Ideen gesucht: Was soll mit der alten Paketposthalle geschehen?

Für die bald leerstehende Paketposthalle an der Friedenheimer Brücke wird über eine neue Nutzung nachgedacht. Die Münchnerinnen und Münchner können bis Ende März ihre Ideen einreichen.
Eine Spannweite von 147 Metern, eine Breite von 124 Metern und vom Boden bis zum Dachgipfel sind es gute 27 Meter. Die 1969 eingeweihte, bogenförmige Paketposthalle in Neuhausen an der Friedenheimer Brücke neben dem Backstage-Kulturzentrum ist ein imposanter Industriebau. Die Deutsche Post wird die Riesenhalle nur noch bis Ende 2024 als Brief- und Paketzentrum nutzen. Anschließend läuft die Verteilungsmaschinerie über einen Post-Neubau in Germering und die Halle steht leer.
Das soll natürlich nicht lange so bleiben, ein grobes Nachnutzungskonzept liegt auch bereits in der Schublade der Eigentümer der Büschl Unternehmensgruppe. Das denkmalgeschützte Bauwerk mit dem freitragenden Dach und 20.000 Quadratmetern Fläche soll möglichst ein öffentlich nutzbarer Begegnungsort und zugleich eine Kulturstätte werden. Die Bayerische Staatsoper liebäugelt schon damit, den im dann neu geschaffenen Untergeschoss geplanten Konzertsaal als Interimslösung zu nutzen, während das Nationaltheater saniert wird. Dies soll spätestens 2030 in Angriff genommen werden.

Auch mit dem benachbarten Backstage stand der Investor Ralf Büschl, dessen Unternehmensgruppe das gesamte Paketpostareal umstrukturieren wird, schon vor Jahren in Kontakt bezüglich einer kulturellen Kooperation. 2021 war im Backstage auch das sogenannte Paketpost-Festival zur Vorstellung des Projekts geplant, was jedoch kurzfristig abgeblasen wurde. Seitdem hat der anfänglich gute Draht zwischen Büschl und Backstage-Chef Hans-Georg Stocker ein wenig Rost angesetzt.
“Man versucht, uns außen vor zu halten. Wir erfahren auch nur aus der Zeitung, wie es weitergehen soll. Ich finde das Projekt und das offene Nutzungskonzept ja prinzipiell spannend. Aber ich hoffe, ich gehe da nicht zu naiv heran und werde dann wieder enttäuscht. Meine Idee dazu wäre, als Betreibergesellschaft eine gemeinnützige Genossenschaft mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Anwohnerschaft, vom Bezirksausschuss und von umliegenden sozialen und kulturellen Einrichtungen zu gründen”, erläutert uns Stocker am Telefon.

Wer Betreiber wird und welche Kooperationen und Ideen tatsächlich verwirklicht werden, steht aber noch in den Sternen. Unter dem Motto “Alle für die Halle. Die Halle für alle” startete diese Woche erst einmal ein Beteiligungsprozess mit einer Ideensammlung für die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten in der Paketposthalle. Alle Einwohner Münchens sind aufgerufen, über eine Online-Plattform daran teilzunehmen und bis Ende März ihre Vorschläge einzureichen. Zu den erwünschten Schwerpunkten zählen Aktivitäten im Hallenfreiraum, die Einbindung von Kunst & Kultur rund um die Bühne, die Vernetzung von Innen und Außen, die Gastronomie sowie die Begrünung der Halle.
Ab April kann über die eingereichten Ideen auf der Online-Plattform öffentlich abgestimmt werden. Eine Jury wählt bis Ende Mai unter Berücksichtigung des öffentlichen Votings die besten Vorschläge aus, die in einer Art kreativen Denkschmiede den Sommer über weiterentwickelt werden sollen. Die demokratische Stadtplanung ist für die Stadt München ein wichtiges Thema, daher wird hier die Öffentlichkeit sehr stark eingebunden. Auch ein sogenanntes Bürger*innengutachten zum Paketpostareal wurde bereits durchgeführt, das ebenfalls schon einige gute Denkanstöße brachte.

Sicher ist auf jeden Fall, dass die vom S-Bahnhof Hirschgarten gut erreichbare Paketposthalle im Erdgeschoss einen öffentlichen Freiraum ohne Konsumverpflichtung bieten soll. Das künftige Angebot soll sich an Interessierte jeden Alters richten, unabhängig von Gender und Herkunft, Einkommen und Kontostand. So könnte aus der Paketpost schon 2025 ein bunter und vielseitiger Ort werden, der Platz für Aktionen und Kooperationen mit lokalen Initiativen, Nachbarschaftsvereinen, Veranstaltern und vieles mehr bietet.
Zum Gesamtensemble des neuen Wohn- und Geschäftsquartiers an der Friedenheimer Brücke sollen künftig auch noch zwei 155 Meter hohe Wolkenkratzer zählen, um die zuletzt erneut Diskussionen aufkamen, weil sie möglicherweise dem vom Stadtrat positiv aufgenommenen Bürgerbegehren “Grünflächen erhalten” entgegenstehen. Für die federführende Unternehmensgruppe Büschl und ihren Ableger PI Nymphenburg Entwicklungs GmbH & Co. KG sind die beiden Hochhäuser aber wichtiger Bestandteil ihres “urbanen Zukunftsprojektes”.
Die Umgestaltung des Paketpostareals soll mit dem Schweizer Architekturbüros Herzog & de Meuron und Vogt Landschaftsarchitekten durchgeführt werden. In Sachen Nutzung der Paketposthalle hat sich Büschl außerdem schon den Hallen- und Zwischennutzungs-Guru Michi Kern ins Boot geholt. Mit seiner Firma “This Is Really Happening”, die schon Locations wie das Utopia, das Sugar Mountain und die Freiheitshalle mit Leben füllt, ist Kern tatsächlich auch als künftiger Betreiber der Paketposthalle im Gespräch.