Chris Lehner vom Parkcafé

Im Corona-Shutdown – Szenegastronom Chris Lehner wird zum Autor

Chris Lehner vom Park Café ist in den Lockdown-Zeiten nicht untätig geblieben und hat seine schreiberische Ader freigelegt – mit einer eigenen Kolumne und einem Kochbuch.

Er betreibt das Park Café am Alten Botanischen Garten und „Das Bad“ auf der Verkehrsinsel vorm Oktoberfest-Haupteingang. Als Chef dieser zwei besonderen Gastronomie-Schauplätze ist Chris Lehner normalerweise gut beschäftigt. Doch in den Lockdown-Phasen während der Corona-Zeit hatte auch er mehr Zeit als ihm vielleicht lieb war.

Den unerwarteten Leerlauf nach der Schließung seiner Lokale nutzte der Gastronom zum Kreativ werden und zum Schreiben. Zunächst stand das Anträge schreiben für staatliche Hilfen aller Art im Vordergrund, dann ging‘s immer mehr in Richtung Schriftstellerei und Küchentipps für Hobbyköche. Ob daraus gar eine zweite Karriere werden kann, verriet uns Chris Lehner im Interview:

Wenn du das Wort Corona hörst, reagierst du dann schon körperlich darauf oder bist du immer noch relaxt?
Gute Frage. Irgendwie gewöhnt man sich ja an alles, also auch daran. Ich versuche, das Beste draus zu machen. Ich habe mehr Zeit denn je für meine Frau und unsere zwei Kinder, dennoch nutze ich die Zeit auch produktiv: Ich habe ein Kochbuch geschrieben und eine eigene Klamotten-Kollektion entworfen. Das Ganze geht dann Ende November in unserem Online-Shop an den Start …

Wie geht‘s dir mit deinen Betrieben inmitten des zweiten Lockdowns?
Es war ja eigentlich zu erwarten, daher sind wir mental nicht so hart aufgeschlagen wie im Frühjahr. Dennoch ist es natürlich unglaublich bitter für das ganze Team.

Wie empfindest du das persönlich: Wird der Gastronomie eigentlich zu unrecht der schwarze Peter zugeschoben? Oder musste die Schließung einfach sein wegen der hohen Fallzahlen?
Was soll ich sagen. Die Gastronomie an sich war nicht das große Problem, dennoch gab es natürlich auch in der Branche schwarze Schafe, die für ein paar Euro Umsatz alles gemacht und alle Regeln ignoriert haben. Dazu kommt einfach, dass die Gäste sich zum Teil auch nicht an die Regeln halten wollten. Nach zwei bis drei Bier wurde dann doch wieder gebusselt und die Maske vergessen. Daher ist die Reaktion zwar symbolisch, aber leider auch nachvollziehbar.

Wie bewertest du das bisherige Vorgehen der Politik, speziell auch die aktuellen Hilfsangebote?
Bis dato haben die Angebote funktioniert und die Mittel sind angekommen. Die Novemberhilfe gestaltet sich sehr aufwendig, mal schauen, was daraus wird.

Die Schanigärten waren ja schon eine recht kreative Hilfe für Teile der Gastronomie. Was wäre darüber hinaus fürs Jahr 2021 aus deiner Sicht noch wünschenswert?
Generell sollte mit Freischankflächen und Grünanlagen lockerer umgegangen werden. Es kann doch nicht sein, dass das Oktoberfest und Tollwood jedes Jahr auf Grünflächen veranstaltet werden, wir stationären Gastronomen aber nicht mal ein paar Liegestühle auf die grüne Wiese stellen dürfen. So sehr ich die Natur auch schätze, denke ich nicht, dass ein paar Grashalme schützenswerter sind als 75 Arbeits- und Ausbildungsplätze. Die Grashalme erholen sich schneller als ein kostenbelasteter Betrieb …

