Ortsgespräch: Schauspielerin Christine Eixenberger

Auf der Bühne und ab sofort in der eigenen Satire-Sendung im Fernsehen: CHRISTINE EIXENBERGER steckt mit rotzfrecher Energie an.

Frau Eixenberger, wer aus dem Oberland kommt, steht oft im Ruf, sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen zu lassen – weil man dort sowieso fast alles richtig macht und es angeblich keine bessere Gegend fürs Großwerden gibt. Wie viel davon stimmt eigentlich, wenn Sie auf sich selbst schauen?

Auf jeden Fall ist das Land die beste Gegend zum Großwerden! Mit vier Monaten sitzt du auf deinem ersten Bobby Car, mit vier Jahren mähst du mit dem Traktor deine erste Wiesn und mit vierzehn hast du deinen ersten Vollrausch auf dem Volksfest. Also schneller groß werden wir in jedem Fall! Aber jetzt mal ernsthaft: Die Berge, die Natur geben mir schon viel Ruhe und Gelassenheit. Zumindest bis ich ins Auto steige und irgendein Hosenbiesler vor mir fährt, der inner- und außerorts mit 60 km/h vor sich hin tuckert.

Sie haben sich ja zunächst einmal fürs Grundschullehramt entschlossen. Wie sehr spricht das für eine natürliche Unerschrockenheit – und wie schnell war’s mit der dann vorbei?

Vielleicht geht es weniger um Unerschrockenheit als um Passion. Kindern in dem Alter etwas beibringen zu dürfen, ist ein Privileg und wird viel zu oft unterschätzt. Wahrscheinlich wäre ich dem Klassenzimmer treu geblieben, hätte das Kabarett nicht meinen Weg gekreuzt. Aber es ist natürlich verlockend, wenn das Publikum plötzlich Eintritt zahlt. (lacht)

Christine Eixenberger (c) Sarah Domandl

Woher kam bei Ihnen dann der Drang, sich und anderen die Welt ein wenig vor die Brust zu nehmen – auf der Kabarettbühne?

Der Wunsch hat sich tatsächlich erst mit den Jahren entwickelt. Ich hatte jemanden in meinem Freundeskreis, der mehr in mir gesehen hat als ich selbst: Mein heutiger Co-Autor und Mentor Tobias Öller. Als ich damals noch Jura in Passau studiert habe, rief er mich an und meinte, er würde gerne endlich etwas zu zweit auf der Bühne machen. Bei mir stand gerade Baurecht vor der Tür, da kam mir dieses Angebot gerade recht und ich sagte zu. Eines kam zum anderen, sodass ich schließlich mein Jura-Studium erfolgreich abbrach. Man kann also sagen, dass ich erst durch die Erfahrung auf der Bühne zu stehen auch tatsächlich auf der Bühne stehen wollte.

Wie sehr hilft es eigentlich auch persönlich weiter, wenn man die Dinge nicht nur kritisiert, sondern über Politik, Großkopferte und Wichtigtuer auch lachen kann?

Humor empfinde ich als absolut essenziell. Das ist mein Anker, mein Coping-Mechanismus, der das Leben oft ein bisschen leichter macht. Ohne Humor würde mir manchmal der Schädel platzen. Außerdem gehen Kritik und Humor im Kabarett ja Hand in Hand. Ein perfektes Pärchen, wie ich finde. Nie kann man Kritik schöner, treffender und facettenreicher servieren als mit dem richtigen humoristischen Handwerkszeug.

Als Lehrerin hatte man ja schon einen Rundum-Arbeitstag, beim Texte-Lernen als Schauspielerin sicher auch. Aber ist man als Kabarettistin nicht tatsächlich immer im Dienst – wenn man einfach nur einkaufen, in die Wirtschaft oder spazieren geht?

Na ja, man blickt schon sehr aufmerksam auf seine Umwelt, das ist sicher richtig. Einkäufe dauern so häufig ein bisschen länger – kann schon mal sein, dass du zwischen Rucola und Rote Beete die ein oder andere Story mitbekommst, die interessant sein könnte. Beim Besuch im Café mit Freundinnen oder Freunden höre ich mich nicht selten den Satz sagen: „Moment, des muas i mir aufschreim!“ Aber wenn man Interesse an Menschen und ihren Geschichten hat und das dann auch noch beruflich machen darf: Was will man mehr?

Wie gut können Sie eigentlich auch mal weghören, wenn Menschen ums sie herum Blödsinn reden – etwa in der U-Bahn?

Da Hinhören zu meinem Beruf gehört, höre ich selten weg. Und im Zweifel gäbe es ja Kopfhörer. Wobei ich sagen muss, dass es schon manchmal Situationen gibt, in denen ich nur noch körperlich anwesend bin. In Fällen von Mansplaining beispielsweise. Wenn Männer mir nach der Show mein Handwerk erklären wollen: „Na, war guad, aber…i hätt’s anders g’macht!“ Fängt dann der nächste Satz an mit „Kennst du den schon…?!“, bekomme ich häufig einen etwas glasigen Blick.

Christine Eixenberger verdonnert jede Woche Politikerinnen und Politiker, Parteien, Organisationen oder Personen des öffentlichen Lebens, die sich aktuell nicht mit Ruhm bekleckert haben, zum „Nachsitzen“! In jeder Folge begrüßt die Gastgeberin zwei Größen aus Kabarett und Comedy. Beide Gäste haben jeweils zwei Nominierungen dabei. Jeder hält ein persönliches Plädoyer für seine beiden Vorschläge. Wen wollen sie gerne zum Nachsitzen schicken?

Wie sieht bei Ihnen der Weg einer ersten Idee hin zum Programm und dann auf die Bühne aus?

