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Neue Alben von Two Door Cinema Club, Andrew Combs, Tom Chaplin (Keane), u.a.

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Neue Alben von Andrew Combs, Two Door Cinema Club, Tom Chaplin (Keane), Luke Sital-Singh, Nina Nesbitt und George FitzGerald
Neue Alben von Andrew Combs, Two Door Cinema Club, Tom Chaplin (Keane), Luke Sital-Singh, Nina Nesbitt und George FitzGerald © Labels

Andrew Combs mit meditativer Grandezza, Two Door Cinema Club durchwegs tanzbar, 

Andrew Combs - Sundays

Meine Frau und ich wären für Andrew Combs ja fast schon mal nach Bilbao gefahren. Äh, na ja, wahrscheinlich geflogen. Da waren wir noch nicht. Soll aber schön sein. Und Andrew Combs, meines Wissens, war noch nie in München. Von dem her: Hätte das durchaus gepasst! Jetzt aber kommt er doch, der Andrew Combs nach München. Haben wir uns einerseits viel Geld gespart und die Umwelt geschont, andererseits aber eben auch das wunderschöne Bilbao bis heute nicht gesehen. Egal, denn in München wiederum - anders als in Bilbao - kenne ich den wirklich engagierten, großartigen Kleinst-Veranstalter persönlich. Still Or Sparkling heißt das Ein-Mann-Unternehmen (https://stillorsparkling.de) mit dem überaus hochwertigen und anspruchsvollen Programm, das immer wieder in aller Regelmäßigkeit so tolle Künstlerinnen und Künstler wie Donna Blue (22.9.), Matt Elliott (28.9., beide Heppel & Ettlich), Nicole Atkins, Jimi Tenor, Mr Silla, Whitney Rose, Calcutta u.v.a. nach München holt und dabei oft auch Miese macht. Geschenkt. Im Roster von Still Or Sparkling auch der famose texanischen Singer/Songwriter Andrew Combs, der allerdings mittlerweile in Nashville lebt. Dieser ist einer meiner absoluten Lieblinge mindestens seit seinem phänomenalen „Ideal Man“-Album aus dem Jahre 2019. Jetzt legt er gleichermaßen phänomenal nach. „Sundays“ ist so wunderschön geworden, dass es fast schon ungerecht wäre hier einzelne Songs herauszuheben. Es ist diese künstlerische Gesamtheit die Combs so herausragend macht. Es ist sein Gespür für große Melodie ohne Pathos. Es ist die Selbstverständlichkeit eines Mannes, der, ähnlich wie Josh Rouse, immer unter Wert gehandelt wird und viel zu weit unter dem Radar der europäischen (vor all aber, wie’s scheint, Münchner) Indie-Öffentlichkeit seine Kreise zieht. Mit seinen nur 35 Jahren ist Combs nach einem Nervenzusammenbruch, den er im Dezember 2020 erleiden musste, mit all seiner unnachahmlichen musikalischen Zärtlichkeit, seiner Empathie und seiner meditativ-spirituellen Grandezza, zumindest für mich, schon jetzt - neben Ryan Adams und eben schon genannten Josh Rouse - eine der herausragenden Lichtgestalten des Americana-Folk-Genres. Wer seinen Auftritt in München verpasst, die/der hat definitiv was verpasst, darauf mein Wort… (14.9. Heppel & Ettlich // Tickets)

Two Door Cinema Club - Keep On Smiling

Haha, ja, die da droben im „Indie-Olymp“, wo zumindest das Info Two Door Cinema Club verortet, die haben gut lachen. Aber wir? Wir hier unten? In den Niederungen des tristen Alltags? Nun, beim Hören des neuen Two Door Cinema Club Albums „Keep On Smilling“ huscht einem tatsächlich das eine oder andere Schmunzeln über die Lippen. Liegt vor allem daran, dass sich die da droben im Indie-Olymp größte Mühen geben uns da unten ein paar unbeschwerte Songs zu kredenzen. Viel erinnert dann an die Lässigkeit der Parcells z.B. Funky ist das, tanzbar durch und durch, und, ja, geradezu unbeschwert klingt das zuweilen. Charmant-wilde Energieschübe macht man aus, die Spielfreude ist hörbar und schmissige musikalische Ideen treiben ihr launiges Spielchen. Zackige Gitarrenriffs allenthalben, spritzige Melodien sowieso, „Indie-Charme“ und „Pop-Appeal“, die man zur Ablenkung in dystopsichen Zeiten gerne mal in Anspruch nimmt. Und wir erfahren, dass das neue Album von der Band in einem deutlich kollaborativeren Ansatz als zuvor, inklusive mehr Freiheit für jedes Mitglied, aufgenommen wurde. Und das Ergebnis kann sich wahrlich hören lassen: Easy, locker, frisch, frank, frei und gut gelaunt kommt das daher, wie auch anders bei Titeln wie „Lucky“, „Everybody’s Cool“, „Millionäre“, „High“, „Wonderful Life“, „Won’t Do Nothing“ u.a. Ja, macht Laune. Danke ihr da droben im „Indie-Olymp“ wir hier unten feiern euch und der triste Alltag verschwindet für die Spielzeit dieses wirklich erfrischenden Spätsommer-Albums. (7.10. TonHalle // Tickets)

