Hier grantelt der Kenner: Im Buch „Münchenbeschimpfung“ von Benedikt Feiten und Jan Steins (erschienen in der Favoritenpresse)
Ein schwieriges Thema in einer so stolzen Stadt wie München, aber in fähigen Händen umso erhellender. Und man darf sich freuen, dass dieses Beschimpfen von Benedikt Feiten unternommen wird. Ja, er ist ein im Alter von zweieinhalb Jahren zugezogen-wordener, aber er weiß früh im Buch das Wort „Obatzda“ im Akkusativ richtig zu beugen, was ihn neben den vier hier verlebten Dekaden zum Schreiben dieses Werkes hinreichend qualifiziert. Zudem hat er bereits tolle Romane geschrieben, die „Münchner Schiene“ des Literaturfestivals kuratiert u.v.m. Er weiß, dass Beschimpfen als Analyse mit Augenzwinkern auch Charme haben kann und widmet sich unter diesen Vorzeichen sowohl typischen Münchner Diskursen, als auch solchen, die es -bisher unbeachtet- verdienen würden in den Kanon der Millionendorf-Diskurse aufgenommen zu werden.
Dabei spricht er stets als Teil der vermeintlichen Weltstadt mit Herz von „wir“ und „uns“. Und geht es um unsere Beziehung zum Umland, das Reinheitsgebot oder die hiesigen Mietpreise: Zu Beginn der Ausführungen erwischt man sich oft dabei anerkennend zu nicken, um gegen Ende der Ausführungen erstaunt zu lachen, weil Feiten den Themen dann eben doch noch unerwartete neue Perspektiven abgewinnen kann. Und da wir Münchner*innen uns manchmal entlegenste Talente grundlos ein Stück weit selbst zutrauen, wie eine weitere treffende Beobachtung konstatiert, fühlt sich die Lektüre stellenweise so an, wie gemeinsames Losgranteln, bei dem man sich als Gesprächspartner ohne eigenes Zutun enorm eloquent vorkommt. Nicht nur deswegen: Ein großer Genuss. Für die Illustrationen fehlt mir das einordnende Vokabular. Mich erinnert der in Gelb- und Blautönen umgesetzte Stil wohlig an Jacques-Tati-Filmplakate. Dabei sind die Bilder so schön, satirisch und zugleich liebenswert, dass man sie sich gerahmt sowohl im bajuwarisch-stolzen Haushalt neben dem Wolpertinger an der Wand als auch in der Punker-WG neben einem Dead-Kennedys-Plakat hängend vorstellen kann. Allen Menschen in diesem Spannungsfeld sei das wunderschöne Buch abschließend auch als Weihnachtsgeschenkoption empfohlen.
