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Unsere musikalischen Empfehlungen für den Januar 2023

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Von: Andreas Platz

Unsere musikalischen Empfehlungen für den Januar 2023
Neue Alben von Nina Hagen, Neil Young & Crazy Horse, James Yorkston Nina Persson And The Second Hand Orchestra, We Are Scientists, BMX Bandits, Instrument und Konstantin Wecker © Labels

Neue Alben von Nina Hagen, Neil Young & Crazy Horse, James Yorkston Nina Persson And The Second Hand Orchestra, We Are Scientists, BMX Bandits, Instrument und Konstantin Wecker

Nina Hagen - Unity

Sage und schreibe elf Jahre ist es her, dass Nina Hagen, seit jeher Enfant terrible der deutschen Popmusik, ihr letztes Album veröffentlichte. 67 Ist sie jetzt, klingen tut das aber auch weiterhin: jung (geblieben), erfrischend (anders) und alles in allem immer noch (recht) unangepasst. Dafür schon mal maximalen Respekt. Der Titelsong (feat. George Clinton) ist eine Solidaritätsbekundung an die Black-Lives-Matter-Bewegung, „United Woman Of The World“ eine feministischen Reggae-Punk-Hymne, bei der sie die Kolleginnen Lene Lovich und Liz Mitchell unterstützten und die Akustikballade „It Doesen’t Matter Now“ bereichert als Duettpartner kein Geringeren als Sir Bob Geldof.

Neil Young & Crazy Horse - World Record

Als Neil Young letzthin androhte nur noch in Venues zu spielen, in denen kein Fleisch mehr aus Massentierhaltung angeboten wird, gab’s mal wieder Empörung (klar), aber eben auch mannigfaltigen Zuspruch. Leute, Legenden wie er, können was erreichen. Deswegen: Auf geht’s Taylor Swift, Coldplay, Ed Sheeran und all ihr anderen Megastars, tut es ihm gleich, dann ändert sich vielleicht ja doch noch was, bevor es endgültig zu spät ist, im Bewusstsein, der Wahrnehmung, wer weiß… Wahrzunehmen gilt es aber auch das neue, in all seinen Facetten wirklich ganz besonders gut gelungene Album, das sich inhaltlich an eine zeitgemäße, Weltverbesserungs-Hippie-Attitüde hält, und auch musikalisch glänzen kann. Produziert hat’s Rick Rubin höchstpersönlich.

James Yorkston, Nina Persson And The Second Hand Orchestra - The Great White Sea Eagle

Kann sich noch jemand an The Cardigans erinnern? Sicher, klar, eh’… waren ja eine mega Band. Nina Persson war die begnadete Sängerin, in die so manch einer schwerstens verliebt war, damals… 2005 war dann Schluss, doch schon 2001 veröffentlichte sie ihr erstes Soloalbum, sang mit den Manic Street Preachers und feierte ihr Schauspieldebüt. Dass jetzt jemand wie der begnadete Leisetreter-Folk-Zausel James Yorkston gemeinsame Sache mit ihr macht, entspringt eigentlichen keiner tieferen Logik, hört sich aber verdammt schön an, schwarzer Humor und Texte über das Leben und die Trauer, Familie und Natur inbegriffen.

We Are Scientists - Lobes

„Lobes“, so viel schon mal vorneweg, darf getrost als die/der kleine Schwester/Bruder des famosen „Huffy“ bezeichnet werden. Etwa zur selben Zeit - wie die Songs zu „Huffy“ - entstanden so gut gelaunte Indiepop-Perlen wie „Operator Error“, „Human Resources“, „Turn It Up“ oder auch „Lucky Just To Be Here“. Die beiden New Yorker Indie-Helden Chris Cain und Keith Murray geben Gummi, volle Pulle Dampf-Pop-Deluxe. All das, immer, nun ja meistens, auf die 12. Dass man sich dabei dann auch mal etwas ab- und überhört, ja, man vielleicht sogar nach einer Weile etwas abstumpft, auch aufgrund der relativ linearen Produktion, kann vorkommen. Schön auch noch das funky „Settled Accounts“.

BMX Bandits - OST - Dreaded Light

„Wenn ich in einer anderen Band sein könnte, wären es die BMX Bandits!“ Wer hat’s gesagt? Na? Nein, nicht Belle And Sebastian-Frontmann Stuart Murdoch oder der Teenage Fanclub-Vorsitzende Norman Blake etwa, ihres Zeichens beide stolze Bravehearts und Glasgower Urgesteine, ganz so also wie Douglas T. Stewart, Kopf der Bandits. Es war noch nicht mal eine Schotte, dem diese Aussage zugeordnet wird. Also, wer war’s? Genau: Kurt Cobain. Ha! Und hört man nun so den Soundtrack zu Mark MacNicols ungewöhnlichen, gleichzeitig aber überaus stimmungsvollen Horrorfilm über einen trauernden Vater und dessen lichtempfindliche Tochter, man könnte sich Cobain gut vorstellen, als beseelten Interpret des einen oder anderen Songs, die sich durchweg irgendwo zwischen mystisch und magisch bewegen.

HEIMSPIEL

Instrument - Sonic Cure

Wow. Und nochmal: Wow! Und nochmal, nee, nicht Wow, sondern: pure Energie. Die nämlich haben auch Instrument-Sänger und -Bassist Markus Schäfer und die seinen im Übermaß. Zusammen mit seinen Band-Buddies Nico Sierig am Schlagzeug und Hubert Steiner an der Gitarre, legt er mit seinem Post-Corona-Album „Sonic Cure“ die Finger in die großen und kleinen Wunden der Gesellschaft: Konsumgeilheit im Angesicht der Klimakatastrophe („Another Man‘s Ruin“), unfreundliche Nachbarn („Good Neighbour“) und Corona bedingten Stillstand („Home“), was die Band jedoch ausdrücklich nicht als Kritik an den Maßnahmen verstanden haben will. Punk ist das. Und Hardcore. Primus und NoMeansNo. In jedem Fall aber mitreißendes Indierock-Zeugs, wie man es sich knackiger kaum wünschen kann.

Konstantin Wecker - Utopia Live

Der große Münchner Liedermacher, Antimilitarist, Pazifist und überzeugte Utopist Wecker eröffnet sein Live-Album gleich mal hoch brisant und aktuell mit dem bedrückend-bedrohlichen „Der Krieg“, gefolgt von seinem mitreißenden Plädoyer, dem „Antikriegsmanifest, 2. März 2022“. Damit ist schon klar, dass es sich hier um den Mitschnitt seines für ihn „wichtigsten Bühnenprogramms“ handelt. Insgesamt sind hier 48 Tracks (Texte, Gedichte und Songs) festgehalten und für die Ewigkeit dokumentiert. Weckers Texte waren schon immer überaus wichtig, doch momentan gibt es nur Wenige, die sich engagierter gegen die Verrohung und überhaupt den Niedergang der Menschheit wehren als er. Danke dafür!

Autor: Gerald Huber

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