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Hörbuch „Jane Austen - Stolz und Vorurteil“: No Zombies?

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Jane Austen: Stolz und Vorurteil. Hörspiel von Kai Grehn
Jane Austen: Stolz und Vorurteil. Hörspiel von Kai Grehn © Hörverlag

Der Hörverlag veröffentlicht eine Hörbuchversion des Jane-Austen-Klassikers „Stolz und Vorurteil“.

Wuthering Nights of the Living Dead. Middlemarch of the Damned. Manslaughter Park. Zombies sind der Cat Content für kosmetische Neuinterpretationen (prä-) viktorianischer Literatur und besprühen die Stoffe für genreferne Zielgruppen mit postapokalyptischem Doom-Glamour. Allein die Originaltitel der Jane-Austen-Romane wirken ähnlich tabascolastig wie ein Zeugen-Jehovas-Duo an der Wohnungstür: Pride and Prejudice; Sense and Sensibility; Northanger Abbey. Hunderthornbrillenprozentigste Bibliothekarinnenliteratur.

Mit Matt „11th Doctor Who“ Smith gesagt: „If there isn’t some sort of monster in the first 20 pages of the script, I’m not interested.“ Zehen zusammenbeißen! Schon aus gefühlter Nachtragssolidarität mit den Müttern des frühen 19. Jahrhunderts, sofern sie Töchter hatten. In jener Pre-Parship-Ära war es der maximale McBaumwollpflücksklaven-Job, die weiblichen Nachkommen an der Heiratsbörse zu verkloppen, ehe deren Espousability-Verfallsdatum abgelaufen war. Ständig sahen sich die Vorläuferinnen der Heli-Moms genötigt, ihre korsettierte Fleischware auf Partys zu schleifen und deren Attraktionsperformanceoptimierung mit dem gebotenen Pro-Aktiv-Sales-Ranking-Alert zu controllern. Keine Marge für trotzphasenfeministisches Egotripping à la „den mag ich nicht“.

Jane Austens ironiedekorierter Roman von 1813 weidet sich an der Lächerlichkeit einer ganzen Gesellschaftsschicht, wenngleich die Notwendigkeit für junge Frauen, wohlstandsorientiert zu heiraten, bisweilen eine semi-existenzielle Note hatte. Bei allem zombiemäßigen Dünkelbabbel und Spießigkeitversumpfen, mit dem Austens Stolzaholics ihr Karma downgraden und den Mangel an klassischen Untoten locker aufwiegen, liegt eine ungeahnte Schönheit in diesem Aural-Cineasmus zelebrierenden Hörspiel, auch dank der beiden meisterlich agierenden Hauptrollen und einem angenehm sarkastischen und entspannten Five-Chicks-Daddy Mr Bennet als Gegenpol zur Power-Hauben-Dunking-Missionarin Mrs Bennet.

Jonny Rieder

Jane Austen: Stolz und Vorurteil. Hörspiel von Kai Grehn (Regie & Bearbeitung) mit Maeve Metelka (Liz Bennet), Alexander Fehling (Mr Darcy) u. v. a., Hessefunk/Krautsfunk 2022, 4 CDs, ca. 4 Std., www.hoerverlag.de

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