Nun, es wurden ja damals extrem viele Fakten vertuscht und manipuliert. Dr. Gudden, der ohne den König zu untersuchen, ein Gutachten erstellt hat, das zur Entmündigung Ludwigs führte, hat in der offiziellen Version den König am Suizid gehindert und ist dabei selbst zu Tode gekommen. Wenn diese Version stimmen würde, warum hat man dann so viele Beweismittel vernichtet? Ich hab sehr gründlich recherchiert und einige hübsche Theorien aufgestellt.
Du hast mit Wiggerl Staudacher einen königstreuen Gendarmen gewählt, der offenbar viel mehr weiß, als bislang offiziell bekannt wurde. Wie kam es, dass ausgerechnet er so viel weiß und wie gut konnte man diesem Hallodri trauen?
Es gab seinerzeit die „Fang-Kommission“, die den für verrückt erklärten König von Neuschwanstein nach Schloss Berg bringen sollte. Die Hauptfigur des Buches steht Ludwig II. in diesen schweren letzten Tagen bei, was eine Art Vertrauensverhältnis schafft und dem Gendarmen Einblick in verschiedene Zusammenhänge gewährt.
Man verrät nicht zu viel, wenn man die Hauptfigur schillernd nennt. Was macht sie denn so spannend für einen Erzähler?
Mein Gendarm weiß nicht, ob er sich als Mann oder als Frau oder etwas anderes fühlt. Ich wollte aufzeigen, was so etwas im 19. Jahrhundert bedeutete. Damals gab es keine Community, die eine Person wie Wiggerl aufgefangen hätte. Im Gegenteil: Anderssein war strafbar und gesellschaftlich höchst verpönt. Mein Titelheld macht sich über diese Dinge viele philosophische und tiefgründige Gedanken.
Der rührige Hirschkäfer Verlag preist das neue Buch als „ultimativen Roman über König Ludwig II“ an. Wie stolz macht es dich, dass dann ja alle Unklarheiten auf ewig beseitigt sind und der Kini endlich zur Ruhe finden kann?
Das war mir ein wichtiges Anliegen. Der König war eine faszinierende Persönlichkeit, Pazifist und den Musen zugewandt, ein Exzentriker, der zwar sehr viele Eigenheiten hatte, aber in meinen Augen nicht psychisch krank war. Ich hoffe, alle Unklarheiten über Ludwig II. mit meinem Buch aus der Welt geschafft zu haben.
Apropos: Zur Ruhe finden. Wie heißt denn der geheimnisvolle Zaubertrank, der dem Multitalent Wolff so viel Kreativenergie für immer neue Projekte spendet und was muss man über die beflügelnde Wirkung wissen?
Es ist ein schmackhaftes, würziges nicht destilliertes, durch Gärung und stärkehaltige Stoffe gewonnenes prickelndes Kaltgetränk, das besonders im Antrunk seine magische Wirkung entfaltet. Es wirkt ab dem ersten Schluck und vereint Harmonie, Tatendrang, Liebe und Entspanntheit zu einer vollständigen Eintracht. Die meisten Menschen kennen es unter dem Begriff „Bier“.
Verstanden. Da müssten doch mehr Menschen drauf kommen? Zwischen Wiesn, Redaktionsstuben, Bühnen und Dichterklause: Wie muss man sich einen ganz normal wahnsinnigen Moses-Wolff-Tag vorstellen und wo kommt es zu den besten neuen Einfällen?
Ich stehe meist spätestens um 9 Uhr auf, versuche eine Viertelstunde, mich an meine Träume zu erinnern, stehe auf, gehe unter die Dusche, frühstücke und mache ein paar Dehnungsübungen für die Wirbelsäule.
Tapfer. Klingt diszipliniert.
Dann setze ich mich an den Schreibtisch, verfasse Texte und erledige diverse Korrespondenzen. In den Morgenstunden habe ich meist die besten Einfälle. Nachmittags fahre ich, sofern es das Wetter zulässt, häufig mit dem Fahrrad in das kleine Theater Hofspielhaus, wo ich als künstlerischer Berater seit dessen Gründung arbeite. Ich zeichne auch einen Großteil der Plakate für diese Spielstätte. Am Spätnachmittag fahre ich heim und mache eine Siesta.
Vernünftig.
Dann verzehre ich ein bescheidenes Abendbrot und fahre mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ins Schwabinger Vereinsheim, wo ich mich mit wundervollen Kolleginnen und Kollegen auf die Bühne stelle und Selbstverfasstes vortrage. Anschließend labe ich mich noch an ein paar Kaltgetränken. In der Regel lege ich mich weit nach Mitternacht zum Schlafe nieder. An machen Tagen kommt es im Idealfall noch zu anderen zwischenmenschlichen Kontakten.
Interview: Rupert Sommer
Kreativ-Wucht: „Autor, Darsteller, Filmschaffender und Musiker“ führt Moses Wolff in seiner E-Mail-Signatur. Damit ist aber noch längst nicht alles verraten, was unseren Kolumnisten ausmacht, der sich aktuell im sprichwörtlichen und sehr realen Himmel der Bayern befindet. Sein neuestes Buch „Gendarm des Königs – Die Starnberg Protokolle“ ist aktuell im Hirschkäfer-Verlag erschienen. Alle Infos gibt’s unter hirschkaefer-verlag.de