1. Startseite
  2. Stadtleben

Neue Alben von The Dream Syndicate, Shearwater, Kreator, George Ezra u.a.

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Andreas Platz

Neue Alben von The Dream Syndicate, Shearwater, Kreator, George Ezra, Jetzt!, Yann Tiersen und Sam Brace (Skinny Lister)
Neue Alben von The Dream Syndicate, Shearwater, Kreator, George Ezra, Jetzt!, Yann Tiersen und Sam Brace (Skinny Lister) © Labels

Shearwaters Jonathan Meiburg erinnert an Talk Talks Mark Hollis, The Dream Syndicate wie immer zeitlos schön und George Ezra sommerlich

Shearwater - The Great Awakening

Fast schaurig, wie Jonathan Meiburg, seines Zeichens Bandleader und Sänger von Shearwater, auf dem neuen Album, dem ersten seit sechs Jahren, hier nach dem vor knapp drei Jahren verstorbenen Mark Hollis und somit auch nach Talk Talk klingt. Natürlich sehr viel mehr nach „Spirit Of Eden“ und „Laughing Stock“ als nach den Hits. Aber, Meiburg plagiiert nicht, sondern entwickelt weiter, holt diesen grandiosen Ambient-Sound ins Hier und Jetzt und übertrifft sich somit mal wider selbst. Als großer Shearwater-Fan, der ich bin, vor allem von Alben wie „Animal Joy“ (2012) und „Fellow Travellers“ (2013), habe ich mich natürlich schon auch gefragt, wo er all die Jahre gesteckt hat. Im Info erklärt sich Meiburg wie folgt: „I felt hopeless and I didn’t want to make hopeless music.” Also dachte er an ein Sachbuch über einen seltsamen Raubvogel namens Caracaras, den er in den entlegensten Winkeln Südamerikas suchte. Er veröffentlichte eine Adaption von David Bowie’s Berlin-Trilogie und brachte mit seiner neuen Band LOMA zwei düstere, (alp-)traumhafte Instrumentalalben raus, die in Brian Eno einen großen Bewunderer fanden. „The Great Awakening“ nun entstand in den langen Monaten der Jahre 2020 und 2021 und erschließt sich als eine Art „Meditation über Hoffnung inmitten von Hoffnungslosigkeit und die Freiheiten, die man in der Isolation findet - oder von denen man träumt.“ Und genauso klingt’s dann freilich auch: Störgeräusche, scheppernde Grooves, verzweifelte Rockgesten, dystopische Fieldrecordings, spröde Intimität, atmosphärische Soundscapes. Für mich persönlich eines der verstörendsten, mithin aber besten Alben, eines an großartiger (und zuweilen auch verstörender) Musik jetzt schon sehr reichen Jahres.

The Dream Syndicate - Ultraviolet Battle Hymns And True Confessions

Schon mal was von „Paisley Underground“ gehört? Musiknerds über 50 bestimmt, allen anderen sei gesagt, dass es sich dabei um ein spezielles Rockgenre handelt, welches seine Wurzeln Mitte der 80er Jahre in Kalifornien, genauer gesagt ins Los Angeles hatte. Es ging dabei um eine damals zeitgemäße Hommage an 60s-Bands wie Crazy Horse, The Byrds, The Velvet Underground, The Doors, CCR, Beach Boys, Gram Parsons u.a. Vorreiter und Speerspitze gleichermaßen waren damals Steve Wynn und The Dream Syndicate. Der Antrieb seinerzeit, so Wynn, war: „Wir spielten Musik, die wir hören wollten, weil niemand sonst sie machte“ – und fügt hinzu: „Ich mache Kompromisse bei dem, was ich esse oder wo ich schlafe, aber ich mache keine Kompromisse bei der Musik, die ich spiele.“ Ja, das waren noch Zeiten. Zeiten, in denen sich alle - von NME über Melody Maker und Sounds bis hin zum Rolling Stone  - einig waren, dass das Dream Syndicate Debütalbum „The Days Of Wine & Roses“ nicht nur fantastisch ist, sondern von zeitloser Schönheit. Und so kam es und so könnte es auch mit „ Ultraviolet Battle Hymns And True Confessions“ sein, denn die guten (alten) Zeiten kehren, zumindest musikalisch betrachtet, zurück, in Form dieses neuen, bleiben wir dabei: völlig aus der Zeit gefallenen, Albums, das sich wirklich wahrlich hören lassen kann. Routinierter, dennoch aber höchst agiler, psychedelischer Gitarrenrock ist darauf zu hören, der seines Gleichen sucht, aber wohl auf unbestimmt nicht finden wird. Neben Sänger/Songwriter/Gitarrist Steve Wynn, Schlagzeuger Dennis Duck, Bassist Mark Walton und Lead-Gitarrist Jason Victor ist noch ein guter Bekannter mit von der Partie: Chris Cacavas, seines Zeichens verdientes Mitglied der ebenfalls höchst prominenten Paisley Underground-Vertreter Green On Red, der hier seine Kumpels stilsicher am Keyboard begleitet.

