Neue Alben von Trail Of Dead, Alan Parsons, Dina Summer und Razz

...And You Will Know Us By The Trail Of Dead magisch, Alan Parsons zahnlos, Dina Summer eindimensional und Razz vielversprechend
...And You Will Know Us By The Trail Of Dead - XI: Bleed Here Now
Als ich im November 2013 in Phnom Penh war, wollte es der Zufall, dass Conrad Keely, Jason Reese und die anderen Trail Of Deads, just an dem Tag an dem wir ankamen, ein Akustik-Set im The Willows spielten. Es ist bis heute eine meiner prägendsten Rock’n’Roll-Begegnungen, denn Conrad und ich wurden einander von einer guten Freundin, die damals fürs Goethe Institut arbeitet, vorgestellt und hatten ein bisschen Zeit zu reden. Danach zogen wir alle weiter ins Equinox um The Cambodian Space Project anzuhören. Nach deren Set versammelten wir uns alle oben auf der Dachterrasse, den Blick über die Stadt schweifend, kaltes Bier, Zigaretten, wunderschön war’s… Unvergesslich, all das, nachzuhören auch in einem Song, den ich für meine Formation Triska schrieb, mit dem pragmatischen Titel „A Magic Night in Phnom Penh“. Conrad mochte ihn, womit wir auch schon beim eigentlichen Thema wären und ich zu „ XI: Bleed Here Now“ kommen möchte. Es ist, wie so oft bei Trail Of Dead, auch diesmal wieder ein kleines konzeptionelles Meisterwerk. Was vor allem auch daran liegen könnte, dass es unglaublich harmonisch und zuweilen sogar überaus poppig daher kommt. Bisher war immer noch das 2005er Album „Worlds Apart“ mein Fixstern im Trail Of Dead-Universum. Mit dem nun Erscheinenden könnte sich das ändern. Zumindest aber kriegt „Worlds Apart“ einen kleinen, wertigen Bruder wahlweise auch Schwester, wie auch immer. Nach der ersten Gitarrenextase in „Long Distance Hell“, bedienen sich Keely und Reese hin und wieder auch fast beatleesken Melodiebögen („Field Song“, „Penny Candle“, „Golden Sail“) wie man sie, nun ja, in der Pop-Gegenwart, vielleicht eher bei Bands wie Teenage Fanclub vermuten könnte. Die grandiosen psychedelischen Gitarrenmonster „Taken By My Hand“ und „No Confidence“ dagegen erinnern wieder mehr an die Kernkompetenzen von Trail Of Dead, nämlich an Doom-, Space-, Prog- und Stoner-Rock. Das kompromisslose „Kill Everyone“ feiert die Hardcore- und Punk-Wurzeln während die zärtliche Gitarren-Ballade „Growing Devide“ und das lässig groovende „Contra Mundnum“ mich auch schon wieder zurück in diese magische Nacht führen, damals im November 2013, in Phnom Penh. (14.10. Strom, Tickets)
Alan Parsons - From The New World
Als Kind, so mit 10, 11, 12, war ich großer Alan Parsons-Fan. Aber auch von AC/DC, Fleetwood Mac, Steely Dan, Sex Pistols, Hawkwind, Rush und Status Quo, wie das halt so ist als Teenager, auf der Suche nach dem richtigen Sound… Genauer gesagt aber war ich eigentlich Fan von The Alan Parsons Project, was schon einen Unterschied macht. 1976 nämlich gaben Alan Parsons und Eric Woolfson ihr Debüt. Ein Album namens „Tales Of Mystery And Imagination“ war es, das ich mir irgendwann, Ende der 70er Jahre leistete und welches sich bis heute hörenswert mit Kurzgeschichten von Edgar Allan Poe beschäftigt. Aufgenommen wurden die stets düsteren und beklemmenden, dezent zwischen rockig und sinfonisch changierenden Songs in den Abbey Road Studios. Eben da also, wo Alan Parsons in seiner Zeit als Tonassistent in die Produktion der Beatles-Alben „Abbey Road“ und „Let It Be“ involviert war. Etwas später feierte er 1973 seinen Durchbruch als hauptverantwortlicher Toningenieur bei Pink Floyds „The Dark Side Of The Moon“. Jetzt wird Parsons im Dezember 74 und beglückt seine Fans mit einem neuen Album, auf dem ihm mit Joe Bonamassa, Tommy Shaw (Styx) u.a. ein paar Prominente zur Seite standen. Ein Album allerdings, das brav wirkt, fast bieder. Ein relativ angepasster - manche mögen das zahnlos nennen - Mixmax ist darauf zu hören, der so ziemlich alles zitiert, was den Musikus zeit seines Lebens gleichermaßen geprägt und begleitet hat von Pop bis Rock. Keine Frage, Parsons ist ein Könner, vor allem harmonisch und kompositorisch, einer der weiß wie’s geht, einer der weiß, was seine Generation, also die +70 vielleicht heute noch hören möchte. Dazu zählen weitgehend manieriert klingende Gitarrensoli, eine immer schon eher durchschnittliche Stimme, pathetisch perlende Klavierpassagen und eine alles in allem makellose mithin also aalglatte Produktion. Schwer vorstellbar, dass sich Jüngere, also alle unter 70 das hier noch antun wollen. Da ich locker noch zu Letztgenannten zähle, hör ich an dieser Stelle lieber mal auf und leg mir „Tales Of Mystery And Imagination“ auf, mal wieder in jugendlichen Erinnerungen schwelgen und ein bisschen gruseln…
Short-Cuts:
Dina Summer - Rimini
Ja, man kann es sich in schweren Zeiten auch einfach mal leicht machen. Vielleicht so wie Dina Summer. Man nehme zwei handelsübliche Synthesizer, ein Mikrofon, man bastle ein paar dumpf-stampfende Discobeats und füge eine paar knackige Basssequenzen dazu. Fertig ist die einprägsame Tanzmusik, die die Crowd in der Strand-Disse in den Wahnsinn treibt. Erobique hat das ja mit „Urlaub in Italien“ schon mal vorgemacht, wie das so geht. Jetzt also „Rimini“ von Dina Summer, die sich dem Italo-Disco, New Wave, 80s-House und Electro-Punk verschrieben haben, um damit eine Saison lang die Tanzflächen zum Glühen zu bringen. Mir alles in allem etwas zu eintönig, eindimensional, zu gewollt, zu einfarbig und am Ende, ja, leider auch zu banal. (4.8. Rote Sonne, Tickets)
Razz - Everything You Will Ever Need
Nein, das Indiepoprock-Rad erfinden Razz nicht gerade neu. Eher drehen sie daran recht konventionell und erwartbar. Das schöne dabei: Es klingt gut. Die vier jungen Männer aus dem Emsland, durften schon bei den namhaftesten Festivals, darunter etwa Hurricane, Lollapalooza und Rock am Ring, auf die Bühne, und schon klar, kämen sie aus Newcastle, Birmingham oder wenigsten Brighton, sie wären schon weltweit auf dem Indie-Radar. Aber, ist ja noch nicht aller Tage Abend, und was ihren Landsmännern Giant Rooks gelang, darf man locker auch Razz zutrauen. Von dem her: Daumen steil nach oben! (21.8. Ampere, Tickets)
Autor: Gerald Huber