Die Jazzrausch Bigband bringt „Faust“ als Techno-Hörspiel, Fatboy Slim entfaltet Neunziger- Nostalgie, und Apparat stellt sein neues Album vor.
Jazzrausch mit „Faust“ im Bergson
Goethes „Faust“ gehört bekanntermaßen zu den größten Theaterwerken aller Zeiten – kaum ein Stück, das derart inflationär aufgeführt wurde wie vor allem „Der Tragödie erster Teil“. Eine Interpretation als Techno-Hörspiel, wie es die Jazzrausch Bigband nun unter dem Arbeitstitel „Goethes Breakdown“ am 8. und 9. Januar im Bergson zur Aufführung bringt, dürfte trotzdem ein Novum sein. Angekündigt als „radikale Neuverortung“, trifft die Dichtung Goethes hier auf pulsierende Elektronik, düstere Klanglandschaften und treibende Rhythmen, während sich Faust, Gretchen und Mephisto zeitgeistig in Stimmen einer Gegenwart verwandeln, die sich „nach Sinn sehnt und doch im Taumel verliert“.
Efdemin im Blitz
Einen Pakt mit dem Teufel scheint auch der DJ und Produzent Philip Sollmann aka Efdemin (16. Januar, Blitz Club) geschlossen zu haben. Liefert der als Weltenwandler zwischen Club und Klangkunst doch mit einer Verlässlichkeit brillante Tracks mit Referenzen zwischen Chicago House und Detroit Techno ab, dass es kaum mit rechten Dingen zugehen kann. Sein fünftes Album „Poly“ macht da als stilistisch breitgefächerter Erkundungstrip durch verschiedenste Gefilde der elektronischen Musik keine Ausnahme. Es sirrt und klöppelt, knistert, klackert und klingelt – und wartet dabei doch mit genau jener atmosphärischen und harmonischen Dichte auf, für die man diesen Klangzauberer so schätzt.
Fatboy Slim im Pacha
Weniger kunstvoll, dafür aber mit der wirkmächtigen Superpower des „Big Beat“ und einer ordentlichen Prise Pop-Appeal ausgestattet, kommt derweil Norman Cook unter seinem immer noch übergroßen Alias Fatboy Slim daher. „Praise You“, „Right Here, Right Now“ oder der „Rockafeller Skank“ – all die satten Knaller für die Ewigkeit, die der Brite auf seinem 1998 erschienenen Album „You’ve Come a Long Way Baby“ versammelt hat, mögen einerseits mittlerweile ordentlich Nineties-Patina angesetzt haben. Andererseits: Gibt es eine schönere Möglichkeit, sich auf dem Dancefloor dem Zauber der Nostalgie hinzugeben, als ein funky verballertes Fatboy-Slim-DJ-Set, wie es nun am 23. Januar im Pacha zu erleben ist? Schwer vorzustellen.
Shantel & Bucovina Club Soundsystem in der Muffathalle
Wer mag, kann dann gleich tags darauf in der Muffathalle weitertanzen. Tritt dort doch mit dem griechischstämmigen Frankfurter Stefan Hantel aka Shantel einer in Bandformation auf, der seit seinem Album „DiskoPartizani“ von 2007 zu den großen weltmusikalischen Erneuerern des Pop gehört. Mit staunenswerter Konsequenz greift er seither am liebsten vor allem all jene blas- und saitenmusikalischen Traditionen auf, die sich zwischen dem Balkan, Griechenland und dem Nahen Osten entwickelten, um sie in mal mehr, mal weniger elektrifizierter Form auf den Dancefloor zu führen. Dass Shantel musikalisch für ungleich viel mehr als nur für den vorübergehenden Balkan-Beats-Hype der Nullerjahre steht, wird er nun am 24. Januar mit seinem Bucovina Club Soundsystem in der Muffathalle unter Beweis stellen. Es dürfte ein selten schweißtreibender Tanzabend werden.
Apparat in der Alten Kongresshalle
Auch schon wieder eine Weile her indes, dass man Sascha Ring unter seinem Produzenten-Alias Apparat zu hören bekam. War dieser Meister der filigranen elektronischen Textur doch zuletzt vor allem als Sänger und Beatbastler des enorm erfolgreichen Supergroup-Projekts Moderat beschäftigt, das er zusammen mit seinen Berliner Produzenten-Kollegen Modeselektor unterhielt. Sieben Jahre nach dem letzten Apparat-Album mit dem schlichten Titel „LP5“ kehrt er nun mit „A Hum Of Maybe“ wieder zu seinen musikalischen Wurzeln zurück – und bricht ganz nebenbei auch mit alten Konventionen des Musikmarkts, indem er das Album live bereits am 27. Januar in der Alten Kongresshalle vorstellt und erst einen knappen Monat später am 20. Februar veröffentlicht. Das macht die ganze Sache natürlich noch mal etwas spannender, denn mit dem ätherisch verhallten „An Echo Skips A Name“ ist bisher gerade mal ein Track der Platte erschienen – und der auch nur in einer Alternativversion.
Roland Cristal in der Roten Sonne
Bleibt mit dem Franzosen Roland Cristal noch einer, dessen Ansatz in schönstem Kontrast zu jenem von Sascha Ring steht. Liegt der bei Apparat primär in transzendierender Atmosphärenschichterei, so scheint Cristals Lofi-Techno (31. Januar, Rote Sonne) direkt einem Gameboy entsprungen zu sein. Zwischen lustig hüpfenden Flummibeats und Synthieflächen klebrigster Trance-Natur macht dieses Unternehmen in all seiner trashigen Zuspitzung dennoch derart viel Spaß, dass man dem selbstüberzeugten Titel von Cristals jüngstem Album gerne zustimmt: C’est génial!
