Oskar Haag

IN-München-Review: So wars … bei Oskar Haag

Verliebter Schwan: Oskar Haag verzückt seine Fans beim Solokonzert im Milla

Unbeschreiblich weiblich, um es mit Nina Hagen zu sagen, war das Publikum im ausverkauften Milla. Und ja, der 2005 im österreichischen Klagenfurt geborene Sänger und Songwriter Oskar Haag verzückte die Damen vom Teenager- bis ins (Früh-)Rentenalter – und das zurecht. Der mittlerweile 19jährige Sohn von Oliver Welter, seines Zeichens Sänger und Gitarrist bei der Indierockband Naked Lunch, gehört zu den charismatischsten Stimmen des deutschsprachigen Raums, obwohl er bestens in Englisch singt; mit seiner androgynen Erscheinung erinnert er an Vorbilder von David Bowie bis Mike Hadreas aka Perfume Genius. 

„Happy We’ve Met“ erklingt fast schon symbolisch als zweiter Song, Haag steht allein auf der Bühne, singt, spielt akustische Gitarre und Piano. Bereits der nächste Song „Parents“ ist ein ganz neuer, er „soll irgendwann erscheinen, irgendwann demnächst“, erklärt er vage. „Hold Me Tight“ wird schön von der mitwippenden Menge mitgesummt; im Grunde gehe es bei fast allen Songs von ihm über die Liebe, sagt Oskar kurz zwischendurch an. Schon kommen mit „Alright Now“, „Dark Port“ und dem fast schon kitschigen „Roses“ am Piano weitere neue Stücke daher. Allesamt erinnern sie auch mal an den deutschen Schwerromantiker Maximilian Hecker, der vor gut 20 Jahren als Bruder im Geiste Oskar Haags Schicksal des jungen Ausnahmesängers mit großer Karriere vor Augen teilte, dann mittels Goetheinstitut big in Japan, bzw. Asien wurde, hierzulande aber (leider) in den letzten Jahren weniger in Erscheinung trat (hat aber gerade ein neues Album veröffentlicht, Rezi steht im aktuellen Heft).

Zurück ins Milla: Der kleine Walzer „In Your Eyes“ wird von der in ein paar Tagen erscheinenden neuen Single „Food Poisoning“ abgelöst: „Enjoy this postcard from Cancún, I ate something I know I shouldn’t try, got food poisoning and thought that I would die …” Oskar Haag verehrt auch die Musik von Pete Doherty und bei keinem Stück kommt das so gut zur Geltung wie bei „Don’t Just Exist, Live“; ein Höhepunkt live wie auf dem Debütalbum „Teenage Lullabies“ ist die an Bobby Darin oder Ricky Nelson gemahnende Schnulze „Love Me For Tonight“ – gerade blinken noch die Lichter am Prater-Riesenrad und schon sind wir wieder im Hier und Jetzt mit „Stargazing“, dem Stück, das den gerade mal 16jährigen Oskar praktisch über Nacht vor drei Jahren durch Stimme und Tanz in einem verträumten Video bekannt machte. 

Wer jetzt dachte, da kann eigentlich nichts mehr kommen, wird eines Besseren belehrt: Nach einer kleinen Einleitung über die Liebe zu Gustav Klimts „Der Kuss“ wird mit der gleichnamigen Pianoballade, die vom berühmten Gemälde inspiriert wäre, der vielleicht beste neue Song des Abends dargeboten: Hier beweist Haag eindringlich, dass von ihm noch einiges zu erwarten ist. Danach werden Playback und Diskokugel angeschmissen, Oskar tanzt einen androgynen sterbenden Schwan auf Ecstasy dazu, nicht nur die weiblichen Fans zucken verzückt und ein abschließendes „Lullaby“ beschließt stimmig diesen Abend. Respekt: Wie bereits Tristan Brusch vor ein paar Wochen hat es der rund fünfzehn Jahre (!) jüngere Oskar Haag ebenfalls geschafft, 90 Minuten (fast) nur mit akustischer Gitarre, ein bisschen Piano und seiner Stimme bestens zu unterhalten. Und auch hier im Mittelpunkt: Die starken Songs, die bei beiden Künstlern immer besser werden.