Ein Meister am Herd: Bradley J. Bryan im Tutto Passa

Tutto Passa: Zum Abschlecken!

Das neue Pop-Up-Lokal Tutto Passa im Eataly kocht vegetarische Küche, wie man sie in München nur selten findet

„Alles geht vorbei“, heißt der Name des neu eröffneten Pop-Up-Restaurants in der oberen Ebene des Eataly in der Schrannenhalle übersetzt – und nach einem Besuch kann man nur sagen: hoffentlich nicht! Zumindest nicht so schnell. Denn was der 28jährige Chefkoch Bradley J. Bryan und sein 26jähriger Partner Luis Danesitz hier zusammen mit ihrem Team bieten, ist ungewöhnlich, am Puls der Zeit und einfach gelungen. Der Reihe nach: Vegetarische Küche boomt und wie auf diesen Seiten hinlänglich berichtet, haben vor allem asiatische Lokale den Trend aufgenommen. Vegetarische italienische Lokale gibt es in München eher selten, und genau hier setzen Luis und Bradley an: Das deutsch-britische Duo mit Erfahrungen und Kochausbildung in der Londoner Sterne-Gastronomie (Bryan) und im Matsuhisa, Mandarin Oriental München (Danesitz) hat sich in der schicken Burger & Lobster Bank kennengelernt und beschlossen, ihre Ambitionen zu bündeln. Mehrere Monate wurde am Konzept einer vegetarischen, italienisch inspirierten Küche gefeilt und nach längeren Verhandlungen konnte man den Platzhirsch Eataly von diesem überzeugen. 

„MaisMaisMais” in verschiedenen Texturen mit Karamell-Kümmel-Blatt
© Rainer Germann / Stadtmagazin München GmbH

Dass die Lokalität schwer zu bespielen ist und gar Sternekoch Mario Gamba (Acquarello) hier nach kurzem Gastspiel wie auch viele andere wieder weiterzog, schreckt das dynamische Duo nicht ab: Da sie überwiegend Produkte des italienischen Hausherrn und Feinkosthändlers verwenden, hätten sie einen guten Deal mit der Pacht, sagt Danesitz – eine ideales Spielfeld, um ihre Version von moderner vegetarischer Fine Dining-Küche zu vernünftigen Preisen auszuprobieren. Bei einer Preview wurde zwei Tage vor Eröffnung das November-Menü (3-, 4- oder 5-Gänge für 54/64/74 Euro) präsentiert, das nicht nur von seiner ungewöhnlichen Mischung aus verschiedenen Texturen und der Präsentation, sondern vor allem vom Geschmack nachhaltig in Erinnerung blieb. 

Ein wahres „Kürbis-Crescendo” mit Mozzarella-Espuma
© Rainer Germann / Stadtmagazin München GmbH

Los ging es mit einem Gruß aus der Küche: Ein Orangen-Taco mit Gorgonzola und Zitronen-Zesten, ein Arancini-Bällchen, gefüllt mit Reis und Pesto sowie eine rekonstruierte Tomate (molekular in Form gebracht) stellten eine Definition italienischer Küche dar, die wenig vermissen ließ und wahre Geschmackserlebnisse lieferte. Was nun folgte, dürfte allerdings einzigartig sein: Als „Lick the plate“ bekommt der Gast einen Maiskolben aus Creme (Korn) und Pesto (Blätter) auf einen flachen Teller gezeichnet zum Abschlecken – allein die Vorstellung, wie das im voll besetzten Lokal aussieht, aber auch sonst: köstlich. Weiter geht es unter dem Motto „MaisMaisMais“ mit dem selbigen in diversen Zubereitungsarten: als Espuma, frittierte Polenta, Popcorn, etc. Dazu gereicht wurde neben Brombeeren ein karamellisierter Kümmel-Chip – letzterer eine überraschend stimmige Kombination und ein ähnliches Aha-Erlebnis wie schon die Zitrone zum Gorgonzola. Unter „Kürbis-Crescendo“ folgte das gebratene und zur Creme verarbeitete Fruchtgemüse arrangiert um ein Mozzarella-Espuma, akzentuiert wurde der (wie auch alle anderen) schön und modern angerichtete Teller mit Zitronen-Kaviar. Spätestens jetzt ist klar, dass es hier in höhere kulinarische Gefilde geht und die folgenden getrüffelten und mit Artischockencreme gefüllten Ravioloni mit Parmesanschaum und frittierten Salbeiblättchen bestätigten dies eindringlich. 

Auch von der „Schokoladenseite” zeigt sich das Tutto Passa
© Rainer Germann / Stadtmagazin München GmbH

Als „Palate Cleanser“ ein erfrischendes Zitronenverbene-Granita mit Anisblättchen, danach nochmal ein richtiger Knaller: Auf einem Bett aus Rosmarin-Asche mit Eiweißzucker war ein Ziegenkäse-Eis mit Traubenscheibchen angerichtet, ein wirklich großartiges Geschmackserlebnis, das zu den besten des Jahres gehört. Danach zeigte sich die Küche noch von der „Schokoladenseite“ mit einem schmackhaften und hübschen Arrangement aus verschieden Texturen zum Thema. Weine gibt es im Wechsel aus dem Eataly-Sortiment, zum Beispiel ein Verdicchio von Colle Stefano und ein Primitivo von Antica Enotria, beide gut trinkbar. Zum Abschluss noch eine kleine Schokobombe und eine wunderbare Mini-Zitronen-Tarte. Und schon waren es acht Gänge statt fünf!

Fazit: Wenn diese wunderbare Mischung aus Kreativität, Tellersprache und Geschmack auf diesem Leven gehalten werden kann, ist das Tutto Passa die Entdeckung zum Jahresabschluss. Selten so einfallsreiche vegetarische Küche genossen – zu einem fairen Preis, der diese auch für ein jüngeres Publikum erlebbar machen kann und soll. Nie hat es so gut gepasst: Zum Abschlecken!

Autor: Rainer Germann

Tutto Passa, Eataly, Blumenstr. 4/OG
Mi-Sa: 17.30 bis 24 Uhr, Tel.: 01514 00 88 564, www.tuttopassamunich.de