19:30 Uhr
Residenztheater, Max-Joseph-Platz 1, 80539
München
Theater
Die Ärztin
Robert Icke hat Arthur Schnitzlers Stück «Professor Bernhardi» kongenial in die Gegenwart übersetzt. Die Ärztin Ruth Wolff gerät bei ihm nicht nur in Konflikt mit ihrem Kollegium und den Maximen der katholischen Kirche, sondern auch in einen medialen Shitstorm. Die Londoner «Times»feierte«Die Ärztin» als eine «Operation am offenen Herzen unserer Gegenwart, die immer komplizierter wird, je tiefer man schneidet».
Die Ärztin
von Robert Icke sehr frei nach «Professor Bernhardi» von Arthur Schnitzler
aus dem Englischen von Christina Schlögl
Mit Lisa Wagner, Sibylle Canonica, Felicia Chin-Malenski, Delschad Numan Khorschid, Moritz Treuenfels u.a.
Künstlerische Leitung
Inszenierung: Miloš Lolić
Bühne: Volker Thiele
Kostüme: Ellen Hofmann
Komposition: Valerio Tricoli
Videodesign: Tobias Haberländer
Licht: Verena Mayr
Dramaturgie: Katrin Michaels
Die Besprechung unseres Bühnenschau-Autors Peter Eidenberger:
Aus Arthur Schnitzlers „Charakterkomödie” von 1912 „Professor Bernhardi” – jüdischer Mediziner verweigert im katholischen Österreich einem Priester den Zugang zu sterbender Patientin – wird beim britischen Autor Robert Icke „Die Ärztin” (uraufgeführt 2019). Ruth Wolff ist Chefin einer Privatklinik und gerät – bei gleichem Konfliktimpuls wie bei Schnitzler – in einen zerstörenden Multi-Shitstorm. In dem inzwischen viel gespielten Stück mischt sich in Diskussionen und Rechthaberei alles: Antisemitismus, Meinungshoheit, Mobbing, Machtmechanismen, Karriere- und Finanzinteressen, Social Media. So wird etwa aus einer Wut-Replik wie „Affentheater” nicht weniger als eine rassistische Debatte. Man kennt diese Aufre – gungs(un)kultur: in Ickes Nachdichtung spiegelt sich die Debatten-Kakophonie unserer Gegenwart.
Zwei Stunden in einem dreieckigen Bühnensegment (für die Klinik und Priva tes): die Inszenierung von Miloš Lolić am Cuvilliéstheater setzt auf vermeintlich altmodisches Theater: dem Text sehr genau zuhören, wenig Aktion, präzise gesetzte Psychologie. Mit einem solchen Ensemble geht das eindrucksvoll. Grandios selbstbewusst bis zur Arroganz: Lisa Wagner in der Titelrolle. Unbeirrt ihrer Überzeugung folgend (als Koryphäe in der Alzheimer-Forschung) wird sie nach und nach klein gemacht (und bleibt doch stark): von ihrem Gegenspieler (Moritz Treuenfels), dem Pfarrer (Thomas Reisinger), der alten Freundin (Hanna Scheibe), und in einer TV-Debatte, mit Argumentationen, die immer abstruser werden. Donnernder Applaus und reichlich Diskussionsfutter.
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Veranstaltungsort / Karte
Residenztheater
Adresse: Max-Joseph-Platz 1,
80539 München