Ebenfalls eine Koryphäe, deren Namen man kennt, ist Alfred Riepertinger („Mein Leben mit den Toten“). Allerdings ist es seine Arbeit, die viele dann doch etwas schaudern lässt. Völlig zu Unrecht. Der Oberpräparator am Institut für Pathologie am Schwabinger Krankenhaus ist ein Menschenfreund, der Angehörigen das Abschiednehmen erleichtert. Riepertinger ist darauf spezialisiert, Leichname, die etwa nach Unfällen oder Gewaltverbrechen entstellt sind, wieder zu ihrer natürlichen Würde zurückzuverhelfen. Und er ist eben auch ein begnadeter Geschichtenerzähler – und einer der ganz großen Stars des Münchner Krimifestivals. Zur Jubiläumslesung blickt Riepertinger auf zehn Jahre an seinem Wirkungskreis in Schwabing zurück. (Pathologisches Institut, 8.9.)
Von Vivian Goldman kann man viel lernen. Die legendäre britische Musikjournalistin, die mit Texten im NME, bei Melody Maker oder Sounds Musikgeschichte mitschrieb, tritt der Historie beherzt in den Hintern: Ihr Buch „Die Rache der She-Punks“ gibt dem Geschehen einen feministischen Twist – von Poly Styrene bis Pussy Riot. (Rote Sonne, 8.9.)
Beklemmend: Ilya Kaminsky, ein ukrainisch-russich-jüdisch-amerikanischer Dichter, Übersetzer und Lyrik-Professor, hat mit „Republik der Taubheit“ einen Roman vorgelegt, der sich – obwohl zeitlich schon früher erschienen – als Chiffre auf die Grausamkeit des neuen Kriegs lesen lässt. Erzählt wird von einem Mord an einem tauben Jungen, der von Soldaten erschossen wird. Dann organisieren die Kleinstadt-Bewohner den Widerstand. (Literaturhaus, 13.9.)
Dana von Suffrin ist aktuell auf einer #SchreibResi in der Monacensia, arbeitet dort intensiv und bringt nicht nur eigene tolle Texte zu Gehör, sondern auch spannende Menschen zusammen. So wirft sie mit dem Debattenabend „Feuilleton vs. Blogs – Buchkritik im Wandel“ Fragen zur Lage der deutschen Gegenwartsliteratur sowie ihrer Vermittler auf. Kleiner Tipp: Unbeirrt schreiben! (Monacensia im Hildebrandhaus, 14.9.)
Entlang der ersten Straße, die Amerika von Osten nach Westen durchquert, reisen die vier Protagonisten in dem neuen Roman „Lincoln Highway“ von Amor Towles. Emmett und Billy möchten einen Neuanfang in Kalifornien wagen, zwei Freunde Emmetts haben allerdings ein ganz anderes Ziel: New York City! Kluger und spannender Roadmovie zum Lesen. (Literaturhaus, 20.9.)
Mit Thilo Wydra kann man aufregende Frauen bewundern: Er bringt in einer neuen Doppelbiografie mit Grace Kelly und Diana Spencer zwei Ikonen der Popgeschichte zusammen, die sich den Traum verwirklichten „ihren Prinzen“ zu heiraten. Und trotzdem tappten beide ja nicht in die Kitschfalle. Fürstin Gracia und Di zeigten Haltung. (Arri Kino, 15.9.)
„Auf See“: Theresia Enzensberger nimmt ihre Lese-Publikum mit auf die Ostsee – in eine der schwimmenden Städte einer offenbar nicht allzu fernen Zukunft. (Literaturhaus, 16.9.)
„Die Weltverbesser“ sind im Anmarsch: BR-Radio-Journalist Knud Cordsen berichtet vom Aktivismus und seiner bewegten Geschichte. Dazu stellt Deniz Yücel kritische Fragen. Spannend! (Literaturhaus, 23.9.)
„Dummheit als Weg“: So heißt die pointierte, allseits beliebte Rolling-Stone-Kolumne von Rocko Schamoni. Er wettert damit gegen die Schwarmdoofheit der Gegenwart. Zudem stellt er Songs aus dem neuen Album vor, das in Corona-Zeiten entstand und daher folgerichtig den Arbeitsnamen „Allein“ trägt. (Volkstheater, 28.9.)
Rupert Sommer