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Meinung: Ein Hoch auf Programmkinos!

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Das Arena Kino im Jahr 1976
Das Arena Kino im Jahr 1976 © Arena Kino

Im Herbst gilt es den Hollywood-Franchises zu entfliehen und die Vielfalt der Münchner Kinolandschaft zu entdecken.

„Ich weiß nicht, was eine Superkraft ist und ich will auch keine!“ sagte die britische Schauspiel-Legende Charlotte Rampling kürzlich in einem Interview. Es stimmt schon, dass man sich Rampling schlecht mit Cape auf der Jagd nach Joker, Riddler, Thanos oder irgendeinem anderen x-beliebigen Superschurken vorstellen kann, doch lässt sich ihre Aussage auch auf anderer Ebene deuten: Rampling wendet sich gegen diese Art (Superhelden-)Franchise-Film, die seit fast einem Jahrzehnt über unsere Multiplex-Kinos herfällt. Dabei ist es egal, ob wir von Marvel, DC, Star Wars, Jurassic Park, James Bond oder dem Harry Potter Universum reden – Viele Filme sind die Dritt, Viert- oder sogar Neunt-Verwertung von irgendwelchen Ursprungsstoffen. Gespickt von Product-Placement und so gestaltet, dass der Film für den chinesischen Markt nicht umgeschnitten werden muss, gilt es einen magischen Gegenstand zu finden oder irgendjemanden zu besiegen, bevor ein Countdown abläuft und schon ist das Böse vernichtet und die Welt gerettet… Bis im Abspann schon der nächste Konflikt angeteasert wird, der dann im kommenden Film gelöst wird. Nie sollen wir Zusehende das Gefühl haben, ein vollendetes Werk gesehen zu haben. Immer wird das nagende Gefühl erzeugt, etwas zu verpassen, damit wir auch sicher in den nächsten Film der Franchise rennen. Die Serienstruktur, die wir von großen Streaming-Diensten gewohnt sind, wird 1:1 ins Kino übertragen und wir lassen uns das fröhlich gefallen.

Natürlich ist das zugespitzt formuliert und ich mag selbst auch einige Filme aus den genannten Franchises, aber insgesamt gilt es dem System zu entkommen. Aber wie?
Ganz einfach: Durch regelmäßigen Besuch im Programmkino an der Ecke. In München sind wir mit einer bunten Kinolandschaft gesegnet, die es gerade in der Zeit der ausgehenden (?) Pandemie neu zu entdecken gilt. Raus aus der Sitzkuhle, wo man sich den Vorschlägen des Netflix-Algorithmus hingibt, rein in die Stadt und selbst Entscheidungen treffen, was man sich ansieht! Das Filmangebot ist wieder bunt und die Kinosessel gewohnt weich. Dazu kann man davon ausgehen, dass die Filme von Menschen stammen, die diese Geschichte auch wirklich erzählen wollen und nicht nur morgens irgendein Drehbuch über Dinosaurier im Multiversum auf dem Schreibtisch fanden.

Welche Filme das genau sind, können sie hier entdecken. Warum nicht Francois Ozons neuer Film Peter von Kant, einer freien Interpretation von „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“ vom Münchner Autorenfilmlokalmatadoren Rainer Werner Fassbinder? Oder Triangle of Sadness, den Gewinner der Palme d‘Or in Cannes? Wem angesichts der Vielfalt des Angebots die Entscheidung schwer fällt, kann auch einfach in eine der zahlreichen Reihen in Werkstattkino, Filmmuseum, City-Kinos oder Gasteig gehen und sich in die Hände von Kuratoren und Kuratorinnen begeben, die für ihr Publikum ein besonderes Programm zusammengestellt haben. So verlieren die Superhelden trotz ihrer Kräfte abseits der Leinwand zwar mal ein paar Runden, aber wir sind dafür dem Immergleichen entkommen und haben unsere Horizonte erweitert.

Franz Furtner

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