Das Obers: Immer wieder Gern

Das Obers entführt mit gehobener Alpenküche in eines der schönsten Stadtviertel Münchens

„Als ob Jürgen Wolfsgruber Gedanken lesen könnte. So ein Restaurant wie das Obers habe ich mir seit Jahren gewünscht“, schreibt ein begeisterter Gast in seiner Rezension im Netz und vergibt 5/5 Sterne. Da wird die Messlatte ziemlich hoch gehängt, aber der Autor dieser Zeilen hat bereits vom dritten Lokal des umtriebigen Gastronomen und Küchenchefs gehört und gelesen; Wolfsgruber hat in Eigenregie für sein Sparkling Bistro vor zehn Jahren einen Michelin-Stern erkocht (und hält ihn bis jetzt), eröffnete mit dem „Tschecherl“ ein österreichisches Bistro („Östro“) und hat sich bei einem Spaziergang durch Gern, dem wohl idyllischsten Viertel Münchens, in eine Location verliebt, die ehemals eine Bäckerei und danach zwanzig Jahre den Italiener „Tiziano“ beherbergte. Das Obers bietet rund 30 Plätze, dazu kommt noch eine kleine, hübsche Terrasse. Im vorderen Bereich hält ein Weinregal eine Auswahl (auch zum Mitnehmen) bereit, die es auch im Restaurant flaschen- bzw. glasweise zu bestellen gibt; hinten führt eine kleine Treppe in einen zweiten Gastraum mit Blick auf die Küche.

In dieser werkelt der Südtiroler Küchenchef Lukas Gietl mit seinem Team; bereits mittags gibt es ein kleines Pairing (zwei Gerichte, 35), abends ein Ö-Makase-Menü mit fünf Gängen (85), hier wird der Gast von der Küche überrascht. Ein Blick in die Runde des an einem Samstagabend voll ausgebuchten Lokals zeigt: Etwa die Hälfte der Gäste hat sich fürs Menü entschieden, der Rest wählt, wie auch wir, à la carte.

Als Wein wurde uns ein Grüner Veltliner von Aigner, Kremstal Reserve „Ried Obere Sandgrube“ (Fl. 50) empfohlen – ein Wein, den man sich merken muss und der (ausnahmsweise) keineswegs überteuert war. Leider war das Roastbeef schon aus, deshalb haben wir auf Adria-Thunfisch, Fisolen, Wachtelei & Paradeiser (24) umgeschwenkt – unter hübsch angerichteten, knackigen grünen Bohnen, zuckersüßen Kirschtomaten, einem Streu Schwarzaugenbohnen und einem halbierten Wachtelei waren vier schöne Tranchen vom kurz angebratenen, ansonsten rohen Thunfisch bester Qualität versteckt. Zusammen mit dem Veltliner – großes Gaumenkino.

Das ging auch mit den Hauptgängen weiter: Da Lukas’ Schlutzkrapfen auch aus waren, kamen wir in den Genuss von hausgemachten Gnocchi mit Morcheln und grünem Spargel (25). Der aufmerksame und sympathische Mann im Service verriet uns, dass zermahlenes Schüttelbrot im Gnocchi-Teig war, die leicht sahnige Soße mit den Morcheln war zum Kopfreinstecken – dass eines der Spargelstücke holzig war: geschenkt, aber insgesamt hätte die Portion gerne etwas größer ausfallen können.

Zum Milchkalb aus dem Sarntal mit Artischocke „Barigoule“ & Grünspargel (38) durfte es dann ein kleiner Roter, aber nicht zu stark, sein: Der empfohlene, offen aus der Magnum ausgeschenkte 2021er Syrah von Will Arnold aus Colombier-le-Vieux (0,1 / 10) hatte nur 11,5 % und passte bestens zu der nun eher üppigen Portion des butterzarten, rosa gebratenen Lamms am Knochen. Die Kombination von den geschmorten Artischockenstücken mit Tomaten und Olivenscheibchen statt Pilzen und Speck hinterließ eine schön mediterrane Note. Als Abschluss dann noch die Palatschinken, gefüllt mit Wachauer Marille (12) – auch hier steht der Genuss im Vordergrund: zwei mit sehr fruchtigem Marillenmus gefüllte Teigrollen, basta.

Fazit: Der eingangs erwähnte Gast hat recht: Das Obers ist ein Lokal, wie man es sich oft wünscht, und nicht umsonst wird es gerade auch vom Michelin empfohlen. Unprätentiös und lässig, aber höchst professionell; gehobene Küche ohne Schnickschnack. Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt aufgrund von Produktqualität, Kochkunst und Service – das betrifft auch die Weinauswahl. Das Publikum: gut situiert, der Gegend entsprechend, altersmäßig bunt gemischt. Das nächste Mal wird definitiv das Ö-Makase-Menü probiert. Und man glaubt es kaum – Gern liegt doch fast mitten in der Stadt.

  • Name: Das Obers
  • Adresse: Gerner Str. 48; 80638 München
  • Öffnungszeiten: Mi–Sa: 11:30 bis 22 Uhr