Das ist schwer zu sagen. Ich schaue mich meist in meinem Umfeld um und frage mich: Was bewegt die Leute gerade? Vor was haben sie Angst, was berührt sie? Wenn dann das Thema für das Programm steht, wie aktuell der Kontrollverlust ob der vielen Krisen und Kriege, den viele Menschen spüren, bespreche ich mich mit meinem Co-Autor, wir werfen Ideen zusammen, schreiben, ratschen, schreiben wieder, ratschen, schreiben und so weiter. Und dann wird das Ganze auf der Bühne ausprobiert, bis man feststellt: Das eine funktioniert und bei so manch anderem hat man sich beim Schreiben gedacht: „Wahnsinn – ich bin ein Genie! Das ist ja ein Brüller!“ Aber das Publikum denkt sich nur: Naja… Und reagiert auch entsprechend.

An der Schule hätten Sie ja fast Beamtin werden können, ist eine feste Sendung beim BR eigentlich – mit Blick auf den gesicherten Lebensabend – fast das Gleiche?

Im Film- und Fernsehgeschäft ist nichts sicher. So auch bei „Nachsitzen mit Christine Eixenberger“. Wir machen jetzt erst einmal vier Folgen und dann „schaun ma weida“. Natürlich würden wir gerne weitere Folgen drehen, aber dazu muss es den Zuschauer*innen auch gefallen. Also, liebe Leute: Einschalten! Und streamen in der ARD Mediathek! Wenn’s euch gefällt. Wenn nicht: Auch.

Sie nennen Ihre neue Sendung „Nachsitzen mit Christine Eixenberger“: Wie groß ist die Angst, dass da überhaupt Leute kommen?

Also, das Publikum muss ja nicht nachsitzen, sondern Politiker*innen, Unternehmen, Organisationen, Personen des öffentlichen Lebens, die sich in letzter Zeit einen Fauxpas geleistet haben. Unser Publikum ist safe, die Gäste auch. Keine Angst! (lacht)

Nachsitzen war ja immer gefürchtet: Welche Art von „Gäste“ wollen Sie einladen – und wie viel Belastbarkeit müsse die mitbringen?

Wie gesagt, die Gäste, also Größen aus der Kabarett- und Comedyszene, sind ja diejenigen, die jeweils zwei Nominierungen mitbringen – und das Publikum im Studio entscheidet dann am Ende der Show, wer den „Blauen Brief“ bekommen soll. Welche Gäste in die Sendung kommen, darf ich leider noch nicht verraten. Aber man darf sich freuen! Und frau auch.

Besonders stark auf den Wecker gehen ja oft die hyperaktiven, narzisstischen Klassenclowns, die man nicht nur aus der Schule kennt. Ihr Tipp: Wie bändigt man sie am besten?

Puh, da müssten Sie jetzt mein näheres Umfeld fragen, denn Sie sprechen hier mit einem hyperaktiven Klassenclown. (lacht) Im besten Fall rät man ihnen zur Bühne als Berufsziel. Kann ich nur empfehlen.

Wie übt man Gelassenheit für morgens der erste Blick ins Handy – um nachzuschauen, ob die Welt noch steht?

Das ist tatsächlich etwas, an dem ich selbst im Moment sehr stark arbeite: Kein Handy im Bett. Ich versuche mir morgens zu denken: „Die Welt dreht sich weiter, auch wenn du gerade nicht weißt, welche kulinarische Köstlichkeit sich Markus Söder wieder einverleibt hat oder mit welchen brandgefährlichen Executive Orders der Hokkaidokürbis aus den USA das dortige Justizsystem überlastet. Du stehst jetzt erstmal auf, dehnst dich, putzt dir die Zähne und machst dir eine heiße Zitrone mit Ingwer.“ Und dann willst du nur kurz die Uhrzeit wissen, schaust natürlich aufs Handy und zack, liegst du eine Stunde später immer noch im Bett und weißt jetzt zu allem Überfluss auch noch, dass Christian Lindner einen Terrier totgefahren, aber zumindest pflichtbewusst eine Mund-zu-Hund-Beatmung durchgeführt hat. Alles nicht so einfach – ich versuche aber jeden Tag aufs Neue, mich zu disziplinieren. Manchmal funktioniert es, oft genug nicht. Aber dranbleiben lohnt sich.

Gibt’s einen Wohlfühl-Ort, den Sie empfehlen können, wo man die Sorgen der Welt am schnellsten vergisst?

In den Bergen. Und ich meine hier keinen spezifischen. Einfach irgendwo raufkraxeln, ohne Kopfhörer, am Gipfel Brotzeit machen, ein paar Mauerseglern beim Gleiten zusehen und den Herrgott „an guadn Mo sei lassn.“ Am besten unter der Woche, sonst wird es am Gipfel immer ziemlich eng. „Würd’s Ihnen etwas ausmachen, wenn ich meine Brotzeit AUF Ihrem Schoß esse?“ Solche Aussagen sind keine Seltenheit an einem Samstagvormittag. Aber selbst wenn: In die Natur zu gehen ist immer eine gute Idee. Fürs Hirn und fürs Herz.

Preisgekrönt vielseitig: Eigentlich wollte CHRISTINE EIXENBERGER mal Grundschullehrerin werden, dann kam sie zur Schauspielerei, dreht für das ZDF die Filmereihe „Marie fängt Feuer“ – und landete beim Kabarett. Am 11.7. sieht man die Bayerische-Kabarettpreisträgerin im Lustspielhaus. Am 3.7. startet ihre neue Donnerstagssendung „Nachsitzen mit Christine Eixenberger“ im BR-Programm.