Folklore ohne Kitsch: Restaurant Champor

Restaurant Champor: Heimweh und Fernweh 

Das malaysische Restaurant Champor wird 20 Jahre alt – Kiren Kumari Alt-Amrik Singh präsentiert dort exotische Küche auf hohem Niveau

Es fühlt sich ein bisschen an wie ein Date, kulinarisch natürlich. Stimmt, lacht Kiren, obwohl sie nicht wie der Autor bereits beim Baby-Mai Tai angekommen ist, in der erwachsenen Version eine Spezialität des Hauses. Von diesen gibt es viele im Champor, dem ersten und bisher einzigen malaysischen Restaurant in München, wie Kiren Kumari Alt-Amrik Singh stolz erklärt.

Der Reihe nach: Die Einladung ins Champor kam spontan – mit freundlicher Stimme, die charmant zwischen Deutsch und Englisch wechselt, erklärte Kiren ihr Anliegen: nach 20 Jahren sollten einfach noch mehr Menschen, die wohl facettenreichste Küche Asiens einmal kennenlernen. Ein Wink des Schicksals: Seit Jahren hatte der Autor das Lokal schon auf dem Schirm bei der Jagd nach exotischen Genüssen, aber wie es halt so ist, immer kam irgendetwas dazwischen, auch stolpert man als Innenstadtbewohner nicht direkt darüber. 

Das Champor befindet sich im Stadtteil Denning/Bogenhausen, eine eher ruhige Wohngegend im Osten. Nach der Anfahrt mit U-Bahn und Bus ein erster Eindruck: Die weitläufig bepflanzte Terrasse entführt mit großen Steinkrügen in einen asiatischen Garten – eine große Fensterfront trennt diesen vom Restaurant, dessen zum Teil folkloristisch-buddhistisch-hinduistische Einrichtung durch große schwarzweiße Familienfotos einen modern-retrospektiven Touch erhält.

Kirens Mutter Sushila, sie selbst als Kind mit ihren Geschwistern, ihre Großeltern sind darauf zu sehen – auch die erste Seite der Speisekarte schwelgt unter dem Motto „My Best Food Memories“ in Erinnerungen. Kiren stammt ursprünglich von der Insel Penang, vor 26 Jahren ist die gelernte Kommunikationswissenschaftlerin mit ihrem deutschen Mann nach München gekommen – die Eröffnung des Champor war auch ein Ventil mit Heimweh umzugehen und Rezepte ihrer geliebten neunzigjährigen Nanny, mit der sie regelmäßig skypt, zu bewahren.

Das gilt auch für ihren Vater, dem sie mit einem Bier-Mai-Tai-Mischgetränk namens „Musang“ ein Denkmal gesetzt hat. Erfrischend wie ein exotisches Radler steht es am Anfang eines Geschmackstrips, der aus der Vielfalt dieser indisch, thailändisch, chinesisch, britisch, portugiesisch und natürlich indonesisch beeinflussten Küche schöpft. Alle Gerichte im Champor wurden von Kiren und ihrem Team entwickelt und werden täglich von Hand aufwendig zubereitetet; viele Gewürze und Zutaten kommen aus Malaysia, freilaufende Hühnchen und Enten aus Bayern. 

Abenteuer für den Gaumen

Scharf heißt hier scharf, meint Kiren, und bereits bei einer der ersten kleinen Vorspeisen (die wir als kleine Portionen auf einer großen Platte genießen, die es aber im Restaurantbetrieb als Einzelportionen gibt) wird die Probe aufs Exempel gemacht: die Chili Wantans, hausgemachte, mit würzigem Hähnchenfleisch gefüllte Teigtaschen, gekocht und geschwenkt in einer scharfen Koriander-Knoblauch-Chili-Sauce (15,90), treiben dem Gast Tränen in die Augen, schmecken aber köstlich.

Das frisch gebackene Roti Canai, indisches Fladenbrot (3,90), wirkt mildernd, das dazu gereichte malaysische Curry (4,80) schmeckt ungewöhnlich satt und tiefgründig. Die Butter-Prawns von bester Qualität, dazu wieder geheimnisvolle Marinaden und Dips, viel mit Erdnüssen, Curry-Blättern, Kräutern. Raffiniert sind die „Peanut Sagu Balls“ – grellgrün gefärbte, in „stundenlanger Handarbeit“ gefertigte Bällchen aus Stärke-Perlen (Sagu), gefüllt mit einer Gemüse-Erdnuss-Mischung, dazu Palmzucker-Shrimp-Paste (16,90). 

Mit den Hauptgerichten (22 bis 34/mittags um die 15 Euro) wird noch tiefer in die malaysische Kochkunst eingetaucht: das „Lamb Kari“ nach „Nanny’s Recipe“ ist ein indonesisch-indisches Curry mit Sternanis, Kardamom, Ingwer, Masala und Ananas-Chutney; „Chili Garlic Duck“ ist in der Karte als „anders, intensiv und fischig“ für „fortgeschrittene Asien-Fans“ angekündigt – knusprig gebratenes Entenfleisch, geschwenkt in einer Gewürzmischung aus frisch gestoßenen Petai-Bohnen, Chili, Knoblauch, Schalotten und Shrimps-Paste.

Etwas ähnlich raffiniert und eigenwillig Gewürztes hat der Autor mal in einem Dschungeldorf am Ufer des Mekongs in Laos gegessen – allerdings war das Fleisch nicht von einem Tier das fliegen konnte … Was trinkt man dazu? Musang oder Bierchen, auch ein Riesling von Fritz Haag (Fl. 47) oder andere deutschen Weine sind im Angebot. Der Digestif ist aber klar: ein Baby-Mai Tai, lacht Kiren, womit wir wieder am Anfang wären.

Fazit: Authentische asiatische Küche im stimmigen Ambiente, die nicht nur aufgrund akribischer Zubereitung und bester Qualität ihren gehobenen Preis hat. Unbezahlbar ist die Leidenschaft, mit der die charmante Inhaberin ihren Gästen die immer wieder wechselnden Gerichte und deren Ursprung erklärt – selten haben Erinnerungen so gut geschmeckt und so viel Fernweh ausgelöst. Reservierung am Wochenende: dringend empfohlen.

Rainer Germann

Adresse, Öffnungszeiten, Stadtplan

  • Name: Champor
  • Adresse: Warthestr. 5, 81927 München
  • Öffnungszeiten: Di-Fr: 11.30 bis 14.30/18 bis 22.30/Sa: 18 bis 23 Uhr
  • Webseite: www.champor.de