11:00 Uhr – 12:40 Uhr
Schauburg, Franz-Joseph-Straße 47, 80801
München
Theater
Endland
Doku-Dystopie von Martin Schäuble über eine Jugend im sich abschottenden Deutschland. R: Katharina Mayrhofer. Mit Janosch Fries, Hardy Punzel, Sibel Polat u.a. Die Wehrpflichtigen Anton und Noah bewachen die Grenzmauer, die Deutschland neuerdings umschließt. Anton findet die neue Regierungspartei und das nationale Selbstbewusstsein seines Landes gut. Noah ist das alles verhasst (ab 14 Jahren).
Die Wehrpflichtigen Anton und Noah bewachen die Grenzmauer, die Deutschland neuerdings umschließt. Anton findet die neue Regierungspartei und das nationale Selbstbewusstsein seines Landes gut. Noah ist das alles verhasst. Er findet es falsch, dass konservative Rollenbilder propagiert werden, Umweltschutz reduziert und Flüchtlingen kein Schutz mehr geboten wird. Flüchtlingen wie Nergiz: Sie flieht vor Hunger und Krieg. Im letzten verbliebenen Flüchtlingslager Deutschlands trifft Nergiz auf Anton. Die beiden freunden sich an. Als die Katastrophe droht, müssen die beiden entscheiden, wem sie glauben, und wofür und wogegen sie kämpfen.
Martin Schäuble ist 2017 ein spannender Roman gelungen, der die gesellschaftlichen Diskurse zu einer Dystopie verdichtete, die uns heute erschreckend realistisch erscheint. Der Autor recherchierte schon vor 15 Jahren in rechten Milieus. Er bereiste weltweit Armuts- und Krisenregionen. „Endland“ ist sein zweiter Jugendroman, weitere folgten. Mit und für die Schauburg entsteht seine Dramatisierung des
Jugendbuchs.
Katharina Mayrhofer hat an der Münchner Otto-Falckenberg-Schule Regie studiert und an der Schauburg assistiert. „Unterm Kindergarten“ war ihr Debüt, gefolgt von „Ich hab noch nie“ und „Tatort Schauburg“. Weitere Inszenierungen brachte sie in Esslingen und Ingolstadt heraus.
Karten-T. 089 233737155
Die Besprechung unseres Theaterexperten Peter Eidenberger:
Wie schaut das aus, wenn die Rechten an der Macht sind? Martin Schäubles Jugendroman von 2017 ahnt schon im Titel, was kommt: „Endland“. Diktatur, klare Ansagen, was deutsch ist, „Ihr seid Wölfe, keine Schafe!“, brüllt der Offizier in Bomberjacke (David M. Campling), Fehler korrigiert Cindy, die allpräsente KI. Deutschland 2030, ein düsteres Land.
Düster wie die Bühne in der Schauburg, die den Roman nun als „Doku-Dystopie“ (unter Mitarbeit des Autors, mit ein paar Änderungen) ins Theater bringt. Eine dunkle Kasernenhalle, ein paar Matten, davor eine transparente Leinwand: per Splitscreen sehen wir schnelle Schnitte von News, TikTok-Happen, stilisierte Kampfszenen wie aus dem Modellbauland. Und zwei Rekruten, aus Überwachungsperspektive oder mit direktem Spiel in die Kamera, junge Grenzbewacher (und ihre Nähe zeigt mehr als nur eine Arbeitsbeziehung): bei Anton (Janosch Fries) hat die Gehirnwäsche voll durchgeschlagen, doch er wird ins Grübeln kommen, Noah (Hardy Punzel) opponiert von Beginn an gegen die „Neue Alternative“, er flieht in den Widerstand. Dazu kommt die Geschichte von einer, gegen die sich dieses Land abschottet: Nergiz, eine junge Kurdin. Sibel Polat vermittelt hoch authentisch, was es heißt, von Politik und Klima aus der Türkei vertrieben zu werden, und was Flucht bedeutet.
In der Regie von Katharina Mayrhofer gelingen hundert heftig beklatschte Minuten, die unbedingt etwas wollen. Mit konzentriertem Spiel und bedrohlichem Setting nachvollziehen, was Leben in einem unterdrückten Land heißt – und klarmachen: wer solche Zustände nicht will, muss aktiv werden. Aktuelle AfD-Zitate rücken diese drohende Zukunft in erschreckende Nähe – ob man die Zielgruppe 14+ allerdings mit Agitprop ins Denken und Handeln kriegt? Egal. „Endland“ ist beklemmende Aufklärung, spannend gemacht. Und super Diskussionsstoff.
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Veranstaltungsort / Karte
Schauburg
Adresse: Franz-Joseph-Straße 47,
80801 München