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Literatur im Oktober: Galaktisch gute Donnergurgler

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Ben Becker
Lockt sein Publikum in die Finsternis: Ben Becker © Jens Wazel

Diese Lese-Bühnen-Trips wecken die Abenteuerlust und heizen allen Aufgeschlossenen für einen heißen Herbst ein.

Was man wissen sollte: Im Kern ist der „Frankenstein“-Roman eine erste Umwelt-Dystopie. In seinem Entstehungsjahr ereignete sich eine Klimakatastrophe – in einem Europa ohne Sommer. Für das Biotopia-Festival geht Timo Feldhaus mit seiner Lesung aus „Mary Shelleys Zimmer - Als 1816 ein Vulkan die Welt verdunkelte“ zurück an die Wurzeln. Zudem diskutiert er mit der Biotopia-Kuratorin Anna-Lisa Dieter. (Schloss Nymphenburg, Hubertussaal, 1.10.)

Friedrich Ani schickt einen neuen Ermittler ins Rennen: Wegen seiner schweren Verletzungen wurde Kay Oleander von den Dienstpflichten freigestellt. Nur mühsam schleppt er sich durchs Leben, bis er Silvia kennenlernt. Die hatte sich nach einem Schicksalsschlag in die Arme einer Rechtspartei geflüchtet. Zwei Versehrte, die endlich wieder vieles richtig machen wollen in einer Welt, die falsch läuft. (Literaturhaus, 4.10.)

Hinter dem immer freundlichen, zugewandten Lächeln von Michaela May stecken Tragödien. Und erst mit ihrer Autobiografie hat sie eine Stimme gefunden, um von einem Leben zu erzählen, das nicht immer so heiter war wie viele ihrer tollen Filme und Serien. Allein schon für sie lohnt der Ausflug zum tollen Festival „Dachau liest“. Dort trifft man am selben Eröffnungsabend dann auch auf die Krimi-Bestseller-Autorin Nicola Förg, die mit „Hohe Wogen“ ihre Alpen-Serie fortsetzt. (Ludwig-Thoma-Haus Dachau, 5.10.)

Seinen mittlerweile zweiten Roman „Jahre mit Martha“ stellt Martin Kordic vor, der darin um die großen Themen von Macht und Begehren kreist. Der Münchner Autor erzählt von einem 15-Jährigen aus einfachen Verhältnissen, der sich in eine Professorin verliebt. (Lehmkuhl, 5.10.)

Am ganz großen Rad dreht der Wiener Sachbuch-Bestsellerautor Philipp Blom. In „Die Unterwerfung“ skizziert er die 3000 Jahre alte Geschichte der Vergewaltigung der Natur durch den Menschen. Auch Bibel-vom-Hörensagen-Kenner wissen von dem unsäglichen Satz: „Macht Euch die Erde untertan“. Er wurde befolgt – leider. (Literaturhaus, 6.10.)

Mit einer jungen Stimme von der Klimakrise und ebenfalls nichts Geringerem als dem Untergang der Welt, wie wir sie kennen, berichtet Leona Stahlmann in ihrem Roman „Diese ganzen belanglosen Wunder“. Es ist eine Geschichte von der Sehnsucht der Großstadtmenschen nach einem Naturzustand, der sich nur noch in bizarren Mondlandschaften finden lässt. (Franzi, Schwanthalerstr. 57, 6.10.)

Edgar Selge hat Schlimmes bereits hinter sich – seine trostlose Kindheit im Haushalt eines Gefängnisdirektors in Herford. „Hast du uns endlich gefunden“ erzählt von einem Vater, den sein Sohn lange noch zu llieben versucht. Trotz allem. (Ludwig-Thoma-Haus Dachau, 9.10.)

Norris von Schirach ist der ältere Bruder des noch etwas berühmteren Bruders Ferdinand. Er blickt in seinem Zweitling, dem Roman „Beutezeut“, auf die brutalen Machtkämpfe in der postsowjetischen Gesellschaft der Nullerjahre. (Literaturhaus, 10.10.)

Deutlich unbekümmerter lässt es Arno Camenisch, der Star der Spoken-Word-Szene aus der Schweiz, in seinem Roman „Die Welt“ angehen. Es geht um die Reise eines Zwanzigjährigen über die Kontinente – mit Moby und den Rolling Stones als Soundtrack. Und um die Liebe. (Literaturhaus, 11.10.)

Ben Becker nimmt man seine Leidenschaft für die Text-Wucht des polnisch-britischen Seefahrerautors Joseph Conrad ab. Nicht einfach so hat er dessen Namenszug als Tatoo auf seinem linken Arm verewigen lassen. Reisen ins Herz der Finsternis sind für Becker, den Mann mit der großartigsten Bassstimme Deutschland, fast schon Alltag. Seine „Apokalypse“-Lesung kommt übers Publikum wie eine Urgewalt. (Prinzregententheater, 11.10.)

Etwas zarter legt üblicherweise Matthias Brandt seine Schauspielkunst an. Doch auch er ist ein Wort-Klang-Verführer. Zusammen mit dem Pianisten Jens Thomas nimmt er bei seiner „Die Bergwerke zu Falun“-Performance das Auditorium mit in die fantastische Nachtwelt von E.T.A. Hoffmann. (Volkstheater, 16.10.)

Bleibt unter den ganz großen Stimm-Donnerern dann zum Schluss noch Werner Herzog. Der Regie-Beserker feiert seinen 80. Geburtstag mit dem Lebensbeichte-Abenteuerbericht „Jeder für sich und Gott gegen alle“. Darin blickt er zurück – auch auf wilde Jahre in dieser Stadt. (Kammerspiele, 30.10.)

Rupert Sommer

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