1. Startseite
  2. Gastro

Madam Chutney: London Calling

Madam Chutney, Restaurant, München, Gastro-Kritik
Das Madam Chutney in der Frauenstraße © -

Ein Abend im Madam Chutney in der Frauenstraße ist ein schönes Allround-Erlebnis mit tollen Drinks und bester indischer Küche

J. kam gerade aus Indien zurück, vier Wochen war er da. Lass uns zu ’nem neuen Inder gehen, ein Inder wie in London. J. schaut skeptisch, er ist ursprünglich aus London, lebt aber schon ewig hier, nun wird er gerade Deutscher, wegen dem Brexit und so, andere Geschichte. In der ehemaligen Kolonial-Kellerbar Masters Home ist nun das Madam Chutney eingezogen und seit ein paar Wochen eines der angesagten Lokale in dieser Stadt.

Allein die Location ist stimmig: der koloniale Stil der Bar und des Restaurants mit dem Kamin, den Holzvertäfelungen und dem Piano wurde praktisch beibehalten und nur durch Fotos, Werbetafeln und Accessoires aus Retro-Indien ergänzt. Tische und Stühle im Shabby Chic Look, bunte Kerzenbecher und eine Lichtkonstruktion an der Decke verströmen eine Atmosphäre zwischen besserem Backpacker Hide Out und einem fancy indischen Restaurant in London, zum Beispiel dem Dishoom Carnaby in Soho. Hier hören die Parallelen nicht auf: Wer ins Madame Chutney zum Essen gehen will, sollte Englisch können – wie die website auf der man reserviert, ist auch die Karte im Zeitungslook in der Sprache der ehemaligen Kolonialmacht gehalten. Das Personal spricht aber Deutsch und hilft gerne, wie an einem Nebentisch zu beobachten war.

Bereits beim ersten Besuch mittags war klar, dass hier nicht die übliche indische Küche, die man in München so bekommt, serviert wird: das Madam’s Favourite Thali (12,90) entpuppt sich als ungewöhnlich schmackhaftes Hühnchencurry mit einem pikanten Dal Makhani (wird über Nacht geschmort, damit sich die Gewürze entfalten können), dazu Basmati-Reis und ein kleiner Salat aus feingehackten Tomaten mit Kräutern. Als vegetarische Variante wird ein Palak Paneer angeboten, Spinat und indischer Käse, dazu die gleichen Beilagen (12,50) und eine hausgemachte Mango-Lassi (3,80). Was soll man sagen, großer Genuss, am liebsten möchte man gleich weiteressen.

Dazu kam es eine gute Woche später, früher war abends kein Platz zu bekommen. Zusammen mit J. und einem weiteren Freund, machten wir uns wieder auf den Weg in den Untergrund nähe Viktualienmarkt, wurden von einem indischen Patron freundlichst empfangen und in die Bar geführt, der Tisch wäre in ein paar Minuten frei. Macht nichts, eine gute Gelegenheit mal die Cocktails (um die 10 Euro) zu probieren. Ein richtig scharfer Twisted Mule (mit Wodka und grünen Chilis), ein sahniger Bartender’s Choice, ein bis auf den Cardamom fast klassischer Madam’s Old Fashioned und ein erfrischender The Maharaja (Wodka, Ingwer, Honig) waren ein gelungener Einstieg.

Am Tisch Platz genommen (das Lokal ist voll, hoher Geräuschpegel, Musik etwas zu laut), bestellten wir Golgappe Purani Dilli, das sind luftige Bällchen aus ultradünnem Papadam-Teig mit gewürzter Kartoffelpaste gefüllt, und Dips (6,80). Dazu Lamb Samosa Sticks, Lammhack in knusprigen Teig gehüllt, mit scharfer Chili-Mayonnaise (4 Stk. 8,50). Ein guter Start und es wird noch besser: das Paneer Makhani Biryani (15,90) entpuppt sich als ein mit Naan-Teig ausgekleidetes Töpfchen, das mit einer kräftig gewürzten Reis-Gemüse-Nuss-Rosinen-Käse-Mischung gefüllt ist.

Allein der Duft von Nelke, Cardamom, Ingwer, Minze und vielen weiteren Gewürzen beim Anheben des Deckels – wunderbar. In kleinen Töpfchen und Pfännchen werden Basmati-Reis und das vom Mittagessen bereits bekannte Dal zu Lamb Pepper Fry (17,90) und Makhan Malai Tikka (15,60) serviert. Letzteres entpuppt sich als in Ingwer, Knoblauch und grüner Chilipaste marinierte Hähnchenstücke ohne Knochen, sehr schmackhaft aber keine Sensation.

Dafür ist das mit Limette, Ingwer und schwarzem Pfeffer marinierte Lamm, das in einer dicken Zwiebel-Tomatensoße langsam geschmort wurde, mit seinem süßlich-pikanten, leicht pfeffrigen Geschmack einfach umwerfend. Dazu gab es Kingfisher Beer (4), Grünen Veltliner (0,5 zu 15) und Cabernet Sauvignon Rocca (0,2 zu 8,50). Auch J. hat’s geschmeckt, er hat eigentlich immer was zu meckern beim Inder in München.

Mit einem wehmütigen „London Calling“ auf den Lippen und einem Gewürz-Potpourri am Gaumen verlassen wir den indischen Untergrund. Und werden wiederkommen – wenn wir einen Tisch bekommen.

Autor: Rainer Germann

Madam Chutney, Frauenstr. 11
Mo-Sa: 11.30-14/17.30-22 Uhr, Tel.: 0176 203 170 37, www.madamchutney.com