Judas Priest

IN München-Review: So war’s bei … Judas Priest

Heavy-Metal-Frühling der alten Männer: Judas Priest liefern einen würdigen Einstieg in die Karwoche

Rausgehen und Musik echt erleben. Wenn die Bässe auf den Bierbauch drücken. Wenn die Beine wieder zucken, die Haare verkleben. Und meistens sogar das Handy in der Tasche bleibt. Natürlich hat Biff Byford, einer der vielen weisen Männer mit den schlohweißen langen Haaren in der randvoll gefüllten Olympiahalle, die am Montagabend zu Beginn der Passionswoche wie ein riesiges, dunkel gewölbtes Kirchenschiff wirkt, völlig recht. Wenn gleich drei Metal-Gods-Gottesdienste mit den britischen Legenden Uriah Heep, Saxon und Judas Priest unter einem Dach anstehen, dann ist das kein Ort für seelenlose Streaming-Schnipsel oder Spotify-Playlists: „This is not fucking Netflix“, röhrt der „Saxon“-Frontmann Byford bestens gelaunt ins Mikrofon. Dann lässt er den „Motorcycle Man“ durch die Halle knattern. Oder setzt die „Wheels of Steel“ in Gang.

Ob sie die alten Hits auch spielen würden? Was für eine Frage: „Of course we fucking do it“, brüllte Byford stolz. Schon Uriah Heep mit dem altgedienten Ur-Mitglied Mick Box zog da natürlich mit. Und wie sonst nur beim Lagerfeuerabend am Baggersee oder auf der Isar-Kiesbank stellte sich mit den völlig unkitschig und unabgenudelt ins Stadionrund gezauberte Hymnen „Easy Livin’“ und „Lady in Black“ vorösterliches Frühlingsglück ein. Saxon erhöhte das Tempo. Mehr Adrenalin. Mehr Gespanntheit. 

Und dann war das Feuer entfacht für den Hauptgottesdienst mit dem Karwochen-Judas. Kaum war der traditionsreiche Opener mit Ozzy Osbournes „War Pig“-Litanei aus dem Off – sowie die Erkennungsmelodie zum aktuellen Album „Invincible Shield“ – verklungen, fiel auch schon das bühnenhohe Banner mit dem „United We Stand“-Glaubensbekenntnis. Rob Halford nahm die Gemeinde ins Gebet. 

Mittlerweile mit vollem weißem Priesterrauschebart ging’s über „Panic Attack“, das treibende Stampfen von „You’ve Got Another Thing Comin’“ schnörkellos zur Hit-Offenbarung: „Breaking the Law“. Und da war sie sofort wieder, die Metal-Magie: Halford ließ seine schmuckvollsten Soutanen funkeln – das lange Glitzer-Sakko, die lange Lederkutte, den Fransen-Mantel, den Gold- und den Nieten-Umhang. Auf und über der Bühne glühte der Dreizack in Flammen. 

Immer wieder flog kurz der Vorhang zur Sakristei auf – und wieder neu gekleidet präsentierte sich Halford den Jüngern. Er schnürte über die Bühne, umrundete wie ein unruhiger Wolf die Herde, seine Schäfchen streng im Blick, war sich aber auch nicht zu fein, sich wie ein mitfühlender Gevatter zu seinen Gitarristen hinabzubeugen und deren flinke Finger zu bestaunen, wenn die sich mal wieder an einem besonders herausfordernden Solo abmühten. 

Der Blitz schlug ein („Lightning Strike“), die Bühne färbte sich blutrot – beim eher selten gespielten „Love Bites“ mit eindrucksvollen „Nosferatu“-Einblendungen auf den Altarwänden. Ganz zum Schluss reichte der Meister natürlich den „Painkiller“. Und schon vorher beim Weihefest der „Metal Gods“ stampfte die Versammlung der Beseelten und stimmt den großen Choral an. Im Bühnenhintergrund erinnerte die berühmt-berüchtigte „British Steel“-Klinge an den gebotenen Ernst des Ganzen. Sogar der Signet-Song der Tour fügte sich geschmeidig ein – ins oft grelle Dröhnen. „Invincible Shield“ heißt der Titeltrack zum Album. Ob Judas Priest unbesiegbar ist? Zumindest Rost hat hier niemand angesetzt. 

Im Zugabenblock folgte dann natürlich noch das hell aufleuchtende „Electric Eye“ und der Motorrad-unterstützte Final-Spurt mit dem Klassiker „Hell Bent for Leather“. Und dann entließ der Priester die Gemeinde – fast schon mit dem Mitternachtssegen: „Living After Midnight“. Es wird ein Leben, ein Weiterleben geben. Immerhin ist ja bald Ostern. Und für den Heimweg gab’s noch Halt: „Thank you for keeping the Heavy Metal faith“, sagte Rob Halford. Aber ja doch. Ehrensache.