Next Generation: Julia Grosse im Restaurant Blauer Bock

Blauer Bock: Next Generation

Unter dem Motto „Next Generation“ kocht Julia Grosse alle zwei Monate ein Überraschungsmenü im Restaurant Blauer Bock

Der DJ ist im besten Seebärenalter und gerade zaubert er einen Übergang zwischen „Ella, elle l’a“ von France Gall in einer soften House Music Version und Désenchantée“ von Mylene Farmer – beide Songs stammen zwar aus den 80/90ern, bilden aber trotzdem (oder deshalb) einen wunderbar passenden musikalischen Rahmen für die heutige Ausgabe des Überraschungsmenüs mit dem Motto „Vive La France“.

Alle zwei Monate übernimmt Julia Grosse, Tochter von Maître Stefan Grosse und Mitbetreiberin des Restaurants und Hotels Blauer Bock, in Küche und Lokal das Zepter und veranstaltet ihren „Next Generation“-Afterwork-Event mit jeweils unterschiedlicher Thematik zum Preis von 59 Euro pro Person inklusive Getränke. Wer jetzt glaubt, hier werden für diesen Preis zu ein bisschen Disco ein paar Häppchen serviert und dazu gibt’s Prosecco und faden Weißwein, der kennt nicht die hohen Ansprüche des Hauses. Eins vorweg: dieses Angebot ist in München, zumindest nach Wissensstand des Autors, was Qualität, Leidenschaft und Professionalität betrifft ziemlich einzigartig.

Die Gäste, junge Erwachsene und Junggebliebene (Anmeldung und Werbung über Instagram und Whatsapp), sitzen an langen Tischen, die Stimmung ist bei Ankunft des etwas verspäteten Autors samt Begleitung bereits als ausgelassen zu bezeichnen, der Fasching ist gerade vorbei und die wiederholten „Vive La France“-Rufe der Monaco Franze-Gemahlin Frau von Söttingen klingeln noch in den Ohren. Die Liste der im Preis inkludierten und großzügig ausgeschenkten Getränke versammelt Lillet Spritz, Champ des Grillonts Roséwein, einen alkoholfreien Alpen Rosé, Wasser und Augustiner Bier, frisch vom Fass. Wir entscheiden uns für Wasser und den wirklich sehr schön trinkbaren Rosé, der bereits ganz hervorragend zum ersten Gang, einer sehr leichten, luftigen Quiche-Lorraine passt, dazu Brot mit selbst gemachter Olivenpaste, einer Tapenade im Provence-Stil.

Beim nächsten Gang haben wir Nachzügler wieder das Feld erreicht und das erwähnenswert sympathische und professionelle Team serviert einen kleinen Salade Niçoise, mit allem was dazu gehört und von bester Qualität: Sardellen, Thunfisch, Ei, Kartoffeln, Tomaten, grüne Bohnen, Oliven, Kapern etc. Bevor man es sich aber im Süden des Nachbarlandes zu bequem machen kann, geht es nach Paris mit einer im kleinen Gusseisen-Töpfchen servierten recht sämigen französischen Zwiebelsuppe, die zwar gut schmeckte, nur schwierig zu essen war, weil beim Tranchieren des Käsetoast die Suppe überschwappte. Das konnte beim mittlerweile vierten Gang, einer Bouillabaisse nicht passieren, ein kleines Weißbrotscheibchen mit Sauce Rouille schwamm auf dem wunderbaren Sud mit feinen Kabeljaustücken. Dass der aufgerufene Preis für diese zwar in kleinen, aber nicht winzigen Portionen servierte Menüfolge normalerweise bereits in wohl jedem europäischen Restaurant überschritten wäre, dürfte klar sein.

Doch es geht weiter: eine recht großzügige Portion Ratatouille, das betrifft auch die Gemüsestücke, folgte, bevor es natürlich auch noch ins Burgund ging. Julias sechster Gang, ein Coq au vin, braucht sich vor der wirklich zahlreich probierten französischen Verwandtschaft kein bisschen zu verstecken. Und das gilt auch für das folgende Boeuf Bourguignon – mit dem kleinen Unterschied, dass man es dort eher selten mit Herzogin-Kartoffeln oder in Scheiben serviert bekommen hat. Auch Klassiker darf man interpretieren – vor allem, wenn sie richtig gut schmecken. Vive La France! Wie es sich gehört gibt es jetzt Assiette de fromage, Comté, Forme d’Ambert und Camembert werden dem fast schon ohnmächtig in Butter und Genuss schwelgenden Gast aufgetischt, bevor es, man glaubt es nicht, auch noch wirklich gelungene Crêpe Suzette und Crème brûlée als Dessert gibt, um die zehn Gänge (!) voll zu machen.

Fazit: Das im Preis-Leistungs-Verhältnis unschlagbare „Next Generation“-Konzept geht auf – man darf gespannt sein, was da noch kommt (nächste Termine: 24.4./26.6.). Dass Julia die Vorliebe des Vaters für französische Küche geerbt hat, steht außer Frage. Dass sie diese auch noch wunderbar und mit Leidenschaft auf den Teller bringt, ein Glücksfall – auch für Maître Grosse, der sich um seine Nachfolge (irgendwann einmal) wenig Sorgen machen muss.

Autor: Rainer Germann

Restaurant Blauer Bock, Sebastians-Platz 9
Di-Fr: 12-15/18.30-24/Sa 12-18 Uhr, Tel.: 089 45 22 23 33. Webseite; Eventreihe “Next Generation” auf Instagram