Raffiniert abgeschmeckt: Rote Beete und Bulgur im TenInch

TenInch am Gotzinger Platz: Gemischter Satz mit Kebab

Das TenInch am Gotzinger Platz bietet Levante-Küche zu einer eindrucksvollen Weinkarte

Eigentlich wäre hier ein Hotel geplant gewesen, verrät der junge Mann im Service, der Neubau am Gotziger Platz beherbergt nun viele Büros und im Erdgeschoss das TenInch. Moderne Lichtinstallationen, ein riesiger Tisch für rund zwanzig Personen mit einem kleinen Garten nach japanischer Art in der Mitte, fast schon avantgardistisches Mobiliar – wer hier ob der kulinarischen Ausrichtung orientalische Folklore erwartet, wird auf positive Weise enttäuscht. In großen Weinkühlschränken lagern die Schätze – wobei wir schon beim Thema wären. Die Weinkarte wird mit größter Sorgfalt und Bezug zu den Winzern vom Inhaber Daniel Oskouei alias Kurosh gepflegt, der bessere Ausdruck dafür ist das mittlerweile auch gern in dieser Beziehung gern verwendete Wort „kuratiert“. Auf die Karte kommt nur, was wirklich überzeugt – und dass manche Winzer wahre Künstler sind, weiß jeder, der schon mal einen Burgunder von Anne Gros oder Jean Louis Trapet probiert hat.

Wie viele junge Sommeliers und Weinkenner ist auch Daniel ausgewiesener Fan der traditionsreichen Weine von der Côte-d‘Or, gefühlt die Hälfte der rund 400 Positionen umfassenden Weinkarte unterteilt sich in große Namen wie die bereits erwähnten von der Côte de Nuits (mehr rot) und den Kollegen wie Arnaud Ente oder Domain Ramonet von der Côte de Beaune (mehr weiß). Das diese Weine Geld kosten ist klar (Flaschen zwischen 50 und 650 Euro), aber als Burgunderliebhaber kann der Autor versichern, dass viele der Weine (wenn man sie denn überhaupt bekommt) fair kalkuliert sind. Dass Daniel bereits über den tollen Jahrgang 2022 bestens informiert war, u.a. weil er im letzten Herbst bei der Lese in Mersault geholfen hat, unterstreicht die professionelle Leidenschaft des Gastgebers. Auch in dem neuen Buch „Eingeschenkt“ von Top-Sommelière Paula Bosch erweist er sich als ein versierter Gesprächspartner mit dem nötigen Gespür für die Weine dieser Zeit.

Großer Tisch im japanischen Stil: TenInch
© Rainer Germann

Wer jetzt meint, er müsste einen Wochenlohn ins TenInch mitbringen, um ein bisschen Mezze oder Kebab zu schnabulieren und ein zwei Gläschen zu trinken, kann beruhigt sein: es gibt eine Karte mit offenen Weinen (Glas 0,1 zwischen 4 und 6,50/Fl. ab 25 Euro), die bereits schön ausgewählt zu den nahöstlichen Köstlichkeiten passen. Zum Beispiel ein fruchtigen Grauburgunder „Quvinterra“ vom Weingut Kühling Gillot zu einem würzig mit Paprika, Kreuzkümmel und Granatapfelsirup angemachten Bulgur (7) oder der Orangewein „For Those About To Rock“, ein Gemischter Satz vom Weingut Rebenhof aus der Südsteiermark, zu mit Apfelessig marinierter Roter Bete mit einem Joghurtdip und Koriandersaat (7).

Die freundliche Restaurantleiterin erklärt anfangs bei der Bestellung, dass zwei Mezze-Schalen als Vorspeise ausrechend wären, wenn man nachher noch ein Kebab essen möchte. Wir möchten und nehmen uns vor, Hummus, Böreg, Ziegenkäse im Blätterteig, den Rohkostsalat oder Labneh, abgehangener Joghurt mit Zatar und Walnussöl, das nächste Mal zu probieren. Sich das Kalb-Lamm-Kebab in einem fluffigen Brioche-Brötchen mit Kräutersalat, Tomatensoße, gegrillter Peperoni, Zwiebelsalat und Zitrone zu teilen, entpuppte sich als großer Fehler – es war einfach zu köstlich. Auch hier müssen auf alle Fälle die vegane Variante oder die Version mit saftigem Huhn aus der Keule mit Lime-Mayo noch probiert werden. Am besten auf der Terrasse, die jetzt hoffentlich bald den ganzen Tag Sonne hat und auf der man dann zu einem Vermentino oder Spumante nochmal neben den kulinarischen Köstlichkeiten die Weinkarte studieren kann, um vielleicht doch die Reise ins Burgund anzutreten.

Modernes Licht- und Möbeldesign
© Rainer Germann

Fazit: Die mediterran-nahöstliche Levante-Küche ist schwer angesagt, denn sie ist eher leicht, gemüselastig, gut bekömmlich und raffiniert gewürzt. Das TenInch (bezieht sich wohl auf die Länge des Kebab), ist ein modernes neues Lokal mit sehr gelungener, bezahlbarer Küche und einer bestens kuratierten Weinkarte – hier fühlt man sich sofort willkommen, kompetentes Weinwissen wird ohne Arroganz vermittelt. Eine Bereicherung für den Gotzinger Platz, der sich immer mehr zur kulinarischen Meile entwickelt und wohl mit die schönsten Terrassenplätze des Sommers bietet.

Autor: Rainer Germann

TenInch, Gotzinger Str. 19
Mo-Fr 12 bis 23 /Sa 15 bis 24 Uhr, Tel.: 089 12 62 79 21, www.teninch.de