19:30 Uhr – 23:00 Uhr
Metropoltheater, Floriansmühlstraße 5, 80939
München
Theater
Michael Kohlhaas
von Heinrich von Kleist
Bühnenfassung von Jonathan Giele und Marc-Philipp Kochendörfer
Ein Mann, zwei Pferde und der unbedingte Glaube an Gerechtigkeit – Michael Kohlhaas, Pferdehändler, Familienvater, Gottesfürchtiger, ist ein Mann der Ordnung in einer Welt der Willkür. Was als kleiner Amtsmissbrauch beginnt – eine ungerechtfertigte Zollabgabe, zwei geschundene Rappen – wächst sich aus zu einem Flächenbrand.
Kohlhaas, bis aufs Äußerste in seiner Ehre und seinem Gerechtigkeitsempfinden verletzt, sucht Recht. Doch was tun, wenn der Staat versagt und das Gesetz nur ein beliebig auslegbarer Spielball in den Händen der Mächtigen ist?
Kleists berühmte Novelle entfaltet sich wie ein düsterer Ritt durch die Abgründe von Moral und Macht. Kohlhaas zündet Städte an, mordet, verliert sich in seinem unbedingten Streben nach Gerechtigkeit selbst. Ist er Held oder Terrorist? Visionär oder Wahnsinniger? Zwischen Recht und Unrecht, Ordnung und Anarchie, verhandelt „Michael Kohlhaas“ die Frage, was von einem Menschen bleibt, wenn man ihm das letzte Stück Würde nimmt.
Ein Lehrstück über die Gewalt der Prinzipien – und die Prinzipien der Gewalt.
Regie Jochen Schölch
Bühne Thomas Flach
Kostüme Stephanie Krey
Video/Ton Martin Hermann
Licht Thomas Flach/Martin Hermann
Mit Marc-Philipp Kochendörfer
Vorstellungsdauer ca. 1 Std. 20 Min. (keine Pause)
Das Metropoltheater wird gefördert vom Kulturreferat der LH München

Die Besprechung unseres Theaterexperten Peter Eidenberger:
1810 hat Heinrich von Kleist seinen „Michael Kohlhaas“ geschrieben, eine Geschichte „aus einer alten Chronik“, wie es im Untertitel heißt. Die aber eigentlich immer Konjunktur hat, denn das Thema ist: Recht und Würde, der Kampf eines Einzelnen um Wahrheit und Gerechtigkeit, gegen ein System von Machthabern und gesetzlicher Willkür. Man könnte aus der Novelle um einen Rosshändler, basierend auf einem realen Fall aus dem 16. Jahrhundert, in der sich ein Zollstreit zum Flächenbrand auswächst, auf dem Theater einen modernen Guerillakampf destillieren (was durchaus schon passiert ist, der Stoff wird gern genommen). Aber Jochen Schölch, der Leiter des Metropoltheaters, ist ein viel zu kluger und empathischer Regisseur, als dass er sich für solche Holzhammer-Plumpheit hergäbe.
Für die neue Arbeit an seinem Theater in Freimann – im vertrauten Stil: eher minimalistisch, fokussiert auf das Wesentliche, mit hochpräziser Textarbeit – braucht Schölch eine Leinwand, die Titelvorspann und Kapitelunterteilungen zeigt und einen verwaschenen Fleck: das Gebiet Brandenburg/Sachsen, in dem das Geschehen spielt. Auf der Spielfläche davor marmorierte Platten, vernietet in schwarzem Kies, und ein paar Accessoires, ein Stuhl, ein Schwert, das auch Kreuz wird, und Spielzeugfiguren aus der Ritterzeit: Kohlhaasens Haufen und die Truppen des Fürsten.
Und Schölch braucht für diese bestechende One-Man-Show einen profunden Darsteller wie Marc-Philipp Kochendörfer. Der Schauspieler ist Erzähler und Handelnder (und verantwortet auch die klug verdichtete Textfassung, zusammen mit Jonathan Giele). Er ist Kohlhaas, der seine tote Frau im Arm wiegt (ein zusammengelegter Mantel reicht dafür), dem Blut auf den kahlen Schädel und das Unterhemd tropft, wenn er sich radikalisiert, der mit sich selbst als Kurfürst und Luther interagiert, wenn sie, beide in historischem Habit, als Riesenköpfe von der Leinwand mahnen. Und er trampelt durch die Figuren auf dem Boden, wenn gebrandschatzt wird. Wenige Effekte, die immer der Geschichte dienen, mit einer Sprechkultur, die nicht nur Kleists Sprachkunst feiert, sondern unbedingt ein Schicksal erfahrbar machen will. Spannend, erschütternd, großartig. Das Publikum trampelt.
Termine & Tickets
Veranstaltungsort / Karte
Metropoltheater
Adresse: Floriansmühlstraße 5,
80939 München
