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Jazz-Gastronom Thomas Vogler: „Ich pfeife aus den Ohren“

Gastronom Thomas Vogler
Freut sich schon auf die nächsten 25 Jahre: Thomas Vogler © Ralf Dombrowski

Thomas Vogler von der Jazzbar Vogler lässt sich nicht unterkriegen. Wie „orgasmatisch“ nun wieder Konzerte steigen. Und warum zuletzt der Hund kotzte.

Herr Vogler, wenn man die lange hinausgezögerte Erlaubnis, in Ihrer schönen Bar nun doch endlich wieder Konzerte spielen zu können, mit einem Musikstück, vielleicht sogar einem Jazzstück vergleichen würde: Wie müsste man den abrupten Ton-Art- und Rhythmuswechsel der letzten Tage beschreiben, und wie groß ist Ihre Versuchung, jetzt ganz laut und mindestens so befreit wie das Muppet-Monster auf die Pauke zu hauen?
So ein Stück wurde noch nicht geschrieben. Noch nicht einmal von den krassesten Punkern, Free-Jazzern oder Atonalen. In Dull. Einer Mischung aus Dur und Moll. Und wenn ich jetzt auch noch wie Animal ein Schlagzeug bearbeiten würde, hätte ich am nächsten Tag gleich die nächste Androhung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens am Hals.

Man kennt Sie als einen Mann von Langmut und Leidensbereitschaft, aber auch einen Kämpfer für die gute Nachtsache: Wie groß war trotzdem zwischenzeitlich Ihre Sorge, das eigene Lebens- und Berufsmodell noch mal komplett auf den Kopf stellen zu müssen?
Wie wahrscheinlich bei jedem in einer vergleichbaren Situation gab es Up and Downs. Mit Mitte 50 noch einmal das gleiche Risiko zu gehen wie mit 30 bei der Eröffnung 1997?! Nimmt mich alten Knacker noch wer?! Altersarmut?! Priorität A war aber immer: Ich habe über 24 Jahre für das „Vogler“ gekämpft. Solange „noch was geht“, wird weiter gekämpft.

Üblicherweise gehen Sie zähen Verhandlungen und manchmal nicht ganz so geschmeidigen Bürokraten ja nicht aus den Weg. Trotzden: Wie viel Schweiß hat das Ringen um eine gute Lösung für den Vogler Sie zuletzt gekostet?
Ich habe ihn nicht gesammelt. Aber es waren schon ein paar Tröpfchen. Das Problem waren ja nicht die direkt für mich zuständigen Beamten, die haben sich alle Mühe gegeben, eine Lösung zu finden. Das Problem war eher, dass in der Entscheider-Ebene die grundsätzliche Bereitschaft, nicht nur dem, lukrativen, Fußball eine Plattform und Freiheiten zu ermöglichen, sondern, bei wesentlich geringerem Risiko, auch der Kultur, zu fehlen schien. Und: Es fehlte ein wenig an der, nach neunmonatigen Berufsverbot, nötigen Sensibilität.

Wie hält man eigentlich die kleine Mannschaft und nicht zuletzt die Musiker, die gerne bei Ihnen auftreten bei der Stange?
Mit Glück meine kleine Mannschaft. Danke! Und Musiker musste ich nicht bei der Stange halten. Die hatten es nicht einfacher wie ich. Die sind so froh wie ich, endlich wieder auftreten zu dürfen. Mit einer „Solidargemeinschaft für die Musiker“ und einem eigenen Unterstützungs-Konto haben meine Gäste und ich ein klein wenig zu helfen versucht.

Konnten Sie sich wenigstens einen Boxsack anschaffen, um nach langen Tagen und Nächten mit immer neuen merkwürdigen Vorschriften zumindest vor dem Einschlafen ein wenig Dampf abzulassen?
Ich habe ein Buch geschrieben. „Der kotzende Hund“. Mit Bar-Geschichten aus den letzten 24 Jahren. Das war mein Boxsack. 

Um wie viel größer ist jetzt der Euphorie-Druck, der wieder aus dem Kessel muss?
Ich pfeife aus den Ohren.

Niemand will unken: Aber normalerweise hätte man sich ja einen etwas günstigeren Wiederöffnungstermin als ausgerechnet den Hochsommer gewünscht. Aber wie groß ist Ihre Hoffnung, dass Ihnen Freunde, Fans und Stammpublikum tapfer die Treue halten?
Der Zeitpunkt ist nicht optimal, aber nicht mehr zu ändern. Schlimmer als es war, wird es kaum kommen. Und alle haben mir jetzt schon so lange die Treue gehalten, dann schaffen wir jetzt auch noch die nächsten 25 Jahre.

Letzte Frage: Wie genau fühlt sich an einem Vogler-Abend eigentlich genau der Bar- und Musikmoment an, auf den Sie sich schon so lange wieder gefreut haben?
Orgasmatisch. Wenn alle, meine Musiker, meine Gäste, meine Mitarbeiter (und ich) einen schönen Abend erlebt haben.

Alle Infos und Termine sowie Links zu Thomas Voglers Bar-Geschichten „Der kotzende Hund“ gibt’s hier: www.jazzbar-vogler.com

Interview: Rupert Sommer