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Theater und Kabarett im Mai: Unterwegs nach Anderswo

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Fürchtet sich nicht: Michael Mittermeier
Fürchtet sich nicht: Michael Mittermeier © Olaf Heine

Sehnsucht, Sex und Schwerelosigkeit: Bei diesen neuen Bühnenprojekten kommt man ins Träumen und Tanzen 

S o kann der Wonnemonat beginnen: Christina Jung und Luana Velis wollen die Omertà durchbrechen. Endlich über die Dinge reden, die uns alle bewegen: Suchen.Sex.Sprechen wandelt sich zwischen Poesie und Porno und stellt Müttern und Großmüttern verschiedener Generationen die wirklich spannenden Fragen. (Mathilde Westend, 1. bis 4.5.)

Mächtige Männer sind die Skizirkusdirektoren aus Tirol. Sie fürchten weder Tod noch Teufel noch Corona. Das dokumentarische Theaterprojekt Gondelgschichten des Tiroler Landestheaters Innsbruck bohrt die Skandale der jüngsten Zeit noch mal auf und versucht die Seilbahnwirtschaft zu entwirren. Was bliebe denn von Österreich ohne Wintergaudi? (Volkstheater, 1./2.5.)

Mit 15 Jahren hätte Saliya sein Sehvermögen fast ganz verloren. Was ihm bleibt, ist eine Zukunft in einer Blindenwerkstatt. Doch dann nimmt der junge Mann sein Schicksal selbst in die Hand. Mit ein wenig Schwindelei ergattert er einen Ausbildungsplatz in der Gastronomie. Und zunächst läuft es ganz gut. Mein Blind Date mit dem Leben macht Mut – und ist überraschend witzig. (Hoftheater, 2./3.5.)

Das sind ja mal Gutenachtgeschichten: Großmutter lässt ihre fantasievollen Ausschweifungen regelmäßig in bizarren Mordplänen an ihrem Gatten gipfeln. Doch dann ist Opa plötzlich wirklich tot. Mein Leben in Aspik, inszeniert von Friederike Drews am Deutschen Theater Berlin, erzählt von einer Erkundungstour in ein zunehmend beklemmend wirkendes Vergangenheitslabyrinth. (Volkstheater, 3./4.5.)

Kauzige Geschichten zelebriert natürlich auch der Gankino Circus – jeweils garniert mit verquerem Bühnengeschehen und wirklich ansteckend großartiger, handgemachter Musik. Das aktuelle Programm heißt: „Die Letzten ihrer Art.“ Hoffentlich stimmt das nicht so ganz. (Schlachthof, 4.5.)

Ein Frischekick: Neo – Zukunft heute ist ein schöner Titel für ein Programm, das die großen Traditionen der Bühnenkunst kennt, gleichzeitig aber den Aufbruch wagt. Hausregisseur Knut Gminder hat die vielversprechenden jungen Stars der Festivals und der großen Zirkusschulen zusammengetrommelt. (GOP Theater, ab 4.5.)

Vom Loslassen und von der Erwartung erzählt auch die mittlerweile bereits zweite Ausgabe des „Ja, Mai“-Festivals für frühes und zeitgenössisches Musiktheater an der Staatsoper. Wieder einmal geht es um spannende gegenseitige Befruchtungen von Bühnenkunst, Musik, Tanz und bildender Kunst. Und vieles dreht sich um das Vergehen von Zeit, ums Werden und – frühlingshaft passend – das Knospen und Reifen. Besonders spannend dürfte die Auftakt-Premiere Hanjo werden, ein vom klassischen No-Theater inspiriertes Stück des zeitgenössischen Komponisten Toshio Hosokawa (Nationaltheater, ab 5.5.)

In der Falkenbergschule schlägt das Theaterherz der Stadt. Zumindest für Joachim Meyerhoff, der in dem autobiografischen Schelmenroman Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke von seiner Lehrzeit in München und von seiner Wohngemeinschaft mit seinen liebenswert schrulligen Großeltern berichtet. Alkohol wird hier schon beim morgendlichen Zähneputzen gegurgelt. (Metropoltheater, ab 5.5.)

Mit dem bürgerlichen Trauerspiel nach Bella Italia: Guiseppe Verdi konnte mit den Stücken aus der Meisterdichterfeder von Friedrich Schiller viel anfangen. Und so arbeitete er auch „Kabale und Liebe“ zum leidenschaftlich wuchtigen Operndrama Luisa Miller um. Ein Wiederhören und Wiedersehen, das Freude macht! (Gärtnerplatztheater, ab 5.5.)

