Bar Tatar: Nomen est omen

Die Bar Tatar in der Schreiberei hat nicht nur einen der schönsten Innenhöfe – auf dem Teller spürt man gar die Handschrift des Meisters aus dem 1. Stock

Eines der ältesten Stadthäuser Münchens beherbergte früher ein Südtiroler Lokal namens Hofer, seit einigen Jahren hat hier mit der „Schreiberei“ ein Bistro eröffnet, das nicht zufällig so heißt. Seit 1552 wurde in dem denkmalgeschützten Haus mit der auffälligen Fassade die Stadtgeschichte dokumentiert – seit diesem Jahr wird hier im 1. Stock Gastronomiegeschichte geschrieben. Er beherbergt das Restaurant „Thoru“ des deutsch-japanischen Küchenchefs Tohru Nakamura, der auf raffinierte Art den Bogen zwischen klassisch-französischer, europäischer Küche und der Kulinarik Japans spannt und dafür 2025 mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet wurde. 

Bar Tatar in der Schreiberei (c) Rainer Germann

Das Erdgeschoß wurde vor kurzem in „Bar Tatar in der Schreiberei“ umbenannt; laut Service, hat hier auch der Meister kulinarisch, zumindest kuratierend, seine Hand im Spiel – natürlich eher auf gehobenem Bistro- statt Sterne-Niveau. Das Wetter spielt mit und so durchquerten der Autor mit einem guten Freund an einem Samstagmittag um halb zwei das wirklich ansprechend gestaltete Lokal mit seiner hübschen Bar, und wurde in einem der schönsten Hinterhöfe Münchens angenehm platziert. Noch war es ruhig – später am Nachmittag füllten immer mehr fleißige Shopper*innen der eher exklusiveren Sorte (wie man unschwer an den Marken auf den Einkaufstaschen erkennen konnte) die rund 50 Plätze im Hof. Wir hatten Hunger, und statt der anfänglichen Idee, ein paar Vorspeisen und eine Seezunge für 2 Personen zu wählen, fiel die Wahl auf eine Empfehlung des Hauses: Best of Selection (pro Person 55 Euro) ist praktisch ein achtgängiges Menü, das quer durch die Speisekarte führt und als Sharing geteilt werden soll.

Bevor es los ging, wurde noch Wein geordert: Die Wahl fiel auf einen Weißburgunder 2024 vom Weingut Klumpp aus Baden (Fl. 45) – ein frisch-fruchtiger Wein, der bestens zu den drei Vorspeisen passte, die anschließend serviert wurden. Ein Carpaccio aus Tomaten alter Sorten konnte mit Hibiskus-Dressing und kleinen Tupfern Basilikum-Creme vegetarisch überzeugen; der wirklich herausragende Garnelen-Cocktail war eine modernere, leichtere Variante des Klassikers vom berühmten benachbarten Delikatesshaus, die Salzwasser-Shrimps waren qualitativ auf allerhöchstem Niveau. Der Oktopus ließ allein durch seine wahnsinnigen Röstaromen leicht vergessen, dass die Tiere ja so furchtbar klug sind – dafür schmeckte er einfach zu köstlich. Dazu ein Romanesco-Dip, der eher an eine spanische Salsa erinnerte und Frühlingslauch-Streifen, die zwar hübsch aussahen, aber wenig hinzuzufügen hatten.

Natürlich, nomen est omen, dreht sich hier einiges um Tatar: Auf der Karte stehen acht Variationen, darunter Ausgefallenes wie ein Kalbstatar mit Melonengurke, Spitzpaprika und Oliven (23), Lachsforelle „Thai-Style“ (21), Karotte-Curry mit Buchweizen (16) oder das Tatar Royal mit 10g Royal Belgian Caviar (36). In unserem Menü kamen die Klassiker zum Zuge: Das Beef Tatar mit Parmesan und Miso sowie Balfégo Tuna Tatar mit Avocado und knusprigem Reis. Dazu gesellten sich Wilder Brokkoli mit Panko, gestocktem Ei und Kerbel sowie mit Lauchpulver bestreute Pommes Frites mit Sour Cream. Was soll man sagen – wieder hat alles ganz hervorragend geschmeckt, das galt auch für den Chablis Domaine du Colombier 2020 (54), der sowohl zum angemachten Tuna wie auch Rind passte. Dass die Mousse au Chocolat mit Passionsfrucht, Banane, Erdnüssen und Salzkaramell als Dessert dann im Bereich „Suchtmittel“ changierte, versteht sich fast schon von selbst.

Mousse au Chocolat (c) Rainer Germann

Fazit: In der Bar Tatar bekommt man raffinierte Bistro-Küche mit einem speziellen Twist, die, von Meisterhand kuratiert, europäische Gerichte mit asiatischen Aromen kombiniert. Die „Selection“ ist wärmstens zu empfehlen für zwei Personen, man spart gar etwas gegenüber den gleichen Gerichten à la carte; überhaupt ist das Preis-Leitungs-Verhältnis völlig in Ordnung auf diesem Niveau, dazu kommen guter Service und ein tolles Ambiente. Und, man kann schon mal anfangen zu sparen – auf einen Besuch im 1. Stock …

Adresse, Öffnungszeiten, Stadtplan

  • Name: Bar Tatar in der Schreiberei
  • Adresse: Dienerstr. 20, 80331 München
  • Öffnungszeiten: Di-Sa: 17 bis 1 Uhr/Küche bis 22.30 Uhr
  • Webseite: www.schreiberei-muc.de