Die Kinostarts vom 02.02.: Ein Mann namens Otto, Bulldog, Lost Souls of Syria u.v.m.

Zwischen Tragik-Komödien, Polit-Dokus und Coming of Age - Der Februar begrüßt uns mit einem Strauß sehenswerter Filme.
Genialer Griesgram. Nach dem Tod seiner Frau hat Otto (Tom Hanks) mit dem Leben abgeschlossen. Zum Freitod reicht’s noch nicht, und so schikaniert er mit seinen Launen einstweilen seine Nachbarschaft. Bis ihm die neu zugezogene Marisol Paroli bietet. Ein Mann namens Otto heißt die bewegende US-Neuverfilmung des schwedischen Bestsellers „Ein Mann namens Ove“. Dank eines großartigen Tom Hanks sogar besser als das Original.
Ich. Du. Er. Sie. Es. Leyla (Mala Emde) und Tristan (Jonas Dassler) sind ein Paar. Machen, auf Einladung von Leylas Jugendfreundin Stella (Edgar Selge), mit bei einem Körpertausch-Experiment. Wie fühlt es sich an, im Körper eines/einer Anderen zu stecken? Das Los fällt auf Fabienne und Mo. Für Leyla ist’s befreiend, Tristan macht’s zu schaffen, er bricht ab. Doch Leyla hat genug von ihren alten Traumata … Aus meiner Haut ist ein unterhaltsames, nicht allzu tiefgründiges Körpertausch-Drama von Alex und Dimitrij Schaad.
Offene Rechnungen. Schauspielerin Laura (Gina Henkel), DJ Jan (Alexander Fehling) und Regisseurin Maria (Bibiana Beglau) waren beste Freunde, damals, in Berlin. Jetzt liegt Kathi (Katarina Schröter), Marias Schwester im Sterben. Im Schwarzwald. In beider Elternhaus leben inzwischen Laura und Jan. Jan, der mal Marias große Liebe war … Wann kommst Du meine Wunden küssen ist emotional spannendes Improvisationskino von Hanna Doose („Staub auf unseren Herzen“). Publikumspreis beim Filmfest München.
Seo-Rae (Tang Wei) ist eine Frau, die gern die Kontrolle behält. Selbst als ihr Mann in den Tod stürzt, bleibt sie seltsam unberührt. Im neuen Film „Die Frau im Nebel“ von Kultregisseur Park Chan-Wook. Mehr dazu in unserem Filmtipp.
Folie tropicale. De Roller (Benoît Magimel) ist „Hochkommissar der Republik“. Den Titel gibt es noch immer auf Tahiti, in Französisch-Polynesien. Ein Mann mit gepflegten Umgangsformen, berechnend, mit kolonialem Impetus. Immer interessiert an den Stimmungslagen der Einheimischen, sei’s bei offiziellen Empfängen oder nachts, im Club „Paradise Night“. Gibt es bald wieder Atomtests? Ein U-Boot kreuzt vor der Küste … Albert Serras grandios driftender Pacifiction ist cinéma-trance, ein Erlebnis.
Beau travail. Ida (Angeliki Papoulia) besitzt eine Segelyacht, und steuert mit ihrer fünfköpfigen Mannschaft übers Meer, von Marseille nach Sidi Bel Abbès, die algerische Hafenstadt, wo einst die Fremdenlegion ihren Sitz hatte. Man schwimmt, man liest einander vor, Texte von Friedrich Glauser oder Marguerite Duras, man kann aber auch Algenblätter pressen oder Mollusken betrachten. Human Flowers of Flesh, der zweite Langfilm von Helena Wittmann („Drift“), ist ein klar posthumanes Forschungsprojekt, fragmentarisch, ein keusch-fluides Jonglier- und Vexierspiel. Mit cineastischen Glücksmomenten.
Harte Schale, weicher Kern. Für den 21-jährigen Bruno (Julius Nitschkoff) gibt es nur ihn und seine gerade mal 15 Jahre ältere Mutter Toni. Unzertrennlich in einem chaotischen Leben. Zusammen arbeiten sie auf einer Ferienanlage in Spanien. Als Hannah, die neue Partnerin von Toni, in der gemeinsamen Finca einzieht, erfährt Bruno, dass die (allzu) enge Beziehung zu seiner Mutter ihn am Leben hindert. Bulldog ist André Szardenings sensible Studie zu einem späten Coming-of-Age. (Regiegespräch am So, 5.2. im Arena).
Drei Teenager auf Liebessuche. Rönkkö und Mimmi sind beste Freundinnen, arbeiten in einem Smoothie-Laden. Eiskunstläuferin Emma stößt hinzu und fortan geht’s um unbändigen Lebenshunger, Lust auf super-guten Sex, Rückschläge und Verletzungen. Alli Haapasalos wilder und authentischer Freundinnenfilm Girls Girls Girls wurde schon auf der Berlinale und in Sundance gefeiert, wo er den Publikumspreis gewann. (Arena, am Mi, 8.2.)
Mittäterschaft. Generalbundesanwalt Fritz Bauer brachte 1963 (!) in den Frankfurter Auschwitz-Prozessen zum ersten Mal Angeklagte wegen Beihilfe zum Mord vor Gericht. Fritz Bauers Erbe – Gerechtigkeit verjährt nicht dokumentiert die mühevollen Lernprozesse der deutschen Justiz, der jetzt zur späten Verurteilung noch lebender Mittäter führt. (Monopol, nur Mi, 1.2.)
Eine Liebe in Zeiten des kalten Krieges. Hedi lebt im Osten, Karl-Heinz im Westen. Getrennt durch den Eisernen Vorhang. Viele Briefe hin und her, kurze Treffen in der CSSR und in Bulgarien. Dann zieht Karl-Heinz zu ihr. Geht nicht lange gut. Nun wollen beide in den Westen fliehen. Die charmante Doku „Sorry, Genosse“ – eine fast unglaubliche Liebesgeschichte erzählt von ihrem aberwitzigen „Masterplan“, der waghalsigen Flucht mit geheimen Komplizen, verblüffend hilfsbereiten Stasi-Beamten und einem klapprigen Auto. (Premiere im Rio Filmpalast am Mi, 1.2., und regulär ab 9.2.)
Tausende wurden in Bashar al Assads Gefängnissen gefoltert und ermordet. Ein Deserteur veröffentlichte 2014 zehntausende Beweisfotos. Dank des Engagements Einzelner kommt jetzt, allmählich, die internationale Justiz gegen die Täter in Gang. Lost Souls of Syria berichtet darüber. (Neues Maxim, nur So 5.2.)
Amsel, Drossel, Fink und Star. Die Bestände nehmen alarmierend ab. Agrarwüsten, Flächenfraß, Klimawandel … Die Lebensräume für Vögel werden knapp. Vogelperspektiven, die neue Natur-Doku von Jörg Adolph („Das geheime Leben der Bäume“), zeigt, wie wichtig Vögel für Natur und Menschheit sind. (Premiere am Mi, 8.2. im City, und regulär ab 16.2.)
Hermann Barth