Literaturfest 2022: Solidarität – buchstäblich!

Starker Zusammenhalt: Das 13. Literaturfest kreist vom 16.11. bis 4.12. um die Beziehungen zwischen der Ukraine und dem Westen
Er ist eine der wichtigsten Stimmen, die zuletzt fast verstummten: Andrej Kurkow, wurde in St. Petersburg geboren und verbrachte seine Kindheit in Kyjiw. Sein Roman „Picknick auf dem Eis“ machte ihn weltberühmt – mit Übersetzungen in 42 Sprachen. Zuletzt wollte er allerdings gar nicht mehr schreiben, sondern seine Kraft und seinen Einfluss dem Kampf gegen die russischen Invasoren widmen. Und er ist gleich zum Auftakt einer der vielen Stargäste auf dem Literaturfest München. Er tritt gemeinsam mit der ukrainischen Schriftstellerin Tanja Maljartschuk auf, die die „Forum“-Reihe des Fests kuratiert und mit Kurkow über das Festivalmotto „Frei sein: Mitteleuropa neu erzählen“ spricht (Literaturhaus, 16.11.)
Die bestens vernetzte Kuratorin hat internationale Gäste aus Literatur und Wissenschaft nach München eingeladen. Über 20 Autorinnen und Autoren reisen allein aus der Ukraine an. Es geht um ein kostbares Projekt: den inneren Zusammenhalt eines Kulturraums und Brücken über frische Gräben hinweg. „Was für ein großartiges Signal: das Literaturfest München feiert erneut drei Wochen lang die Freiheit des Wortes, live mit hochkarätigen internationalen Gästen und an vielen Orten der Stadt“, freut sich Tanja Graf, Geschäftsführerin des Literaturfests und Leiterin des Literaturhauses.
„Denn die künstlerische Beschäftigung mit der Gegenwart ist wichtiger denn je. Treff- und Mittelpunkt wird in seinem 25. Jubiläumsjahr das Literaturhaus sein, wo erstmals auch die Bücherschau stattfindet. Wir freuen uns auf große Namen und große Bücher, auf Innovatives und Überraschendes – auf ein fulminantes Lesefest.“ Und Tanja Maljartschuk freut sich auf ihr „Forum“-Programm, das sie allen Literaturfreunden der Stadt ans Herz legt. Es ist „eine Woche mitteleuropäischer Kunst und Literatur, solo und im Austausch, politisch wie künstlerisch“, sagt sie. „Das ist einzigartig und ein wichtiges Zeichen, auch der Stadt München, die ein solches Festival willkommen heißt.“
Antworten und Zukunftsblicke gibt unter anderem ein zweiteiliges Symposion mit Literaten und Wissenschaftlern aus Psychologie, Zeitgeschichte, Soziologie und Politikwissenschaft (NS-Dokumentationszentrum, 19.11.). Ein Höhepunkt der Überfülle an spannenden Lesungen ist der Austausch mit einer Nobelpreisträgerin: Herta Müller trifft im Literaturhaus auf Andrej Kurkow (17.11.). Und in der Muffathalle stellt der Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels 2022, Serhij Zhadan, sein neues Werk „Himmel über Charkiw“ vor und tritt mit seiner Band „Zhadan i Sobaky“ auf. Sein Buch ist eine Chronik der aktuellen Ereignisse und eine Feier der Widerstandskraft.
Neu in diesem Jahr ist, dass die Münchner Bücherschau ebenfalls am Festivalzentrum gastiert: Täglich von 8.30 bis 23 Uhr, kann man in der Galerie des Literaturhauses die Vielfalt der Neuerscheinungen aus über 100 Verlagen bewundern. Im Begleitprogramm stellen sich preisgekrönte Schriftstellerinnen und Schriftsteller vor – darunter Andrea Wulf (18.11.), Alex Capus (Buchhandlung Lehmkuhl, 23.11.) und Rafik Schami (Gasteig HP8, 24.11.). Zum Abschluss präsentiert Denis Scheck im Gasteig HP8 seine Lieblingsbücher 2022 (4.12.).
Zum ersten Mal findet dann auch noch das Programm „Münchner Schiene“ statt, gestaltet von dem Autor und Musiker Benedikt Feiten. Er wird sich mit Fragen nach dem Zusammenhalt in der Szene befassen. Feiten setzt dabei auf viele Gäste und lässt Prosa, Lyrik, Drama, Poetry Slam und Comic auf Gesang, elektronische Klänge, Rap und Tanz treffen. Mit dabei sind unter anderem die Zeichnerin Lisa Frühbeis, der Musiker und Produzent Roger Rekless, Tänzer und Choreograf Alfonso Fernández Sánchez sowie Flo Weber, Autor und Schlagzeuger der Sportfreunde Stiller.
Autor: Rupert Sommer