Wenn Mama nicht leben mag – „All das Schöne“ im Metropoltheater

Lachen und Weinen: Duncan Macmillans „All das Schöne“ – eine kleine, aber sehr besondere Coming-of-age-Story im Metropoltheater.

Kaum nimmt man im Café des Metropoltheaters Platz, schon kommt der Schauspieler Philipp Moschitz an den Tisch, begrüßt einen, verteilt Zettel und sagt was von „interaktiv“. Na super, mitmachen im Theater – wer will das schon! Peinlichkeit vorprogrammiert.

Den 1980 geborenen Engländer Duncan Macmillan kennt man hier schon, von „Atmen“, der Zweier-Beziehungskiste, die mit großem Erfolg gelaufen ist. „All das Schöne“ (uraufgeführt 2013) nun ist ein Solo, aber wieder eine brillante Melange aus den Spuren, die Leben ausmachen. Und eine Gratwanderung. Denn hier wird kein Biopic von der Bühne heruntererzählt: diese Geschichte verlangt – und so hat es Metropol-Chef Jochen Schölch jetzt auch eingerichtet – Interaktion mit dem Publikum.

Mit dem ersten Selbstmordversuch der Mutter beginnt der junge Mann eine Liste, auf den verteilten Zetteln stehen Punkte daraus: was im Leben schön ist und wofür es sich zu leben lohnt. So was wie „Eiscreme“ oder „Länger aufbleiben“ oder „Ins Meer pinkeln und keiner merkt‘s“. Assoziationsschnipsel, die beim Zuschauer schnell eigene Erinnerungen freisetzen. Dazu noch die Musik, bisschen Jazz, Pink Floyd, Queen, Tina Turner, vom Band oder live am Klavier: nächste positive Anbindungsebene.

Das macht das Weinen, das noch kommen wird, leichter. Aus den zugerufenen Stichworten sortiert sich nach und nach das Leben dieses Mittdreißigers. Philipp Moschitz – Brille, Jeans und hoch geschobene Pulli-Ärmel geben ihm was Studentisches – ist der erzsympathische Mastermind des Abends, er nimmt uns bei der Hand und führt uns durch Tiefen und Höhen dieser Coming-of-Age-Story: der Tod des Hundes, die Depression der Mutter, das Verlieben, die Heirat. Bis zur Trennung und den eigenen Problemen.

Das Interagieren funktioniert wunderbar, weil Moschitz‘ Art schnell Vertrautheit im Publikum entstehen lässt, ein Entre nous. Und so wird aus einem dramaturgischen Kniff durchaus schlüssiges Mitspielen: auch wenn dann schon mal wer als Vater, Lehrerin oder Lebenspartner herhalten muss. Am Ende kriegt dieser kleine, aber sehr feine, witzige und berührende Abend viele Bravos. Und peinlich ist in diesen 75 Minuten absolut nichts.