1. Startseite
  2. Stadtleben

Neue Alben von Cro, Del Amitri, Erasure, B. Fleischmann sowie Panda Bear & Sonic Boom

Erstellt:

Neue Alben von Cro, Del Amitri, Erasure, B. Fleischmann sowie Panda Bear & Sonic Boom
Neue Alben von Cro, Del Amitri, Erasure, B. Fleischmann sowie Panda Bear & Sonic Boom © Labels

Panda Bear & Sonic Boom machen glücklich, Del Amitri auch, Cro tanzt zu seiner eigenen Platte, Erasure versuchen sich an kreativer Zweitverwertung und B. Fleischmann teilt Räume

Del Amitri - Fatal Mistakes: Outtakes and B-Sides

Ja, kann man so machen. Zumal zu einem Album wie dem phänomenalen Del Amitri Comeback „Fatal Mistakes“. Sage und schreibe 19 Jahre hatte man bis dato, also bis Mai letzten Jahres, nichts mehr von Justin Currie und seiner Band gehört. Und nur die Wenigsten haben wohl noch daran geglaubt, überhaupt mal wieder ein musikalisches Lebenszeichen von den Schotten empfangen zu dürfen. Aber, es kam anders und zwar so: „Es ist ein großes Vergnügen diese völlig aus der Zeit gefallenen, durch und durch analogen rockigen Pop-Songs zu hören. Echte Musik von echten Menschen gespielt auf echten Instrumenten und verstärkt, genau, von echten gut vorgeglühten Röhren-Amps. So klang Musik immer, so sollte sie immer klingen, keine Elektronik, keine Samples, kein Computer weit und breit, hach!“ Voll des Lobes also auch ich seinerzeit in meiner „Angespielt“-Kolumne… Und, nachdem es sich jetzt dem Titel zufolge hierbei um „Outtakes and B-Sides“ handelt, hat sich im Großen und Ganzen dann auch nur wenig geändert, soundtechnisch zumindest. Den Rest erklärt mal schnell Bandleader Currie höchstpersönlich: „Als Cooking Vinyl uns bat, Material für eine Bonus-CD zu den verschiedenen `Fatal Mistakes´-Paketen zu liefern, ergriffen wir die Chance, die B-Seite wieder aufleben zu lassen. Wir wussten, dass wir mindestens zehn Stücke für das Album geschrieben hatten, die es nicht in die endgültige Fassung geschafft hatten, und wir wussten auch, dass sie nicht unbedingt auf das nächste Studioalbum kommen würden.“ Wer jetzt denkt, dass dies hier womöglich ein bisschen nach Upcycling oder gar Ausverkauf klingt, muss wissen: Alle Songs hätten es meiner Meinung nach locker auf das Stammalbum geschafft, locker… Aber lassen wir Currie nochmal kurz ins Detail gehen: „Zwei dieser Tracks, `Lips Of London´ und `Gone In A Second´, wurden im Rahmen der 2020er-Album-Session aufgenommen und abgemischt, der Rest wurde für das Projekt geschrieben und während der Winterpause ‚21 ferngesteuert aufgenommen. Sie sollten als Begleitstücke zu `Fatal Mistakes´ funktionieren, und solange irgendjemand irgendwo behauptet, eine dieser B-Seiten sei besser als irgendetwas auf dem Album, werden wir glücklich sein. Also, tu ich dem Currie den Gefallen und schreib das mal so hin: Für mich hätte es nicht nur eine dieser B-Seiten, sondern wahrscheinlich sogar alle verdient gehabt als vollwertige Mitglieder auf das „Fatal Mistakes“-Album aufgenommen zu werden. Mir gefällt die Ergänzung mindestens genau so gut wie das Mutteralbum, ob besser oder nicht ist nicht von Belang, denn „ Outtakes and B-Sides“ kann ohne wenn und aber ganz wunderbar auch als eigenständiges Album bestehen. (18.9.2022 Muffathalle, Tickets)

