördern.

Bei der BR-Sendung „Jetzt red i“ Ende Februar hatten sie die Möglichkeit den Ministerpräsidenten zur Rede zu stellen. Wie war ihr Treffen mit Markus Söder und mit was für einem Gefühl gingen sie aus dem Gespräch?
Eine Live-Sendung ist immer aufregend und vergeht wie im Flug. Ich habe hinterher viel Zuspruch bekommen.

Nach einem Jahr Kulturlockdown, was überwiegt bei Ihnen: Fassungslosigkeit über die politische Willkür – auch was die Schließungen anbelangt – und das darüber noch hinaus gehende Versagen der Staats- und Bundesregierung in Sachen Impfungen und Tests, oder doch einfach nur die Hoffnung es bald überstanden zu haben?
Am Anfang war ich geschockt, dann pragmatisch und flexibel. Man gewöhnt sich, jetzt bin ich abwartend und wäge ab. Aber ich werde immer für die Kultur kämpfen.

Was glauben Sie, wie es weitergeht? Welche Öffnungsperspektiven gibt es ihrer Meinung nach? Für das Hofspielhaus? Wie schätzen Sie die Situation für die gesamte Kulturbranche ein?
Das Hofspielhaus kann sofort aufmachen! Wir haben ein schlüssiges Hygienekonzept, einen persönlichen Virologen und zwei tolle Stücke, den Kontrabass von Patrick Süskind mit dem wunderbaren Michael A. Grimm und Richard III. von William Shakespeare mit dem internationalen Star Götz Otto, die premierenreif sind. Nur müssen wir abwarten, wie es dann wirklich laufen wird. Für die Kulturbranche sehe ich die Zukunft nicht so düster. Ein Abend mit Künstler*innen auf der Bühne, die direkte Begegnung ist durch nichts zu ersetzten. Und das wird von den Kulturliebhabenden sicher sehnlichst erwartet. Wir müssen nur durchhalten!

Wie steht es um die Zukunft des Hofspielhauses? Um ihre persönliche? Die ihrer Mitarbeiter*innen?
Im Hofspielhaus wird es weitergehen. Und das sicher noch einige Jahre. Ich drehe viel und arbeite viel, es macht mir Spaß und Freude mit meinen treuen Mitstreiter*innen weiter künstlerische Projekte zu entwickeln und für unsere Gäste da zu sein. Und eine wunderbare Mitarbeiterin bekommt ein Baby, also alles ist im Fluss und wir werden weitermachen.

Worauf freuen Sie sich wenn die Seuche endlich vorbei ist?
Auf freie Theateraufführungen und ein kühles Bier mit vielen Freundinnen.

Interview: Gerald Huber