Luke Sital-Singh - Dressing Like A Stranger

Ich schreib’s nur ungern. Aber den Luke Sital-Singh hat mir vor geraumer Zeit der Algorithmus eines Streaming-Anbieters vorgeschlagen. Genau genommen den himmlischen Song „Blind Missiles“. Klarer Fall: Welthit! Und auch klar, der Algorithmus weiß natürlich noch viel besser als ich und alle Promoterinnen und Promoter der Welt zusammen, wie und für wen mein musikalisches Herz schlägt. Wie auch immer, seitdem bin ich auf alle Fälle Fan von Luke Sital-Singh. Kein Wunder also, dass ich auf sein neues Album extrem steil gehe. Wunderbarer Leisetreter-Folk-Sound, gefühlvoll, wertvoll, kurzum: wundervoll. Was ich noch anmerken will, quasi in eigener Sache: Wahrscheinlich wäre ich der lausigste A&R der Welt, den neben Andrew Combs würde ich selbstverständlich auch Luke Sital-Singh unter Vertrag nehmen und wahrscheinlich gemeinsam mit den beiden verhungern.

Tom Chaplin - Midpoint

Und er hat es wieder getan: Tom Chaplin, seines Zeichens kein Geringerer als der Sänger der Brit-Rocker Keane, veröffentlicht sein drittes Soloalbum. Eines, das es in sich hat. Eines, das zeigt was für ein fantastischer Sänger (irgendwo zwischen Thom York, Father John Misty und Rufus Wainright) der Mann ist. Eines, das ihn im Mittelpunkt seines Daseins zeigen soll. Andere meinen ja der 40. Geburtstag sei eher so ein Bergfest, von nun an ging’s, genau… Chaplin aber verzweifelt und verzagt nicht an seinen 43 Lebensjahren. Nein, er singt sich eins, um genau zu sein 13, und zwar wirklich beeindruckend schöne, nachdenkliche, wehmütige und ja, auch brutal vereinnahmende… Tolles Album, bisschen brav vielleicht, aber eben nicht zu…

George FitzGerald - Stellar Drifting

Es gibt so Labels, da kann man einfach nix falsch machen: Domino, das Label von George FitzGerald, gehört dazu. Also meiner Meinung nach. Die haben eine dermaßen fitte A&R-Abteilung, dass man - egal ob kauziger Folk oder fescher Electro - einfach alles lieb haben muss. Jetzt also Electro. Electro von George FitzGerald. Kein Wunder also, dass sich dieser gleichmal Labelmate Panda Bear (Animal Collective), der grad vor einer Woche mit „Reset“ ein faszinierendes Meisterwerk veröffentlichte, für den Song „Passed Tense“ ausgeliehen hat. Im Anschluss daran die zweite spektakuläre Featured-Artist-Nummer mit SOAK: Lange nichts von ihr mitgekriegt, umso schöner dieses Wiederhören. Folgt kurz vor Schluss die dritte Kooperation zusammen mit Hannah Reid und London Grammar. Wunderschön auch das. Aber eben nicht nur, denn auch jene Songs ohne „prominente“ Unterstützung lassen sich mehr als gut anhören.

Nina Nesbitt - Älskar

…was so viel bedeutet wie „Liebe“. Auf schwedisch versteht sich. Und die Halb-Schwedin Nina Nesbitt hat es zwischen all den reflexiven Selbstbeobachtung und diversen diffusen Ängsten, durchaus auch mal faustdick hinter den Ohren. Dennoch, „Älskar“ ist schwer emotional und feiert - laut Info „das Leben in all seiner Komplexität und die Liebe in jeder erdenklichen Form.“ Und so klingt’s dann auch: Große Balladen allenthalben, eine große Sängerin - die für meinen Geschmack etwas zu oft ins Falsett rutscht - sowieso. Nicht ohne, ganz und gar nicht, und bestimmt sau erfolgreich, mir aber irgendwie ein bisschen zu glatt. Da issa wieder, der A&R-Versager ;) …

Autor: Gerald Huber

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