Neue Platten von Ozzy Osbourne, Robbie Williams, The Afghan Whigs, u.a.

Gutes Rock-Handwerk vom „Prince Of Darkness“ Ozzy Osbourne, Robbie Williams hat seine alten Hits recycelt und The Afghan Whigs brillant
Ozzy Osbourne - Patient Number 9
Vielleicht macht es Sinn, gleich mal zu Beginn all jene abzufeiern, die dem selbsternannten „Prince Of Darkness“ geholfen haben, bei diesem, nun ja, doch, wirklich recht gut hörbaren Stück Hardrock. Zakk Wyld (Black Label Society), Eric Clapton, Mike McCready (Pearl Jam), Chad Smith (Red Hot Chili Peppers), Robert Trujillo (Metallica), Jeff Beck, Duff McKagan (Guns N’ Roses), Chris Chaney (Jane’s Addiction) und zum ersten Mal überhaupt auf einem Soloalbum von Ozzy, Black Sabbath-Bruder und -Gitarrist Tony Iommi! Nicht zuletzt ist auch der kürzlich verstorbene Foo Fighters-Drummer Taylor Hawkins hier mit einem kleinen musikalischen Abschiedsgruß vertreten. Uff. Ja, ganz schöner Almauftrieb. Aber viele Köche verderben hier nicht etwa den Brei, sondern helfen - ohne sich selbst zu sehr in den Mittelpunkt zu drängen - Ozzy Osbourne dabei, einigermaßen in der Spur zu bleiben. Zuletzt hatte ich Ozzy zusammen mit Black Sabbath auf dem Königsplatz gesehen und gehört - 2014 war das (in einer gefühlt anderen Welt, in der Chris Cornell noch lebte und mit Soundgarden Support war) - und ich war auch da schon positiv überrascht. Wobei ein „Prince Of Darkness“ ist Ozzy freilich nicht mehr, zu unfreiwillig komisch seine Auftritte, im Fernsehen, auf der Bühne und überhaupt. Aber ich mag das, Ozzy ist jetzt 74 und hat somit ein geradezu biblisches Rockstaralter erreicht, zumal bei seinem Lebenswandel. Außerdem macht ihm seine Wahlheimat Amerika Angst, was von einem wachen Geist zeugt, weil dort jeden Tag zig Menschen einfach mal so erschossen werden, und Ozzy deswegen wieder zurück ins UK möchte. Ob es da besser ist? Der Brexit hinterlässt seine Spuren und in England herrscht eine Armut, von der wir uns offensichtlich überhaupt kein Bild machen können. Egal, back to music: Wie gesagt gutes Rock-Handwerk und ein Ozzy, der stimmlich noch mithalten kann, auch wenn’s insgesamt etwas dünner klingt als früher. Meinen Respekt hat er, sowohl für dieses Album wie auch sein Lebenswerk! (14.5. Olympiahalle, Special Guest: Judas Priest, Tickets)
Robbie Williams - XXV
Was mussten wir nicht alles unappetitliches lesen, nach dem Megagigasupadupamonsta-Konzert in der Messe draußen: „Robbie Williams übergibt sich vor 100.000 Fans“ stand etwa auf rollingstone.de zu lesen. Lustig soll er sich darüberhinaus gemacht haben über eben jene Fans, denen er quasi vor die Füße kotzt, diese aber das ja leider gar nicht sehen können, weil sie ja eh’ so verdammt weit weg sind, für die paar Kröten… Nun ja, und dann war da ja auch noch was wegen vermeintlicher Zensur und darüber, dass der österreichische Veranstalter, den Kolleginnen und Kollegen von tz und Münchner Merkur - die es wagten kritisch über Helene Fischer zu berichten - die Akkreditierung entzog. Ja, da könnte es einem schon mal speiübel werden, bei all dem. Gut ins Bild passt dabei, dass der Robbie Williams seit vielen Jahren - sh. auch das aktuelle Cover - schon eine bedauerliche Figur abgibt, zumindest in meiner Wahrnehmung. Erst die Trennung vom großen Komponisten-Zampano Guy Chambers, dann die unglückliche Liaison mit dem von mir normalerweise hoch geschätzten Stephen Duffy und dann irgendwie nur noch, nun ja, bestenfalls Mittelmaß. Jetzt biegt der Robbie, den ich früher wirklich mal sehr, sehr toll fand, mit einem anbiedernden Best Of-Sammelsurium um die Ecke, welches die „größten Hits neu orchestriert und aufgenommen“ beinhalten soll. Klar, Weihnachten steht vor der Tür, die Exklusivrechte fürs Weihnachtskonzert hat sich Pro 7 längst gesichert und auch sonst steht alles auf Versöhnung. Möchte wissen ob die beim Messe-Konzert gedissten Billig-Platz-Fans, also jene die aus welchen unerfindlichen Gründen auch immer 100 und mehr Euro für so einen Scheißdreck, egal wer spielt, ausgegeben haben, sich nun auch schon sooooo freuen, auf diesen eher erbärmlichen Versuch irgendwie wieder auf die Beine zu kommen. Vielleicht bin ich ja jetzt auch einfach nur gemein und ungerecht, ist mir aber jetzt grad wurscht…
The Afghan Whigs - How Do You Burn?
