House mit Jim Morrison: Sweely

Electro & Beatz im Februar: French Connections

Die französischen DJs Belaria und Kendal führen den Wave-Sound zu neuen Ufern, während mit Sweely aus Paris ein Live-Act anreist, der auch mal Jim Morrison sampelt. Bashkka, Glaskin und LBT treten derweil den Beweis an, dass auch die Münchner Elektronik-Szene weiterhin ordentlich pulsiert

Wo könnte man eine Seite über elektronische Musik besser beginnen als dort, wo die Ursprünge von Techno und House liegen. Zum einen in Detroit, wo schwarze Vorwärtsdenker wie Juan Atkins und Derrick May Mitte der Achtzigerjahre den ebenso düsteren wie futuristischen Detroit Techno zwischen Elementen aus dem amerikanischen Funk und Anleihen aus dem europäischen Electro-Pop à la Kraftwerk kreierten. Zum anderen in Chicago, wo sich Koryphäen wie der 2014 verstorbene Frankie Knuckles mehr oder weniger parallel dazu daran machten, den Chicago House aus der Disco Music herauszuschälen.


Nun mag der junge DJ und Produzent Dajusch weder aus Detroit noch aus Chicago, ja nicht einmal aus den USA stammen. Die ebenso energetische wie elegante Art und Weise aber, mit der er als Teil der famosen Berliner Labelfamilie Spandau20 in seinen Produktionen und DJ-Sets an den bahnbrechenden Sound der alten Meister anschließt, dürfte sicher nicht nur Techno-Traditionalisten und Nostalgiker hinterm Ofen hervorlocken. Selten klang die Beschwörung der Vergangenheit derart taufrisch wie hier. (2.2. Rote Sonne)

Wunderbar eklektisch dürfte wiederum das Live-Set von Sweely im Blitz Club (9.2.) ausfallen. Beweist der französische Produzent mit seinen verspielten Tracks doch, dass sich die satt pumpende Four-to-the-Floor-Rhythmik des House ebenso gut mit feinteiligen Electro-Frickeleien verträgt wie mit der smoothen loungigen Atmosphäre in seinem bis dato erfolgreichsten Track „All the Reasons“. Das Motto des Abends dürfte indes im Titel seiner funky dahinbouncenden neuen Single „Gedup (and move your butt)“ liegen, in der sogar ein gewisser Jim Morrison sein Gedicht „Freedom Exists“ per Sample vortragen darf. Künstlerische Freiheit eben.

Tags darauf (10.2.) am selben Ort kann man sich davon überzeugen, dass auch die hiesige Szene weiterhin einiges zu bieten hat. Da ist etwa die Münchner Produzentin und DJ Bashkka, deren türkischer Künstlername sich mit dem Adverb „anders“ übersetzen lässt. 2016 nach einer Dekade in New York zurückgekehrt, in der sie tief in die New Yorker Ballroom-Szene eintauchte, steht sie heute als Resident-DJ im Blitz einerseits für furios treibende Sets zwischen House und Techno – andererseits als engagierte Aktivistin aber auch für den andauernden Kampf queerer Künstler* innen um vollständige Gleichberechtigung im Club-Kontext. (Nein, auch im Jahr 2024 ist das noch keine Selbstverständlichkeit.)#

Ebenfalls in München und als Residents im Blitz zuhause sind die Brüder Jonathan und Ferdinand Brockelmann, die als Glaskin am selben Abend im Blitz Club hinter den Plattentellern stehen werden. Auf ihrem 2021 inmitten der Pandemie erschienenen Debüt-Album „Klaftertief“ geht es tatsächlich klaftertief hinein in die vielfältigen Möglichkeiten elektronischer Musik. Klassisch technoide Tracks, knackige Breakbeats, Starkstrom-Electro und sphärische Ambient-Anklänge – all das fließt bei ihnen zu einem großen Ganzen zusammen. Unbedingt hörenswert!

Ganz anders wiederum der Ansatz des Münchner Leo Betzl Trios (kurz LBT), dessen Mitglieder sich einst als Teil der im Harry Klein (R.I.P.) residierenden Jazzrausch Bigband zusammenfanden und dort immer noch in Teilzeit tätig sind. Als LBT spannen sie in klassischer Piano-Trio-Besetzung einen wundervollen Bogen zwischen Jazz und Club. War ihr Album „Stereo“ von 2020 noch ein eindrucksvoller Beweis dafür,
dass handgemachter House und Techno ebenso hypnotisch und körperlich sein kann wie das elektronische Original, so führen sie auf ihrer jüngsten Platte „Abstrakt“ die Welten ein Stück weit zusammen, auch wenn der Jazz dort dominiert. Im Alten Kino Ebersberg gibt es nun womöglich von beidem wieder reichlich. (17.2.)

Zum Abschluss noch ein Tipp für alle stolzen Besitzer eines Tickets für Depeche Mode im März, die sich schon mal warmtanzen wollen. Mit der französischen DJ und Produzentin Belaria und ihrem Landsmann Kendal legt am 24.2. ein Gespann in der Roten Sonne auf, das sich ganz der wavigen Düsternis verschrieben hat. Die Tracks der beiden Underground-Artists riechen gleichermaßen intensiv nach Patschuli und Kunstnebel, bringen mit einem Schuss Italo-Disco aber genau das richtige Maß
an Geschmeidigkeit mit, das es für einen durchtanzten Club-Abend braucht. Très chic!