Du hast ja schon den ersten Shutdown kreativ genützt und dich hingesetzt, um ein eigenes Kochbuch zu schreiben. Erzähl mal, was hat es damit auf sich und was erwartet die Hobbyköche?
Der erste Shutdown war ja kurz vor Ostern und kam in voller Fahrt recht unerwartet. Wir hatten die Kühlhäuser voll. Allein die Menge der Eier (drei ausgebuchte Brunch-Termine zu Ostern waren ja geplant) war beeindruckend. Nach dem kompletten Herunterfahren sind wir dann mit dem Team in die Lager und haben alles mitgenommen, was schlecht werden würde. Also sind wir alle ohne jedes Konzept mit vollen Einkaufstaschen nach Hause gekommen und standen nun vor der Herausforderung, was man denn für die liebe Familie daraus kochen solle. Also habe ich alle meine alten Listen, Schmierzettel, Handbücher und Papierstapel nach coolen Rezepten durchsucht und hier und da herumexperimentiert. Um endlich mal ein System in das Chaos zu bringen, habe ich angefangen, alles in eine ordentliche Form zu bringen.

Hinzu kam, dass ich im Park Café 180 bis 200 Musiker-Bookings pro Jahr habe. Die Kolleginnen und Kollegen haben alle nach und nach durchgerufen und nach dem Stand ihrer Termine und meiner Planung gefragt. So kam eines zum andern und die Künstler haben mir ihre Lieblingsrezepte geschickt. Die sind natürlich auch ins Buch gekommen. Jeder Künstler präsentiert sein Gericht und wird selber auch vorgestellt. Auch heute treffen noch Rezepte bei mir ein …

Das Buch heißt daher „Laut & Lecker“ und bietet mehr als 100 funky Soulfood-Rezepte für jedermann. Uns ist es wichtig, dass die Rezepte auch ohne Profiküche und absurde Zutaten schnell und einfach daheim selber gemacht werden können. Wir haben sowohl vegetarische, vegane aber auch fleischige Rezepte drin, ein paar meiner Lieblingsdrinks und kleine Anekdoten rund um unser Haus, die Gerichte und die Geschichte drum herum.

Ein schickes Weihnachtsgeschenk, bei Amazon kann man das Buch schon vorbestellen, Ende November launchen wir dann auf parkcafe089.de auch den kompletten Onlineshop mit Kochbuch, Gutscheinen, Weinen und unserer kleinen Klamotten-Kollektion, perfekt zu Weihnachten …

Du bist ja auch für die Abendzeitung schreiberisch tätig. Wie kam‘s dazu? Und siehst du seitdem unsere Stadt noch mal mit ganz anderen Augen?
Ich bin ja fast immer öffentlich oder mit dem Radl unterwegs. Dabei erlebt man immer wieder lustige Geschichten, schräge Outfits und verrückte Abenteuer. Seit ein paar Jahren schreibe ich diese Busfahrerabenteuer immer mit und poste diese einfach via Facebook. Hier habe ich mittlerweile eine richtige Fangemeinde. Als ich dann das ein oder andere Interview zur Coronalage gegeben habe, bin ich beim AZ-Chefredakteur Michael Schilling gelandet. Irgendwie kam dann eines zum anderen und seit Sommer schreibe ich in der Glosse „Monaco“ regelmäßig meine Abenteuer nieder.

Was hast du in der Corona-Krise für dich persönlich gelernt?
Nichts ist selbstverständlich. Ein Leben, so unbekümmert und schön wie ich es die letzten 30 Jahre führen durfte, ist ein Geschenk. Dennoch ist es in Ordnung, die Lage erfordert Maßnahmen und ich bin bereit mich und meine Betriebe zu verändern und mich den Gegebenheiten zu stellen.

Wie wirkt sich die Corona-Krise insgesamt auf das Ausgehverhalten der Menschen aus? Wird in einem Jahr alles wieder so sein wie früher?
Ich denke, Ende 2021 wird die Lage wieder relativ normal sein, eine ganzheitliche Verbesserung der Lage erwarte ich Anfang 2022.

Wie können euch eure Stammgäste momentan am besten unterstützen?
Am besten, sie kaufen alle ihre Weihnachtsgeschenke früh genug auf parkcafe089.de! Da wir aber ein paar Tage für die Just-in-time-Produktion und die Logistik brauchen, bitte mit etwas Vorlauf. Und wenn´s nächstes Jahr wieder losgeht: Gebt uns und allen Gastronomie-Kollegen bitte ein bisschen Zeit und Nachsicht für den Anlauf. Wir fangen ja dann alle praktisch wieder bei null an.

Interview: Alex Wulkow