Klare, sehr einfache Antwort, in Anbetracht des hier vorliegenden neuen The Afghan Whigs-Album: Ich bin Feuer und Flamme! Kein Wunder, denn „How Do You Burn?“ - der Titel geht angeblich auf Bandleader Greg Dullis verstorbenen Kumpel Mark Lanegan zurück, der hier bei zwei Songs Backingvocals beisteuerte bevor er verstarb - ist schlicht großartig. Liegt wahrscheinlich daran, dass es sich hierbei um das Beste seit „Gentleman“ und „1965“ handelt, und es nach wie vor auf der ganzen weiten Welt niemanden gibt, der Grunge, Alternative und überhaupt Rock mit dermaßen viel Soul spielt wie Dulli und seine Afghan Whigs. (28.10. Freiheitshalle, Tickets)
Built To Spill - When The Wind Forgets Your Name
Bin ich Fan von, seit ihrem wirklich großartigen „Perfect From Now On“-Album, welches 1997 bei City Slang erschienen ist. Unvergessen. Dann muss ich gestehen hab ich so ein bisserl den Anschluss verpasst, was ja schon mal passieren kann, wenn sich eine Indie-Band an einen Major bindet. Da ging’s für Bandleader Doug Martsch und die seinen in der Spitze 2009 schon mal bis rauf in die Top 50 in irgendwelchen US-Album-Charts. Hier bei uns aber hat man nicht mehr alles so mitbekommen, aber vielleicht täusch ich mich auch. Egal, Built To Spill sind zurück (noch dazu beim Kult-Indie-Label Sub Pop) und mit ihnen ein fantastischer, zeitlos schöner rumpeliger Indie-Hauruck-Rock mit enormen Tiefgang und wunderbaren psychedelischen Momenten. Derzeit in jedem Fall die besseren Pavement. Mag ich sehr.
Santigold - Spirituals
Und noch jemand, der bei der Major-Company - der Zufall will es so, dass es sich um die selbe handelt wie bei Built To Spill - eher nicht sein Glück fand. Wie auch: Santigold ist einfach zu komplex und zu verspielt, als ob der breite Mainstream daran Gefallen finden könnte. Jetzt ist auch sie zurück beim Indie und klingt meiner Meinung nach besser als je zuvor: Geistreich abwechslungsreicher zudem höchst unangepasster mithin also spektakulär erfrischender Electro-Pop mit gehörigen Einflüssen aus Afro-Caribbean, Black Music, Reggae und Dub, von einer wahrhaft großen Künstlerin.
Jonathan Jeremiah - Horsepower For The Streets
Und weil wir gerade beim Soul im Alternative-Rock waren. Hier sind wir dann wohl eher bei Folk-Pop im Soul. Darin ist Jonathan Jeremiah wirklich unschlagbar. Sein Markenzeichen sind schrammelnde Gitarren, majestätische Streicher und warme, nostalgische Harmonien. All das aufgenommen in einer Kirche in Amsterdam zusammen mit einem 20-köpfigen Streichorchester. „Horsepower For The Streets“ sei ein „Konzeptalbum in elf Kapiteln, das von dem bleibenden Schmerz und der Zerbrechlichkeit lebt…“ Man kann das spüren und gerne mit Leuten wie Lalo Schifrin, Michael Kiwanuka oder Terry Callier vergleichen, am besten aber hört man sich diese wunderschöne Platte einfach von Anfang bis Ende ungefähr 100 Mal an und geht dann bestens vorbereitet und textsicher zum Konzert… (10.4. Muffathalle, Tickets: https://www.muenchenticket.de/tickets/performances/e6pbbf2dx04z/JONATHAN-JEREMIAH)
Autor: Gerald Huber