Die Liebe zu den Kammerspielen müssen einige latent vergrämte Mitmünchner offenbar erst so langsam wieder aufwärmen. Umso wichtiger, dass man über das Haus nicht nur Polemisches liest, sondern sich am besten vor Ort selbst ein Bild macht – und sich auf Dialoge mit den Machern einlässt. Intendantin Barbara Mundel sperrt für den Tag der Offenen Tür vom Zuschauerraum, über Bühne, Unter-, Probe- und Hinterbühne bis hin zu den Werkstätten und Büros ihr Haus ganz weit auf. Hingehen. Die Einladung lautet: „Wir zeigen Euch und Ihnen, wie wir Theater machen.“ (Kammerspiele, 6.5.)

Immer überraschend sind die Abende unter dem Motto Impro Goes Loose. Die spiel- und musikfreudige Truppe improvisiert „Life Stories“, live auf der Bühne – basierend auf Anregungen aus dem Publikum. (Fraunhofer, 6.5.)

Ebenfalls dem Impro-Ansatz folgen Die Thrillerpfeifen, die sich aktuell geschmeidig als Theaterergänzung ins laufende Krimifestival einfügen. Sie lassen Kommissar Pfeife mit Hilfe der Zuschauerschaft gleichermaßen nervenaufreibende wie zwerchfellerschütternde Fälle lösen. (Pasinger Fabrik, 6.5.) 

Die zweite Festival-Produktion bei „Ja, Mai“ dreht die Uhr zurück und beschäftigt sich mit einer der frühesten Opern überhaupt, mit Claudio Monteverdis „Il ritorno d’Ulisse“. Unter der Regie von Christoph Rüping kommt diese für Il Ritorno / Das Jahr des magischen Denkens mit Auszügen aus den Memoiren der 2021 verstorbenen USSchriftstellerin Joan Didion zusammen. (Cuvilliéstheater, 7.5.)

Er ist ein Spötter, ein Star-Satiriker und gleichzeitig immer bestens informiert und tief in seine Materie eingelesen: Chin Meyer kehrt mit der Premiere seines neuen Solos „Grüne Kohle“ zurück. Darin spießt er die Heuchelei der Klimapolitiker auf, die Atomkraft kurzerhand für „nachhaltig“ erklären. Am besten also, wenn man auch noch Braunkohle grünwaschen könnte. (Lustspielhaus, 7.5.)

Über was man sich alles streiten kann. Besonders gut geht das, wenn Kunst das Thema ist. In der genial komischen Yasmina-Reza-Komödie streiten drei noch bis vor kurzem ziemlich beste Freude über eine offensichtlich komplett weiße Leinwand. Kunst? Das Eis ist dünn. (Hofspielhaus, ab 9.5.)

Gaglord Andy Sauerwein hält wieder Hof: Für den GTD Comedy Slam lädt er die heißesten Newcomer unter den Comedians ein. Bühne frei! (Schlachthof, 9.5.) Theater für junge Einsteiger und junggebliebene Nostalgiker: Oh, wie schön ist Panama holt den liebenswerten Janosch-Weltenbummel auf die MusicalBühne. (Deutsches Theater, ab 9.5.)

Ein Christ und ein Moslem im selben Boot. Beide sind auf der Flucht. Nach Europa hat eine Botschaft: Man muss den Frieden und die Demokratie schützen. (werk 7, 9./10.5.)

Auch Shirley Valentine macht sich auf eine Reise, eine Flucht aus dem Ehealltagsgefängnis. Sie bucht einen Urlaubstrip nach Griechenland und lernt dort prompt den charmanten Barbetreiber Costas schätzen. Melanie Kisslinger bringt das Monologstück von Willy Russell, das große Erfolge am Londoner West End feierte, nach München. (Theater Und so fort, ab 10.5.)

Endlich wieder da – und wie: Michael Mittermeier macht das Dutzend mehr als voll. #13 heißt das neue Programm. Und das empfiehlt sich für Unerschrockene, die auch im Flugzeug vor der Reihe 13 nicht scheuen. (Circus Krone, 10.5.)

Jurassic Park meets Ecco Meineke: Gemeinsam geht’s zu den Dinosauriern, ins Freilaufgehege des Patriarchats. Tänzelnd und gelegentlich schön albern. Mit dabei: Julia von Miller. (Fraunhofer, 11.5.)

