Die finnischen Goth- und dänischen Glam-Rocker beweisen in der Muffathalle, dass heavy auch humorvoll sein kann.
Ok, für erstere stimmt das nur zum Teil: Irgendwo zwischen Sisters Of Mercy, Lords Of The New Church und Iggy Pops „Instinct“-Phase angesiedelt, lassen The 69 Eyes bei leider etwas lauem und zu leisem Sound Anklänge an die eher düstere Seite der Achtziger Jahre aufkommen. Besonders Sänger Jyrki mimt mit tiefem Bass und schwarzer Sonnenbrille den guten Andrew Eldritch, flankiert von seinen Saitenspielern Bazie, Archzie und Timo-Timo steht er stoisch am Mikro und führt durch ein Set mit den größten Hits der Band mit schön plakativen Titeln wie „Feel Berlin“, „Devils“, „Gothic Girls“, „Brandon Lee“ und der aktuellen Single „Lost Boys“. Aus der Zeit gefallen, nicht unsympathisch, aber doch nur für diejenigen im Publikum gedacht, die sich noch an die Achtziger erinnern können, obwohl sie dabei waren. Take this, Falco.
Umbau für die Dänen: D-A-D, ursprünglich Disneyland After Dark genannt, bis der unlustige Spaßkonzern ein Namensverbot beschloss, werden seit 40 Jahren in ihrer Heimat verehrt wie wenige Bands und sorgten mit ihrem Album „No Fuel Left For Pilgrims“ Ende der Achtziger weltweit für Aufmerksamkeit. Kein Wunder: Wo einerseits Hairspray-Metal für klebriges Gejaule und Gedudel, andererseits dumpfes Doom-Gedröhne für Gehördurchfall sorgte, versprühten D-A-D einen frischen, an Glam und AC/DC-Riffs geschulten, humorvollen Blick auf eine Sorte von Hard Rock, der zwar in der Vergangenheit wurzelte, aber auch neue Akzente setzen konnte.

Dass sich die Brüder Jesper (Vocals) und Jacob Binzer (Gitarre) sowie Bassist Stig Pedersen mit ihren blonden, langen Mähnen auch auf Bravo-Postern gut gemacht hätten und ihre Bühnenshows eher einem Sitcom- und Varieté-Setting als einer martialischen Marshall-Turm-Burg entsprachen, trugen schon bald dazu bei, dass D-A-D nicht nur von der Heavy-Metal-Gemeinde gefeiert wurden. Auch ihre Songs versprühten einen gewissen Glam-Pop-Appeal und nachdem der Autor die Band das letzte Mal von 25 Jahren bei einem großartigen Auftritt als Headliner vor über 70 000 Menschen mitternachts auf dem Roskilde Festival gesehen hat, war er gespannt, was der Zahn der Zeit an dem Quartett aus Kopenhagen übriggelassen hat.
Die im Circus Krone angesetzte Co-Headliner-Show wurde in die gut zweidrittel gefüllte Muffathalle verlegt, und nachdem die Finnen die Bühne geräumt hatten und einige Kajal-Augen müde gen Bettchen verschwunden waren, erlebten die Dagebliebenen ein wirklich tolles Konzert einer trotz überschaubarem Publikum bestens gelaunt aufspielenden Band, der man das Alter (Jesper und Stig sind heuer 60 geworden) weder ansah noch -merkte. Im Gegenteil: Bei knackig lautem und hervorragendem Sound legten die Dänen mit dem Opener „Jihad“ vom eingangs erwähnten Durchbruchsalbum ein richtiges Brett hin, in das mit „1st, 2nd &. 3rd“ und „Girl Nation“ gleich noch ein zwei weitere Knaller gehämmert wurden.
Jesper bei bester Stimme, seine launischen Ansagen in Deutsch, die Flying V im Anschlag – hier ist der geborene Rockstar am Werk, und das wie gesagt seit 40 Jahren. Bruder Jacob bearbeitete die schwarze SG wie der kleine Wizzard aus Australien, der hier den ein oder anderen Riff entliehen hat, der „neue“ Schlagzeuger Laust Sonne (seit 1999) legte das Fundament, auf dem Stig Pedersen mit seinen zweisaitigen, in witzigen Body-Shapes gebastelten Bässen in seinem silbernen Space-Drag-Glam-Outfit den Groove bestimmte.
Das alles kumulierte in gern wiedergehörten Songs wie „Speed Of Darkness“, „Riding With Sue“ oder dem Knaller „Bad Crazyness“ am Schluss des Sets zu einer Maschine, die Erfahrung mit Spielfreude mischt und Routine ohne faden Beigeschmack präsentierte. Als Zugabe dann das frenetisch gefeierte „Sleeping My Day Away“ – ein Hard-Rock-Kracher über das süße Nichtstun, fast so schön wie ein Beach-Boys-Song mit mehr Balls. Mit „It’s After Dark!“ entlässt die Band ihr Publikum – das Licht wird für D-A-D aber noch lange nicht ausgehen, soviel steht fest.
