Das Chois in der Tumblingerstraße

Chois: Heißer Topf, dicke Luft

Das Chois im Schlachthofviertel ist ein chinesisches Hot Pot-Restaurant, in dem man auf dem Tablet bestellt

Der chinesische Hot Pot, auch „Feuertopf“ genannt, ist zwar eine Spezialität aus der Provinz Sichuan, aber auch in vielen anderen Teilen Asiens in ähnlicher Form verbreitet. Das Prinzip ist klar: in unterschiedlich zubereiteten und gewürzten Brühen werden Gemüse-, Fisch-, Meeresfrüchte- und Fleischstücke gegart und anschließend direkt oder zusammen mit Reis, Kartoffeln, Glasnudeln und diversen Dips verzehrt.

Ähnlich einem chinesischen Fondue kann das gesellig, unterhaltsam und sogar köstlich sein. Meist läuft das Ganze unter dem „All You Can Eat“-Prinzip, das heißt, für einen bestimmten Betrag kann man sich so viele Zutaten vom Buffet holen oder bringen lassen wie man möchte und essen kann. In der neueröffneten Hot Pot-Lounge Chois in den Räumlichkeiten des ehemaligen Barysphär und Konstantin & friends, möchte man nun noch einen Schritt weiter gehen und hat den Gang zum Buffet und Service durch Bestellung auf dem Tablet ersetzt – ein zwar im Prinzip einfaches, doch nach reiflicher Überlegung sowohl unpersönliches als auch umständliches Missvergnügen für den Gast, welches außerhalb des Fast Food-Bereiches in einer anspruchsvollen Gastronomie eigentlich nichts verloren hat und nur durch Personalsparmaßnahmen zu erklären ist. Ab der Reihe nach.

Authentizität und Blockade

Betritt man die modern-asiatisch umgestaltete Lokalität, fällt einem zunächst wohlwollend auf, dass auch viele Menschen aus diesem Kulturkreis den Weg zum heißen Topf gefunden haben. Eigentlich ein gutes Zeichen und auch ein Garant für Authentizität. Nachdem wir von einer jungen Mitarbeiterin recht nüchtern in Empfang genommen und an einem Vierertisch platziert wurden, startete die Erklärung der Tablet-Bestellung.

Es befinden sich in zwei oder dreigeteilten Töpfen, die am Tisch auf Gaskochern erhitzt werden, diverse Brühen wie Sichuan(scharf oder mittelscharf), Pho, Tom Yum oder mit Curry, Pilzen und Tomaten als Basis im Angebot. Warum man mit vier Personen auch auf Anfrage nicht vier verschiedene Brühen statt drei für vier bekommen kann, konnte uns die junge Dame nicht erklären. Geht halt nicht, lautete die unbefriedigende Antwort. Dann wurde gewählt: für 25,90 Euro können 2 ½ Stunden lang alle 15 Minuten pro Person drei (in unserem Fall also 12) Zutaten zum Befüllen des Topfes ausgewählt und bestellt werden.

Nach der unvorsichtigen Einzelbestellung einer Portion Kimchi, blockierte das Gerät die Weiterbestellung der 11 weiteren Ingredienzien für 15 Minuten. Leider wurde einem vorher nicht erklärt, dass die Bestellung am Stück zu erfolgen hat. „Da haben Sie einen Fehler gemacht“, erklärte uns die junge Frau vorwurfsvoll die Blockade. „Schade“, sagte ich, in die Augen meiner hungrigen Leidensgenossen blickend, die in diesem Fall zu 50 Prozent aus dänischer Verwandtschaft bestanden, denen ich einmal etwas ganz Besonderes zeigen wollte, das sie, trotz Michelin-Sterne-Regen für die skandinavische Küche, bestimmt noch nicht kannten.

Ob man trotzdem vielleicht etwas bekommen könnte? Ein bisschen Gemüse und Glasnudel vielleicht, sagte die junge Frau generös, die mittlerweile mit ihrer Art, der blauen Kleidung und der Schürze immer mehr an eine Werkskantinen-Arbeitsbiene aus einer Maschinenfabrik im Reich der Mitte erinnerte, so zumindest unser vom Hunger bereits schwer getrübter Eindruck.

Ganz neue Erfahrungen

Der digital bestellte Fiano-Weißwein (Fl. 24) war aus, zu Glück wurde analog als Alternative ein Gargano-Chardonnay zum selben Preis angeboten. Alkohol hilft auch gegen Hunger, denn Gemüse und Glasnudeln wurden wohl im Stress mit dem Faktor Gast in Abweichung von der Routine vergessen.

Nun waren die 15 Minuten um und es ging los: Reis und Glasnudeln, dünne Scheiben Lammfleisch, marinierter Schweinebauch, mariniertes Lammfilet, Hähnchenbrustfilet, mariniertes Rindfleisch, hausgemachte Hühnchen- und Rindfleischbällchen (angefroren), mariniertes Pangasiusfilet und weiterer Seafood wurden geordert und trafen schon bald mit dem nochmal nachgefragten Gemüse am Tisch ein. Die Brühen wurden von einem freundlichen Herren fleißig nachgefüllt, da sie schnell zu sämiger Konsistenz reduzieren, was bei der „mittelscharfen“ Variante dem Biss in eine mit Pfeffer gefüllte Chilischote gleichkommt, aber alles bestens.

Schon bald war ein lustiges Schöpfen und Tauchen im Gange, da man hier auf die Fondue-üblichen Hilfsmittel wie Spieße und Körbchen vollständig verzichtet. Mit einer zweiten Flasche Wein vergingen die zwei Stunden wie im Flug, ja, es kamen kurze Erinnerungen an „Hot Pot“-Geschmacks-Erlebnisse in Thailand, Laos und auf den Philippinen sowie in chinesischen und japanischen Restaurants auf, die hier leider nicht annähernd erreicht wurden.

Trotz dekorativer Zugabe von ganzen Muskatnüssen, Chilischoten, Anissternen, Koriandersamen, Zitronengrasstengeln und ähnlichem, lag zum Beispiel das Niveau der Pho-Brühe weit unter dem eines durchschnittlichen Vietnamrestaurants. Noch tiefer flog nur noch die Arbeitsbiene: wie man sich vorstellen kann, hinterlässt ein zweistündiges Schöpfen und Tauchen aus Töpfen auf kleine flache Tellerchen (wer denkt sich so etwas aus?) einen ziemlichen Saustall auf dem Tisch.

Nachdem abgeräumt wurde, aber sich keine Anstalten der Tischsäuberung abzeichneten, bevor kleine Schalen mit ziemlich gutem Eis (Zuzahlung 90 Cent pro Kugel) aufgetragen wurden, nahm die junge Frau nach einer diesbezüglichen Aufforderung eine unserer gebrauchten Servietten und wischte damit die verbliebenen Essenreste auf Boden und Hosenbeine. Ganz ehrlich, das war eine neue Erfahrung, in diesem Fall aber wahrscheinlich die letzte.

Fazit: Das Essen ist eher unterdurchschnittlich und wird dem zeitgenössischen Anspruch der Lokalität nicht gerecht. Und: wenn man für vier Personen rund 180 Euro ausgibt, möchte man nicht wie in einer chinesischen Werkskantine oder Fast Food-Bums behandelt werden. Tablet statt Service – moderne asiatische Gastronomie geht trotzdem anders.

Chois, Tumblingerstraße 36
Täglich 18-23.30 / Sa+So auch 12-15.30 Uhr, Tel.: 089 39 29 01 31, www.chois-hotpot.de