Short Cuts:

Georg Ezra - Gold Rush Kid

Happy-Go-Lucky-Pop von jemandem, der sich selbst als „Gold Rush Kid“ bezeichnet, sollte einem in Zeiten wie diesen zumindest verdächtig vorkommen. Nicht so bei George Ezra. Nach zwei Blockbuster-Alben, Nr.1-Singles und Brit Award (als bester männlicher britischer Solokünstler), dachte Ezra es wäre wieder mal Zeit für mehr „Herz und Seele“. Gesagt getan und so machte er erneut gemeinsame Sache mit seinem langjährigen Kollaborateur, dem ehemaligen Athlete-Sänger und -Gitarristen Joel Pott, der auch schon für Tom Walker, Jack Savoretti, You Me At Six u.a. produzierte. Easy Sunshine-Pop. Federleicht.

Yann Tiersen - 11 5 18 2 5 18

Hm. Komischer Titel, schon mal… Der Amélie-Filmmusiker mit einem Electro-Ambient-Album, das klingt, wie das Cover aussieht. Im Vorfeld zu einem Auftritt beim letztjährigen Berliner „Superbooth“-Festival schloss sich Tiersen in seinem Studio ein und experimentierte so vor sich hin. Wenn man so will komplettiert er mit seinen neuen Soundscapes nun den bereits eingeschlagenen Weg des Vorgängeralbums „Kerber“. Klaviersamples, hypnotisiche Elektronika und pulsierenden Beats, was man halt so macht, wenn man elektronisch experimentiert. Eher belanglosen.

Kreator - Hate Über Alles

Richtig gehend erfrischend im Gegensatz das neue Kreator Album. Famos, alleine schon der Titel. Klar, denken alle gleich an die Dead Kennedys und ihr „California“. Aber „Hate Über Alles“ ist weit mehr als eine Hommage an die legendären Punkrocker um Jello Biafra. Kreator nehmen es gleichermaßen mit der gesellschaftlichen Verrohung als auch mit der Klimakatastrophe auf. Thrash-Speed-Metal galore! Packend.

Jetzt! - Können Lieder Freunde sein?

Laut Tagesspiegel sind Jetzt! die „beste vergessene deutsche Band.“ Wahrscheinlich aller Zeiten und von der Welt… Aber, schon wahr Bandleader, Texter, Sänger Michael Girke bringt hier auf hörenswerte Weise die Intension von Style Council und Prefab Sprout mit der Ernsthaftigkeit und politischen Brisanz eines Franz-Josef Degenhardt und/oder Wolf Biermann zusammen. Doch am nächsten kommen Jetzt! damit aktuell wohl Tom Liwa und seinen Flowerpornoes. Produziert hat’s übrigens Zitronen- und Sterne-Intimus Thomas Wenzel. Anspruchsvoller Diskurs-Pop.

Sam Brace - Fever & Bones

Den Drive seiner Stammband Skinny Lister hat Sam Brace schon mal überwiegend drin gelassen, auch in seinen Solokompositionen. Wessen er sich entledigte ist der Folk und der Ska und all das andere Zeugs, was die Listers so tanzbar macht. Dafür wird’s hier episch breit und zwar in Richtung Old School-BritPop, wie ihn früher die Super Furry Animals, Supergrass oder auch The Smith und freilich auch Oasis propagierten. Nicht der ganz große Wurf, aber auch nicht gänzlich irrelevant.

Autor: Gerald Huber

Auch interessant