Panda Bear & Sonic Boom - Reset

„Reset“ ist ja insgeheim so meine Lieblingstaste beim Computer. Wie pur, rein und sauber auf einmal alles wäre, all der Mist gelöscht, unwiederbringlich, zurück auf Null, was für eine unglaubliche Erleichterung und Freiheit das mit sich bringen würde, allein der Gedanke daran… Aber meistens drückt man „Reset“ ja dann doch nicht, sondern verfällt bei einer unvorhersehbaren Störung in Panik, Schnappatmung und Schweißausbrüche um zu retten, was zu retten ist, weil wichtig, wichtig, wichtig… Noch viel, viel schöner aber wäre ja eine „Reset“-Taste im Hirnkastl. Jeden Tag einfach drücken, den ganzen Scheißdreck einfach löschen, die Bio-Festplatte reinigen, alles vergessen, auch hier back to the start und anderntags gut gelaunt aufwachen, aufstehen, den Tag genießen, die schlechten Momente irgendwie durchstehen, um vor dem Zubettgehen wieder die erlösende Taste zu betätigen… Ja, könnte jetzt der/die ultra-woke mir nicht wohlgesonnene Hater:in einwenden: Dann werd halt dement, du Depp! Aber ihr wisst schon wie ich’s meine … Die Musik zu solchen befreienden, ja, geradezu erlösend apokalyptisch-anarchistischen Gedankenspielen liefern heute der vor geraumer Zeit von New York nach Lissabon gewechselte Noah Lennox aka Panda Bear (Ex-Animal Collective) und sein bester Spezl, der Brite Pete Kember alias Sonic Boom, seines Zeichens ehemaliges Mitglied der kultig verehrten Psychedelic-Rocker Spaceman 3. Die zwei kennen sich seit seligen MySpace-Zeiten, denn da haben sie sich kennengelernt. Und ja, bevor jemand fragt, sie sind steinalt, wie auch anders… Aber man hört das - was für ein Glück - in ihrer Musik. Ihrer, nun wie drück ich mich am besten aus ohne gleich wie ein hysterisch-durchgedrallerter Fanboy zu wirken: FANTASTISCHEN MUSIK! Aber im Ernst, „Reset“ ist ein minimalistisches, ein super sympathisches, ein universell gültiges und in allen Belangen wunderschön-fabelhaftes Album geworden, in das man sich nicht nur verlieben kann, sondern, gesetzt den Fall, man trägt sein Herz da, wo es hingehört, nämlich zwischen den Ohren, sich geradezu hineinverlieben MUSS! Die Beach Boys stehen in der Referenzliste wohl ganz oben, Brian Wilson ganz bestimmt. Aber auch ein bisschen was von Flamenco und Angela Aux, von Calypso-Folk und Radical Face und, klar, wie sollte es auch anders sein, irgendwie auch von den Bands, in denen Lennox und Kember ihre künstlerische Art sich auszudrücken die vielen Jahre über gelernt und verinnerlicht haben. Falls es jemand noch nicht gemerkt haben sollte: Ich liebe diese zwei musikalischen Genies, diese Soundstreicher durch die Genres, diese ganz und gar liebenswerten Zeitreisenden zwischen 60s-Surf-, 80s-Score und 90s-Electro-Pop. Um ganz ehrlich zu sein, es ist ein bisschen so, als hätte jemand meine „Reset“-Taste im Kopf tatsächlich gedrückt, und ich fühle mich befreit, erlöst, glückselig. Aber über wen und wofür schreib ich hier eigentlich…?

Short Cuts:

Cro - 11:11

„Mein neues Album“ so der Cro „ist wunderschön, es ist mein Lieblingsalbum tatsächlich. Es passt zum Sommer. Man kann dazu tanzen, man kann dazu feiern. Es ist sehr vibey, sehr wavey. Da steckt ganz viel Liebe drin.“ So was stößt auf, so ein Eigenlob, das, genau… Andererseits ist es halt dann auch wieder so, dass der Künstler das ruhig behaupten darf, wenn er das so empfindet, aber es gleich ins Info zu drucken?! Ich hab keine besondere Abneigung gegen Cro, außer gegen seinen Autotune, aber am Ende ist mir sein Sound auch irgendwie wurscht. Von dem her halte ich mich jetzt einfach mal raus und tanze, aber ganz bestimmt nicht zu „11:11“ …

Erasure - Day-Glo (Based on a True Story)

Als Vince Clarke mal so richtig langweilig war, begann er damit Stücke des 2020er Vorgängers „The Neon“ zu sichten, zu hören und schließlich auch zu bearbeiten. Respektive pickte er sich ein paar Themen heraus und bastelte neue Songs daraus über die dann Andy Bell seinen - mit reichlich Effekt aufgepimpten - Senf gesungen hat. Wichtig dabei zu erwähnen, dass sich die Ähnlichkeiten zum Originalmaterial in Grenzen halten. So gelesen und gehört, ist „Day-Glo“ das, was man kreative Zweitverwertung nennen kann, ohne den geistigen Vätern damit Unrecht zu tun. Find’s eigentlich sogar ganz schön!

B. Fleischmann - Music for Shared Rooms

Geiler Titel. Mag ich sofort, schon vom ersten Ton an. Sollte man sich den Raum mit jemanden teilen, der B. Fleischmann in der Dauerschleife hört? Unbedingt! Die überwiegend spacigen Electro-Songs heißen dabei „Träumerei“, „Sehnsucht“, „Entwurf einer Ballade“, „Liebe Emmi“ oder „Im Atelier“. Diese firmieren alle mehr oder weniger unter geschmeidige Hintergrund- und Scoremusik mit hohem künstlerischem Anspruch. Aber auch die etwas verhaltensauffälligeren Titel wie „Brenne“, „Schock“, „Flüchtlingswalzer“ und „In die Disko“ gehören zum breiten Spektrum des genialen österreichischen Soundtüftlers. Meine Lieblingssongs aber sind „Der Lärmkrieg“, der definitiv mit ohrenbetäubender Ruhe auftrumpft, und - auch wegen dem entwaffnend ehrlichen Titel - „Die Erde ist mir fremd geworden“, bei dem ich mir den leider längst verstorbenen Mark Hollis als Sänger gewünscht hätte.

Autor: Gerald Huber

Auch interessant