Jeder Protest beginnt und endet mit dem Körper. Meint zumindest die litauische Choreografin Agnieté Lisickinaité. Und sie hebt einfach mal die Hand. Hands Up ist eine Aufforderung, sich im Alltag nicht zu verstecken. Und einfach mal beim aktivistischen Stadtviertelspaziergang mitzumachen. Los geht’s am Mariahilfplatz. (Hoch X, 13./14./15.5.)

Ein obsessives Gebet, eine ekstatische Huldigung der Lebensfreude: Die große „Dance“-Produktion M von Marie Chouinard und ihrer Kompagnie feiert in knallengen Sporthosen und geschmückt von feurigen Bob-Perücken den Ausnahmezustand – zwischen Wahnsinn und Weisheit. (Kammerspiele, 13./14.5.)

Ein wenig hat man ja doch auch den Verdacht, dass Bildhauerin Molly einen an der Waffel hat. Und doch ist Ghost – Das Musical eine herzzerreißende Love Story, über die Grenzen des Vorstellbaren hinaus. Von der Kraft der wahren Liebe, schnüff! (Deutsches Theater, 16. bis 21.5.)

Es ist der Moment, der ein gewohntes Leben aus den Angeln hebt. Dann nämlich, wenn sich der vertraute Vorname plötzlich in „Mama“ verwandelt. Marie-Antje Lumpp glänzt in der chaotischen Solo-Nummer Mama ohne Plan, die auf dem kanadischen Comedy-Erfolg „Suddenly Mommy“ basiert. (Werk 7, 16.5.)

Zum Verrücktwerden: Eigentlich hat Erzengel Michael (der mit dem flammenden Schwert) von ganz oben einen einfachen Auftrag erhalten. Er soll die Bevölkerung eines Dörfchens auslöschen. Apokalypse in der Provinz. Doch dumm nur: Da ist niemand. Der ganze Ort wirkt schon wie ausgestorben. Das Ende von Ifilingen ist ein irrer Spaß. Mit Livemusik. (Theater Viel Lärm um Nichts, ab 18.5.)

Uwe ist wieder in der Stadt. Gemeint ist das studentische Theaterfestival. Die brisante Auftaktproduktion Befristet/ Für immer versucht die Unsicherheit von Migrantenschicksalen zu beleuchten. Was ist Zuhause? Wie sicher ist die neue Heimat? (Prinzregententheater, 18.5.)

Auch der Polizist aus dem „Uwe“-Stück Napolitana (Pain au chocolat) hat eigentlich einen klaren Auftrag erhalten. Er soll in einer Bar einen Verbrecher festnehmen. Doch dann verwickeln ihn zwei Kellner in ein absurdes Spiel. (Prinzregentheater, 19.5.)

Atemloser, rasanter Tanz und ein Höhepunkt beim „Dance“-Festival: Triple ist der große dreiteilige Abend mit neuen Werken von Star-Choreograf Richard Siegal, der zuletzt in Köln mit dem Ballet of Difference zusammengewirkt hatte. Bombe! (Prinzregententheater, 19./20.5.)

Vom Ankommen und Fremdbleiben: Barfuss Nackt Herz in der Hand ist ein Horror-Monolog, der von einem Familienvater erzählt, über den man nach und nach Schreckliches erfährt. Ali spricht nachts über Deutschland. Doch dann erst hört man, dass seine Frau und seine Söhne bei einem Brandanschlag umgebracht wurden. (Rationaltheater, 19./20.5.)

Heiter bleiben, auch wenn die Umstände bedrückend sind. Davon kann Samuel Koch berichten. „Schwerelos – Wie das Leben leichter wird“ widmet sich der Kraft des Umdenkens und des Positivblicks. (Werk 7, 22.5.)

München, in den 20er Jahren. Es gärt bereits ekelhaft im braunen Sumpf. Lion Feuchtwanger zeichnete mit seinem Roman Erfolg den Weg einer überdrehten Egoisten-Gesellschaft in die Finsternis. Nun bringt Regisseur Stefan Bachmann den Stoff auf die Bühne. (Residenztheater, ab 24.5.)

Miru Miroslava Svolikova hat mit Europa flieht nach Europa ein skurriles dramatisches Gedicht geschrieben, das von mythischen Zeiten und sehr gegenwärtigen Hoffnungen geprägt ist. (Volkstheater, ab 25.5.)

Und dann darf man sich schon mal auf tolle, hoffentlich lauschige, sicher aber inspirierend mitreißende Frühsommerabende im Kleinen Posthof im Deutschen Museum freuen. Los geht’s beim Kabarett-Festival „Eulenspiegels Flying Circus“ mit Teresa Reichl und Lara Ermer. (1.6.)

Autor: Rupert Sommer

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